Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

Wohnfläche

Von Rechtsanwalt Hagen Richter

RA Hagen Richter


Mieter/innen stellen in den Beratungen regelmäßig die Frage, wie mit Abweichungen der Wohnungsgröße umzugehen ist. Entweder sind sie überzeugt, dass ihre Wohnung tatsächlich kleiner ist als im Vertrag angegeben oder der Vermieter macht seinerseits geltend, dass die Wohnung in Wirklichkeit größer ist als beim Mietvertragsschluss angenommen. Im Streitfall vor Gericht kann hier aufgrund der aufwändigen Berechnung ein Sachverständigengutachten erforderlich werden. Mit etwas Mühe und Sachkenntnis kann die zutreffende Wohnungsgröße jedoch auch selbst ermittelt werden. Die nachfolgenden Antworten auf wiederkehrende Fragen helfen Ihnen dabei, sich selbst ein Bild von der realen Größe Ihrer Wohnung machen zu können!

Was gehört zur Wohnfläche?

Zur Wohnfläche zählen die Räume innerhalb der Wohnung selbst, also Wohn- und Schlafräume, Küchen und Nebenräume (Flure, Dielen, Bäder, Toiletten, Galerien, Speisekammern, Abstellkammern, Loggien und Balkone). Diese Räume bilden schließlich die Gesamtgröße der Wohnung, welche gemeinhin in Quadratmetern angegeben wird. Räume außerhalb der Wohnung – wie zum Beispiel Keller, Dachboden, Partyräume oder Garagen – gehören nicht zur Wohnfläche. Ebenso wenig zählen Gemeinschaftsflächen wie beispielsweise der Hausflur und Trockenräume zwischen den Etagen zur Wohn-fläche.

Auf welcher rechtlichen Grundlage wird die Wohnfläche berechnet?

Gesetzlich geregelt ist die Wohnflächenberechnung nur für den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau. Jedoch wird auch im preisfreien Wohnungsbau auf diese etablierten Regelungen zurückgegriffen. Für die konkrete Wohnflächenberechnung gibt es zwei Verfahren, welche je nach Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses zur Anwendung kommen: die Berechnung anhand der sogenannten Zweiten Berechnungsverordnung (II. BV) und die Berechnung anhand der Nachfolgeregelungen der Wohnflächenverordnung (WoFlV).

Welches dieser Regelungswerke ist für mein Mietverhältnis relevant?

Sofern im Mietvertrag keine andere Vereinbarung getroffen wurde, richtet sich die Berechnung nach dem Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses.

Wurde Ihr Mietvertrag bis einschließlich 31. Dezember 2003 geschlossen, ist die Wohnflächenberechnung anhand der früheren Regelungen gemäß §§ 42 ff. der Zweiten Berechnungsverordnung (II. BV) vorzunehmen. Für diese Alt-Mietverträge finden die damaligen Regeln der II. BV weiterhin Anwendung. 

Wurde Ihr Mietvertrag ab dem 1. Januar 2004 geschlossen, ist hingegen die Wohnflächenverordnung (WoFlV) maßgebend. Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine andere Berechnungsgrundlage vereinbart wurde. Wurde bei Mietverträgen, die nach dem 1. Januar 2004 geschlossen wurden, die II. BV als Berechnungsgrundlage im Mietvertrag vereinbart, ist dies dennoch weiterhin gültig. Bei Zweifeln hierzu kommen Sie zur Prüfung der richtigen Berechnungsgrundlage mit Ihrem Mietvertrag in eine unserer Beratungsstellen. Einen seltenen Sonderfall gibt es aber noch im Bereich des sozialen Wohnungsbaus: Die neuere WoFlV findet ausnahmsweise auch bei bis zum 31. Dezember 2003 geschlossenen Verträgen Anwendung, wenn bauliche Änderungen an dem Wohnraum vorgenommen wurden, die eine Neuberechnung der Wohnfläche erforderlich gemacht haben.

