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Mieterhöhung und Mietspiegel 2015

Von Rechtsanwalt Wilhelm Lodde

RA Lodde


Ich habe soeben ein Mieterhöhungsverlangen erhalten. Obwohl ich bis zum Ablauf der Zustimmungsfrist über zwei Monate Zeit habe, frage ich mich, ob ich sofort etwas unternehmen kann oder muss?
Wir raten, trotz der Überlegungsfrist, möglichst umgehend eine Beratungsstelle aufzusuchen. Bestimmte Rechte wie die Zurückweisung des Erhöhungsverlangens, weil keine ordnungsgemäße Vollmacht beigelegt wurde, können Sie nämlich nur „unverzüglich“, das heißt innerhalb ca. einer Woche nach Erhalt des Erhöhungsverlangens ausüben. Der Zugang des Erhöhungsverlangens ist zudem der maßgebliche Zeitpunkt für das Vorliegen von wohnwerterhöhenden oder -mindernden Merkmalen nach dem Mietspiegel und es gilt deshalb, bereits zu diesem Zeitpunkt Beweise (Zeugen, Fotos) zu sichern. Zur Erleichterung der Prüfung eines Mieterhöhungsverlangens nach § 558 BGB stellt die Berliner MieterGemeinschaft eine Arbeitshilfe zur Verfügung. Sie erhalten diese in der Geschäftsstelle und in den Beratungsstellen, in denen wir Material bereithalten können. Mit der Arbeitshilfe können Sie die Beratung in aller Ruhe vorbereiten.

Das auf meine Wohnung zutreffende Mietspiegelfeld ist mit einem Sternchen gekennzeichnet. Was hat es damit auf sich?
Das bedeutet lediglich, dass die Zahlen in diesem Mietspiegelfeld aufgrund einer geringen Anzahl von erhobenen Daten (Mietwerten) nur eine geringe Aussagekraft haben. Im Mietspiegel 2015 sind insgesamt 19 Felder mit einem oder zwei Sternchen versehen. Die Gerichte sehen sich aber meist nicht gehindert, die Mietwerte in den „Sternchenfeldern“ für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete zugrunde zu legen.

Mein Vermieter hat meine Wohnung in seinem Erhöhungsverlangen fälschlicherweise in das Mietspiegelfeld A4 des Mietspiegels 2015 eingeordnet. Richtig wäre das Feld A5, in dem allerdings überhaupt keine Zahlen stehen. Ist das Erhöhungsverlangen deshalb unwirksam?
Ja, denn es ist nicht ausreichend begründet. Für die sogenannten Leerfelder (9 von insgesamt 96 im Mietspiegel 2015) lag für eine verlässliche Aussage keine ausreichende Anzahl von Mietwerten vor. Das „Ausweichen“ auf ein benachbartes Mietspiegelfeld ist unzulässig. Dem Vermieter bleibt in solchen Fällen nichts anderes übrig, als sein Erhöhungsverlangen mit Vergleichswohnungen oder einem teuren Sachverständigengutachten zu begründen. Das Gleiche gilt übrigens für den sehr seltenen Fall, dass Ihre Wohnung im Mietspiegel überhaupt nicht mehr vorkommt, beispielsweise Altbauwohnungen mit Ofenheizung, Außentoilette und ohne Bad.

Ich habe Ende April 2015 eine Mieterhöhung nach dem Mietspiegel 2013 erhalten. Ist sie trotzdem wirksam und nach welchem Mietspiegel wird die ortsübliche Vergleichsmiete berechnet?
Die Mieterhöhung ist grundsätzlich formal wirksam begründet. Der Vermieter konnte Ende April ja nur den Mietspiegel 2013 als Begründungsmittel nutzen, weil der Mietspiegel 2015 noch nicht bekannt war. Trotzdem muss für die Berechnung der ortsüblichen Miete – auch durch die Gerichte – der Mietspiegel 2015 herangezogen werden. Der Mietspiegel 2015 ist eine Übersicht der am Erhebungsstichtag, dem 1. September 2014, üblicherweise gezahlten ortsüblichen Vergleichsmieten. Das kann, wie immer bei Erscheinen eines neuen Mietspiegels, dazu führen, dass ein ursprünglich nach dem Mietspiegel 2013 ungerechtfertigtes Erhöhungsverlangen aufgrund höherer Mietwerte im Mietspiegel 2015 vom Vermieter doch noch vor Gericht durchsetzbar wird. Bedenken Sie, dass der Erhöhungsbetrag in einem solchen Fall ab Wirksamwerden des Erhöhungsverlangens und nicht erst ab Rechtskräftigkeit des Urteils (nach)gezahlt werden muss. Natürlich kann auch sein, dass ein zunächst berechtigtes Mieterhöhungsverlangen bei gefallenen Werten unbegründet wird.

