Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

Campingplatz statt Studentenwohnheim?

Wohnheimplätze für Studierende werden zur Mangelware

Tobias Höpner

Die Enge auf dem Berliner Wohnungsmarkt macht sich auch für Studierende bemerkbar. Die rückläufige Zahl der Wohnheimplätze trägt zur Verschärfung ihrer Wohnsituation bei. Das Berliner Studentenwerk möchte die Zahl wieder erhöhen, benötigt jedoch Unterstützung vom Senat. Und wartet darauf bisher vergeblich.

Die Berliner Universitäten wachsen seit ein paar Jahren beständig, zumindest was die Zahl der Studierenden angeht. Im Wintersemester 2011/12 gab es mit 152.583 rund 20.000 mehr als 2006. Das macht sich nicht nur auf dem Berliner Wohnungsmarkt bemerkbar, sondern die Studierenden selbst bekommen den immer angespannteren Wohnungsmarkt mit den steigenden Mietpreisen mehr und mehr zu spüren. Der sprunghafte Anstieg der Nachfrage nach Wohnheimplätzen des Berliner Studentenwerks wundert daher nicht. Im letzten Jahr waren die Wohnheime erstmals seit längerer Zeit vollkommen ausgelastet und reihenweise mussten Bewerber/innen abgelehnt werden. Ursächlich sind nicht nur die steigende Studierendenzahl und der zunehmende Wohnungsmangel, sondern auch die rückläufige Zahl der Berliner Wohnheimplätze. Statt 10.500 im Jahr 2006 gab es im vergangenen Jahr nur noch 9.700 Wohnheimplätze.

Höhere Mieten nach Modernisierungen

In den 90er Jahren hatte das Studentenwerk, ausgehend vom plötzlich steigenden Interesse an einem Studium in Berlin, Wohnheimplätze von privaten Hauseigentümern angemietet. Angesichts der damaligen Wohnungsnot geschah das zu recht hohen Preisen. Diese Verträge laufen nach und nach aus und werden nicht mehr verlängert. Statt den Bestand zu erweitern, hat sich das Berliner Studentenwerk in den letzten Jahren darauf konzentriert, ältere Wohnheime zu modernisieren. Die Mietpreise für Wohnheimplätze gingen dabei deutlich nach oben. Doch im Vergleich mit den Durchschnittsmieten auf dem freien Wohnungsmarkt erscheinen Studentenwohnheime als günstige Alternative. So betrugen laut dem Sozialbericht des Studentenwerks von 2009 die durchschnittlichen Wohnkosten der Berliner Studierenden 318 Euro pro Monat. Die zur Miete in einem Singlehaushalt wohnenden Studierenden benötigen 361 Euro, aber in den Studentenwohnheimen fielen dagegen lediglich 209 Euro an.

Diskriminierungen der Vermieter

Einige Studierende sind auf Wohnheime stärker angewiesen als andere und das betrifft nicht nur jene mit geringen Einkommen. Über die verschiedensten Austauschprogramme kommen junge Menschen aus aller Welt nach Berlin, oft nur für einige Monate oder wenige Semester. Diese Studierenden können die heutzutage auf dem Berliner Wohnungsmarkt geforderten Bescheinigungen wie Bürgschaften, Schufa-Auskunft oder Mietschuldenfreiheitserklärungen oft gar nicht vorlegen. Ihre Lage wird durch rassistische Diskriminierungen der Vermieter zusätzlich erschwert, denn diese haben angesichts ständig zunehmender Bewerberzahlen eine immer größere Auswahl. Während der Anteil von aus dem Ausland kommenden Studierenden in Berlin bei 16% liegt, sind dies in den Wohnheimen 57%. Wenn nun die Zahl der Wohnheimplätze nicht mehr aus-reicht, trifft das zuallererst Studierende, die ohnehin sehr schlechte Chancen bei der Wohnungssuche haben. Im vergangenen Jahr wurden erstmals ausländische Stipendiaten abgewiesen, weil sie nicht mit Wohnheimplätzen versorgt werden konnten.



 

Immer weniger Wohnheimplätze für immer mehr Studierende.    

Quelle: Studentenwerk Berlin, Geschäftsberichte 2005-2010   Grafik: Tobias Höpner

 

Verfehlte Liegenschaftspolitik

Das Berliner Studentenwerk bekundete, 1.000 bis 1.500 zusätzliche Wohnheimplätze einrichten zu wollen, ohne dass private Vermieter sich damit eine goldene Nase verdienen, entweder durch die Übernahme und den Umbau leer stehender Gebäude oder durch Neubau. Gerade in zentraleren Lagen und in Hochschulnähe würden zusätzliche Wohnheimplätze gebraucht, so Ricarda Heubach, Leiterin der Abteilung Studentisches Wohnen beim Studentenwerk. Sie sieht das Land Berlin in der Verpflichtung, dem Studentenwerk Grundstücke zur Verfügung zu stellen. „Doch aufgrund der Haushaltslage werden Objekte an den Universitäten lieber über den Liegenschaftsfonds an Investoren verkauft. Diese treten dann an das Studentenwerk heran und wollen uns als Mieter gewinnen. Aber zu überhöhten und deshalb nicht akzeptablen Preisen.“   

Senat bislang untätig

Im rot-schwarzen Koalitionsvertrag steht geschrieben: „Um einen stärkeren Beitrag zur Versorgung mit studentischem Wohnraum leisten zu können, strebt die Koalition an, den Anteil an studentischen Wohnheimplätzen zu erhöhen, zum Beispiel in Kooperation mit landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften.“ Bislang sind keinerlei Anstalten erkennbar, dieses Ziel auch in die Tat umzusetzen.

 


Schlüsselbegriffe: Studentenwohnheim, Wohnheimplätze, Berliner Wohnungsmarkt, steigenden Mietpreise, Studierende, Bürgschaften, Schufa-Auskunft, Mietschuldenfreiheitserklärungen, Liegenschaftspolitikt

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