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Kündigung wegen verspäteter Mietzahlung

Die zweimalige verspätete Mietzahlung nach bereits erfolgter Abmahnung wegen unpünktlicher Mietzahlungen rechtfertigt dann keine Kündigung des Mietverhältnisses, wenn der Vermieter selbst zuvor in erheblicher Weise gegen seine Vertragspflichten verstoßen hat.

Der Mieter einer Neuköllner Wohnung hatte die Miete für die Monate Februar, Mai und Juni 2016 verspätet gezahlt. Nachdem die Hausverwaltung ihn deswegen mit Schreiben vom 14. Juni 2016 abgemahnt hatte, zahlte er die Miete in den Folgemonaten pünktlich. Die Zahlungen für Dezember 2016 und Januar 2017 erfolgten allerdings erneut verspätet. Der Vermieter kündigte ihm daraufhin mit Schreiben vom 9. Januar 2017. Der Mieter wandte im Räumungsprozess vor dem Amtsgericht Neukölln ein, dass der Vermieter trotz mehrfacher Aufforderungen seit 2015 die Beseitigung erheblicher Schäden am Dielenfußboden in Bad und Küche verweigere. Ihm habe daher ein Zurückbehaltungsrecht an der Miete zugestanden. Das Amtsgericht Neukölln vertrat die Auffassung, dass das Zurückbehaltungsrecht nur in Höhe des Mietminderungsbetrags bestanden hätte. Es verurteilte den Mieter daher zur Räumung, da auch unter Berücksichtigung des Zurückbehaltungsrechts noch (verringerte) Zahlungen für Dezember 2016 und Januar 2017 hätten erfolgen müssen, was jedoch jeweils verspätet geschah.
Auf die Berufung des Mieters hob das Landgericht Berlin das Urteil auf und wies die Räumungsklage des Vermieters ab. Es stellte klar, dass bei der „Abwägung, ob der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat, (…) stets eine Gesamtschau des vertraglichen Verhältnisses vorzunehmen“ sei. Hier sah das Landgericht die mehrmalige verspätete Zahlung als „geringfügiger zu bewertende Pflichtverletzung“ des Mieters im Vergleich zum vertragswidrigen Verhalten des Vermieters an, der trotz Mängelrügen des Mieters erhebliche Mängel in der Wohnung nicht beseitigt hatte. Für den Mieter spreche, dass er nach der Abmahnung von Juli 2016 bis November 2016 pünktlich seine Miete gezahlt habe.

Anmerkung:
Das erfreuliche Urteil sollte keinesfalls zur Nachlässigkeit bei der Mietzahlung verleiten. Es ist erforderlich, die Miete stets pünktlich zu zahlen. Bei vielen Berliner Vermietern gehört es inzwischen zur liebgewonnenen Übung, diesbezügliche Vertragsverstöße zum Anlass für ihre Versuche zu nehmen, Altmieter/innen loszuwerden. Man sollte sich dabei ihre tatsächliche Motivation vor Augen halten. Da bei jeder Neuvermietung angesichts der Marktlage eine ungleich höhere Miete erzielt werden kann, ist jede gelungene „Entsorgung“ einer Altmieterin bzw. eines Altmieters ein äußerst lukratives Geschäft. Für den Vermieter ist ein derartiger Rechtsstreit eher ein sportliches Ereignis, bei dem er vergleichsweise geringe Prozesskosten riskiert, aber ein kleines Vermögen gewinnen kann. Für den Mieter bzw. die Mieterin hingegen bedeutet ein solcher Rechtsstreit oft eine Existenzbedrohung.

 

Mitgeteilt von Rechtsanwältin Anne Richter