Ich habe ein sachlich leider begründetes Mieterhöhungsverlangen erhalten. Neben der erhöhten Miete verlangt mein Vermieter eine schriftliche Zustimmungserklärung. Muss ich ihm diese geben oder reicht es aus, einfach die erhöhte Miete zu zahlen?
Bei einem Mieterhöhungsverlangen nach § 558 BGB handelt es sich juristisch gesehen um eine Vertragsänderung, die der Vermieter nicht einseitig, sondern nur mit Ihrer Zustimmung vornehmen kann. Deshalb hat er genau hierauf einen Rechtsanspruch, wenn sein Erhöhungsverlangen formal und von der Höhe der verlangten Miete her korrekt ist. Es genügt also nicht, einfach die erhöhte Miete zu zahlen, sondern Sie müssen die verlangte Zustimmung schriftlich erteilen, auch wenn dies – möglicherweise bei Streit mit dem Vermieter – Überwindung kosten mag.

Was versteht man unter einer Teilzustimmung?
Eine Teilzustimmung müssen Sie, wenn der Vermieter es verlangt – ebenfalls schriftlich – abgeben, wenn Sie derzeit weniger als die für Ihre Wohnung ortsübliche Miete zahlen, die Überprüfung des Mieterhöhungsverlangens aber ergibt, dass die vom Vermieter verlangte Miete höher als ortsüblich ist. Das ist erfahrungsgemäß häufig der Fall, wenn ein neuer Vermieter bei Erwerb der Immobilie feststellt, dass der vorherige Vermieter die Miete längere Zeit nicht nach dem Mietspiegel erhöht hatte. Der neue Vermieter versucht dann nicht selten, die Miete „ins Blaue hinein“ um 15%, also um den höchstzulässigen Wert nach der Berliner Kappungsgrenzen-Verordnung, anzuheben. Gerade bei derartigen „pauschalen“ Erhöhungsverlangen lohnt sich immer eine sorgfältige anwaltliche Prüfung in einer unserer Beratungsstellen.

Ich will einer Mieterhöhung nicht zustimmen, weil ich sie nach entsprechender Beratung aufgrund einer Vielzahl wohnwertmindernder Merkmale für nicht einmal teilweise gerechtfertigt halte. Muss ich das dem Vermieter mitteilen und wie geht es dann weiter?
Sie sind in diesem Fall nicht verpflichtet, den Vermieter über die Verweigerung Ihrer Zustimmung zu informieren oder diese zu begründen. Es kann natürlich sein, dass Sie mit Ihrem Vermieter im Großen und Ganzen gut auskommen und es sich mit ihm „nicht verderben“ wollen. Dann ist es Ihnen unbenommen, dem Vermieter die Gründe Ihrer Nichtzustimmung im Einzelnen mitzuteilen und zu versuchen, sich gütlich zu einigen. Ob Mitteilung oder nicht, der Vermieter hat nach Ablauf der Zustimmungsfrist drei Monate Zeit, Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung einzureichen. Oft schöpfen Vermieter(anwälte) diese Frist bis zum letzten Tag aus. Die Zustellung der Klage an Sie durch das Gericht nimmt dann nochmal etwa einen Monat in Anspruch. Für Sie bedeutet das, dass Sie bei einer nicht erteilten Zustimmung noch rund vier Monate nach Ablauf der Zustimmungsfrist mit einer Klage rechnen müssen. Das gilt natürlich auch für den Fall, dass Sie einem Erhöhungsverlangen nur teilweise zugestimmt haben. Sorgen Sie daher unbedingt dafür, dass sich während dieser Zeit bei einer längeren Abwesenheit (ab ca. zwei Wochen) eine Person Ihres Vertrauens um Ihre Post kümmert.