Mein Vermieter drängt auf eine digitale Vermessung meiner Wohnung. Wie verhalte ich mich?

Es kommt hier darauf an, welche Art digitaler Vermessung vorgenommen werden soll. Werden dabei personenbezogene Daten erhoben, müssen Sie das gegebenenfalls nicht dulden. Der Vermieter hat hier Ihre Rechte zu beachten.

Bringen Sie daher zunächst in Erfahrung, welche konkrete Art der digitalen Vermessung vorgesehen ist und lassen Sie sich auf der Grundlage dieser Informationen von uns beraten.

Was gilt, wenn der Vermieter die Wohnfläche im Mietvertrag abweichend von den oben dargestellten gesetzlichen Regelungen nach eigenen Kriterien festlegt?

Hier ist Vorsicht geboten. Aufgrund der Vertragsfreiheit kann der Vermieter den Begriff der Wohnfläche auch im Mietvertrag selbst anpassen. Im Mietvertrag kann also abweichend von den gesetzlichen Regelungen beschrieben werden, was zur Wohnung gehört und wie sich die Flächen zusammensetzen. Falls Mieter und Vermieter die Wohnfläche in dieser Weise individuell vereinbaren, ist die Wohnfläche nicht nach der Wohnflächenverordnung zu berechnen, sondern es gilt die Flächenbeschreibung im Mietvertrag. Das betrifft aber in der Regel besondere Mietkonstellationen, bei denen beispielsweise ein Hobbyraum oder eine Sauna mitvermietet werden, kann aber auch bei ausgebauten Dachböden vorkommen. Die Konsequenz ist, dass die vertraglich vereinbarte Wohnfläche wirksam ist und ferner auch als verbindliche Grundlage für die Betriebskostenabrechnung gilt.

In meinem Mietvertrag ist zwar die Gesamtgröße nach Quadratmetern angegeben, aber keine konkrete Wohnfläche bezogen auf die Räume geregelt. Was gilt im Falle von Abweichungen der tatsächlichen Größe?

In diesem Fall sind die Regeln der Wohnflächenverordnung (WoFlV) anzuwenden, wonach die Wohnfläche einer Wohnung die Grundflächen der Räume umfasst, die ausschließlich zur Wohnung gehören. Balkone, Loggien, Dachgärten und Terrassen sind hier ebenfalls zur Wohnfläche hinzuzurechnen, wenn sie zur alleinigen Nutzung überlassen worden sind. Somit zählen Nebenräume und Gemeinschaftsflächen nicht zur Wohnfläche. Die korrekte Größe der Wohnung ist damit anhand der in der Wohnung selbst liegenden Räume zu ermitteln.

Wie wird die Wohnfläche grundsätzlich berechnet?

Die nachfolgenden Ausführungen zur Wohnflächenberechnung orientieren sich an der derzeit geltenden Wohnflächenverordnung (WoFlV). Ist Ihr Mietvertrag vor dem 31. Dezember 2003 geschlossen worden, wenden Sie sich bei Zweifeln an der tatsächlichen Wohnungsgröße an unsere Beratungsstellen. Nach der Wohnflächenverordnung wird von der Grundfläche der Räume ausgegangen, wobei der Raum zwischen den Wänden gemessen wird. Aber „Fuß-, Sockel- und Schrammleisten“ sind nach § 3 Abs. 2 in die Fläche einzubeziehen. Das bedeutet, dass zur Ermittlung der Grundfläche oberhalb der Scheuerleisten gemessen wird. Wenn keine Wand vorhanden ist, wie zum Beispiel bei einer Balkonbrüstung, gilt das Brüstungsgeländer als Begrenzung. Grundfläche ist also prinzipiell gleichbedeutend mit der Fläche des Fußbodens. Hiervon gibt es aber einige Ausnahmen und Einschränkungen, auf welche noch eingegangen wird. 

Welche Bereiche der Wohnung zählen noch zur Grundfläche?