Ich habe einem Mieterhöhungsverlangen unter anderem nicht zugestimmt, weil bei dessen Zugang keine Fahrradabstellmöglichkeit vorhanden und die Müllstandsfläche offen und ungepflegt war. Der Vermieter hat mich auf Zustimmung verklagt. Kurze Zeit vor dem Gerichtstermin hat er dann einen kleinen Fahrradständer und einen abschließbaren Holzverschlag für die Müllbehälter – beides für wenig Geld aus dem Baumarkt – aufgestellt. Wird das Gericht diese „Verbesserungen“ zugunsten des Vermieters berücksichtigen?
Nein, wird es nicht. Tatsächlich versuchen Vermieter manchmal, noch im Laufe des Zustimmungsprozesses durch meist geringwertige Baumaßnahmen dieses oder jenes Wohnwertmerkmal zu ihren Gunsten zu „drehen“. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen von Merkmalen ist nach einhelliger Auffassung aber immer der Zugang des Mieterhöhungsverlangens. Sie sollten, wie bereits erwähnt, den Zustand daher unbedingt bereits zu diesem Zeitpunkt dokumentieren.

Meines Wissens dürfen Vermieter in Berlin die Miete nach dem Mietspiegel um maximal 15% in drei Jahren erhöhen. Andererseits habe ich gehört, dass voraussichtlich im Juni die sogenannte „Mietpreisbremse“ in Kraft treten soll, die Mieterhöhungen auf 10% begrenzt. Welche Begrenzung der Mieterhöhung gilt denn nun für meine Wohnung?
Die Kappungsgrenzen-Verordnung und das Mietrechtsnovellierungsgesetz („Mietpreisbremse“) betreffen grundverschiedene Sachverhalte. Die Kappungsgrenzen-Verordnung begrenzt in Berlin in Verbindung mit dem jeweils geltenden Mietspiegel die Möglichkeit der Mieterhöhung im bestehenden Mietverhältnis auf 15% in drei Jahren. Die „Mietpreisbremse“ soll dagegen die Miete auf 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete begrenzen, wenn ein neuer Mietvertrag über eine Wohnung abgeschlossen wird – sofern nicht eine der vielen Ausnahmen, in denen die Mietpreisbremse nicht gelten soll, greift (Näheres zur Mietpreisbremse siehe MieterEcho Nr. 372/ Februar 2015 und Seite 23).

Meine Altbauwohnung befindet sich im Seitenflügel. Der Vermieter verlangt im Rahmen einer Mieterhöhung einen Zuschlag von 0,64 Euro/qm, weil sich ein Aufzug im Haus befindet. Dieser ist allerdings im Vorderhaus und wird von mir nicht benutzt. Kann der Vermieter sich trotzdem darauf berufen?
Das Sondermerkmal „Aufzug im Haus“ ist neu im Mietspiegel 2015 und Urteile hierzu kann es dazu noch nicht geben. Allerdings ist nach herrschender Rechtsprechung für das wohnwerterhöhende Merkmal „Personenaufzug bei weniger als fünf Obergeschossen“ Voraussetzung, dass dies den Gebäudeteil betrifft, in dem sich die Wohnung befindet. Das muss auch für das Sondermerkmal gelten.

Im Bad meiner Wohnung befindet sich am Handwaschbecken eine Einhebelmischbatterie, an der Badewanne aber nicht. Zählt das als wohnwerterhöhendes Merkmal?
Einer Gerichtsentscheidung zufolge müssen Einhebelmischbatterien an allen Zapfstellen im Bad vorhanden sein, um wohnwerterhöhend berücksichtigt werden zu können. Dies gilt dann natürlich auch für das Sondermerkmal „modernes Bad“. In der Orientierungshilfe des Mietspiegels 2015 wurde zur Klarstellung die Formulierung in „Einhebelmischbatterien“ geändert.

In den Wohnräumen meiner Altbauwohnung befinden sich typische Berliner Kastendoppelfenster, allerdings sind sie marode und undicht. Ein weiteres Fenster besteht aus zwei Scheiben, die sich zum Reinigen auseinander schrauben lassen. Ist das eine wohnwertmindernde „überwiegende Einfachverglasung“ im Rahmen der Merkmalgruppe 3?
Seltsamerweise wird die Formulierung in der Orientierungshilfe fast immer missverstanden. Nein, Kastendoppelfenster sind keine Einfachverglasung, ebenso wenig wie das auseinandernehmbare Doppelfenster. Gemeint sind wirklich nur Fenster mit einer einzigen Glasscheibe, wie sie in früheren Jahrzehnten häufig vor allem in Küchen und Bädern anzutreffen waren. Wohnungen, auf die dieses Merkmal zutrifft, dürften inzwischen sehr selten geworden sein. Auf den desolaten Zustand Ihrer Kastendoppelfenster kommt es im Zusammenhang mit dem Mietspiegel nicht an. Dabei handelt es sich vielmehr um einen Sachmangel, dessen Behebung Sie vom Vermieter verlangen können.

In meiner Wohnung befindet sich ein Kabelanschluss, der nach Auskunft des Kabelanbieters rückkanalfähig ist. Für die Nutzung des Internets müsste ich natürlich einen entsprechenden Vertrag mit dem Anbieter abschließen. Kann sich der Vermieter trotzdem auf das wohnwerterhöhende Merkmal „rückkanalfähiger Breitbandanschluss ohne zusätzliche vertragliche Bindung mit einem Dritten“ berufen?
Nach dem Wortlaut der Formulierung muss der Vermieter seinen Mieter/innen einen rückkanalfähigen Breitbandkabelanschluss zur Verfügung stellen, den die Mieter/innen nicht nur für Fernsehempfang, sondern auch für Internet und Telefonie nutzen können, ohne selbst einen Vertrag mit einem Anbieter abschließen zu müssen. Manche Amtsgerichte lassen zwar bisher mit zum Teil abenteuerlichen Begründungen das bloße Vorhandensein eines Kabelanschlusses für das Vorliegen des Merkmals ausreichen, aber anders entschied vor Kurzem das Landgericht (Seite 27). In Ihrem Fall spricht die eindeutige Formulierung der Orientierungshilfe gegen das Vorliegen des wohnwerterhöhenden Merkmals.

Was ist mit dem wohnwertmindernden Merkmal „kein nur dem Mieter zugänglicher, bestimmungsgemäß nutzbarer Abstellraum im Gebäude außerhalb der Wohnung vorhanden“ in der Merkmalgruppe 4 gemeint?
Man könnte meinen, die Formulierung „kein Mieterkeller vorhanden“ wäre klar und ausreichend. Aber es existieren auch gesonderte Abstellräume auf den Etagen oder halber Treppe.

Meine Wohnung liegt an einer ruhigen Seitenstraße, die kopfsteingepflastert und als „Tempo-30-Zone“ ausgewiesen ist. Handelt es sich dabei um eine „Lage an einer besonders ruhigen Straße“ gemäß der Merkmalgruppe 5?
Das AG Mitte hat entschieden, dass von einer Lage in einer besonders ruhigen Straße nicht allein deshalb auszugehen ist, weil die Wohnung in einer Tempo-30-Zone liegt (MieterEcho Nr. 372/ Februar 2015). Der Hintergrund dürfte sein, dass Tempo 30 in Nebenstraßen in Berlin inzwischen beinahe der Regelfall ist. Es kommt demnach auf die jeweiligen weiteren Umstände an. In Ihrem konkreten Fall dürfte insbesondere das Kopfsteinpflaster gegen das Vorliegen dieses Merkmals sprechen.

Rechtsanwalt Wilhelm Lodde berät die Mitglieder in den Kreuzberger Beratungsstellen Möckernstraße und Adalbertstraße.

 

  • Zu den einzelnen Sonder- oder zusätzlichen Merkmalen des Mietspiegels 2015 oder älterer Mietspiegel gibt es natürlich eine Vielzahl von Urteilen. Bedenken Sie, dass dies immer Einzelfallentscheidungen sind. Dies gilt besonders für Merkmale, die wertungsbedürftig sind, beispielsweise „Treppenhaus / Eingangsbereich überwiegend in schlechtem Zustand“.
  • Mehr zum Thema finden Sie in unserer Infoschrift "Mieterhöhung".

Bitte beachten Sie: Der Beitrag wurde im MieterEcho Nr. 374 / Mai 2015 veröffentlicht und gibt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Drucklegung wieder!