Zur Wohnfläche gehören auch die Grundflächen von „fest eingebauten Gegenständen, wie beispielsweise Öfen, Einbauküchen, Wandschränken, Bade- oder Duschwannen, freiliegenden Installationen“. Das bedeutet, die Messung blendet die Gegenstände aus und orientiert sich an der dahinterliegenden Wand.  

Welche Bereiche der Wohnung zählen nicht zur Grundfläche?

Nicht zur Wohnfläche gehören: Schornsteine, Vormauerungen, Bekleidungen, freistehende Pfeiler und Säulen, wenn sie eine Höhe von mehr als 1,50 m aufweisen und ihre Grundfläche mehr als 0,1 qm beträgt, Treppen mit über drei Steigungen und deren Treppenabsätze, Türnischen, Fenster- und offene Wandnischen, die nicht bis zum Fußboden herunterreichen oder bis zum Fußboden herunterreichen und 13 cm oder weniger tief sind.

Welche Bereiche der Wohnung zählen nur eingeschränkt zur Grundfläche?

Einige Bereiche der Wohnung zählen nicht voll in die Wohnfläche, sondern werden nur zum Teil angerechnet. Dabei wird abgebildet, dass diese Bereiche nur eingeschränkt zur Wohnnutzung geeignet sind. Während die Grundflächen von Räumen und Raumteilen mit einer Höhe von mindestens 2 m vollständig einberechnet werden, gilt dies für Räume und Raumteile mit einer Höhe von mindestens 1 m und weniger als 2 m lediglich zur Hälfte. Flächen, die nicht 1 m hoch sind, zählen nicht als Wohnfläche. Das ist bei Dachschrägen relevant. Unbeheizbare Wintergärten und ähnliche nach allen Seiten geschlossene Räume sind zur Hälfte anzurechnen. Balkone, Loggien, Dachgärten und Terrassen sind in der Regel zu einem Viertel, höchstens jedoch zur Hälfte anzurechnen. Eine Abweichung von der Regelanrechnung bei Balkonen zu einem Viertel ist nur dann zulässig, wenn besondere Umstände wie besonders gute Lagen oder aufwändige Balkon- oder Terrassengestaltungen hinzutreten. Nur im Ausnahmefall kommt daher eine hälftige Anrechnung in Betracht.

Wie ist das Kostenrisiko bei einem gerichtlichen Streit um die Wohnfläche einzuordnen?

Zur Ermittlung der Wohnfläche beauftragen Gerichte im Streitfall regelmäßig Sachverständige mit der Erstellung eines Gutachtens. Die Gutachterkosten sind dann von demjenigen zu tragen, der die Klage verliert. Wird die Klage nur teilweise gewonnen, werden die Kosten verhältnismäßig – je nach Gewinnen und Verlieren – geteilt. Sachverständige berechnen für die Erstattung eines solchen Gutachtens hohe Beträge. Als Mitglied der Berliner MieterGemeinschaft sind Sie – wenn die Voraussetzungen erfüllt sind – rechtsschutzversichert, sodass das Risiko in der Regel abgefangen wird. Ohne eine solche Rechtsschutzversicherung kann ein Streit über die Wohnungsgröße jedoch schnell sehr teuer werden.

Wie wirkt sich eine Abweichung der im Vertrag genannten Wohnfläche bei einer Mieterhöhung aus?

Maßgebend für die Mieterhöhung ist immer die tatsächliche Wohnfläche. Der BGH hat hierzu entschieden, dass eine Mieterhöhung nach § 558 BGB auf der Basis der tatsächlichen Wohnfläche zu erfolgen hat. Es kommt auch nicht darauf an, ob im Mietvertrag eine davon abweichende Wohnfläche angegeben ist und wie hoch bzw. gering die Abweichung von der tatsächlichen Wohnfläche ist. Entscheidend ist die tatsächliche Wohnungsgröße. Diese Grundsätze sind für Mieterhöhungen nach § 558 BGB, also Mieterhöhungen nach dem Berliner Mietspiegel, maßgebend. Für Mieter kann das sowohl ein Vorteil, als auch ein Nachteil sein – je nachdem, ob tatsächlich eine größere als die vereinbarte Wohnungsfläche vorhanden ist oder umgekehrt.

Meine Wohnung ist größer als im Mietvertrag vereinbart. Was sind die Folgen?

Hat der Vermieter durch eine Neuvermessung ermittelt, dass die Wohnung größer ist als im Mietvertrag angegeben, hat er keinen Anspruch darauf, Miete für die Vergangenheit nachzufordern. Der Vermieter kann dann die Miete unter Berücksichtigung der tatsächlichen Wohnfläche neu berechnen und für künftige Mieterhöhungsverlangen berücksichtigen.

Meine Wohnung ist kleiner als im Mietvertrag vereinbart. Welche Möglichkeiten habe ich nun?

Zu viel gezahlte Miete können Sie zurückfordern. Der BGH hat erst kürzlich entschieden, dass die Verjährungsfrist des Rückzahlungsanspruchs des Mieters wegen zu viel gezahlter Miete zudem erst mit Kenntnis von der Wohnflächenabweichung zu laufen beginnt. Mieterhöhungen dürfen – unabhängig von der Höhe der Abweichung – nur auf der Grundlage der tatsächlichen Wohnfläche erfolgen.

Ist die Wohnung mehr als 10% kleiner als im Mietvertrag angegeben, liegt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ein erheblicher Mangel vor: Bei einem erheblichen Flächenmangel liegt eine Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit der Wohnung vor, die zur Minderung der Miete berechtigt. Hierbei liegt ein Mangel vor, welcher sich auch nicht zukünftig beheben lassen wird, sodass entweder eine dauerhafte Minderung oder eine Anpassung des Mietvertrags die Folge ist. Möchte Ihr Vermieter eine Vertragsanpassung vornehmen, lassen Sie sich unbedingt vor Abschluss einer Vereinbarung beraten.

Wie wirken sich Abweichungen der Wohnfläche auf Betriebs- und Heizkostenabrechnungen aus?

Für die Umlage der nach Wohnfläche abzurechnenden Betriebskosten ist ebenfalls die tatsächliche Wohnfläche maßgebend. Die Umlage der Betriebskosten erfolgt gemäß § 556a BGB ganz oder zu einem wesentlichen Teil nach Wohnfläche. Ausgenommen davon sind verbrauchsabhängige Betriebskosten, also solche Kosten, die am nachgewiesenen Verbrauch und nicht nach Fläche abgerechnet werden. Wird während des Mietverhältnisses eine Neuvermessung der Wohnung durchgeführt und ergibt sich eine größere Fläche als vereinbart, ist der Vermieter befugt, diese künftig als Berechnungsgrundlage heranzuziehen. Bei einer geringeren Fläche ist er verpflichtet, die tatsächliche Fläche bei den nächsten Abrechnungen zugrunde zu legen. Nachforderungen für vergangene Jahre sind nicht möglich, da der Vermieter die gesetzliche zwölfmonatige Abrechnungsfrist in der Regel nicht mehr wahren kann.

Die Heizkosten müssen mindestens zu 30%, höchstens zu 50% flächenabhängig abgerechnet werden. Bei den anteilig nach Fläche abzurechnenden Heizkosten ist gemäß der Heizkostenverordnung zwingend die Wohnfläche oder die Fläche der beheizten Räume zugrunde zu legen. Räume ohne Heizkörper gehen nicht mit in die Flächenberechnung ein.

 

Rechtsanwalt Hagen Richter berät in unserer Beratungsstelle Schöneberg, Kurfürstenstraße 130.


Bitte beachten Sie: Der Beitrag wurde im MieterEcho 445 / November 2024 veröffentlicht und gibt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Drucklegung wieder!


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