MieterEcho

MieterEcho Sonderausgabe Juni 2006

Quadrat Berliner Kampagne gegen Hartz IV

Genau zwei Jahre ist es her, dass die Berliner Kampagne gegen Hartz IV gegründet wurde. Angst vor Verarmung, Empörung über die neuen Zumutbarkeitsregeln und Wut über die Verschärfung von Sanktionen, wo doch für die Millionen Erwerbslosen offenkundig weder bezahlte Arbeit vorhanden war noch geschaffen werden sollte, begründeten diesen Schritt. Einzelne hatten bereits in Erwerbsloseninitiativen mitgewirkt, andere (auch Erwerbstätige) kamen aus linken oder gewerkschaftlichen Gruppen. Das Wort von der Verfolgungsbetreuung machte die Runde und die Einschätzung, dass mit der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe - so sinnvoll diese auch sein mochte - der Sozialstaat geschleift und der Rechtsstaat für einen großen Bevölkerungsteil ausgehöhlt werde.

Dass diese Sorge berechtigt war, ist nicht nur die alltägliche Erfahrung von ALG-II-Beziehenden, sondern auch wir sehen unsere Einschätzungen durch unsere Beratungen oder Aktionen vor Jobcentern bestätigt. Bereits während der Einführung des ALG II wurde - trotz Warnungen der Datenschützer - mit dem sechzehnseitigen Antragsformular gegen Datenschutzbestimmungen verstoßen.

Wie sich zeigte, war dies nur der vergleichsweise harmlose Auftakt für eine beinahe auf allen Feldern rechtswidrige Praxis der Jobcenter: Die Kürzung oder Vorenthaltung von ALG II, massenhafte Rechtsverstöße bei der Verordnung von Eingliederungsvereinbarungen oder bei Umzugsaufforderungen und - die Krönung - die durchgängig rechtswidrige Zuweisungspraxis in 1-Euro-Jobs. Nicht rechtsstaatlichen Grundsätzen wird gefolgt, sondern der aus Nürnberg bzw. von Regierungsseite gemachten Vorgabe, die Erwerbslosenstatistik zu drücken und Einsparungen vorzunehmen - egal wie.

Dies öffentlich anzuprangern und auf Änderung zu drängen, ist unser Anliegen. Seither haben wir immer wieder auf Veranstaltungen und vor Jobcentern informiert, Betroffene darin bestärkt, ihre Rechte und Möglichkeiten wahrzunehmen, sie an Rechtsanwält/innen vermittelt und zur Selbstorganisierung angeregt. Ziel ist, den Widerstand gegen Hartz IV nicht abebben zu lassen, sondern zu verbreitern und die Forderung nach menschenwürdigen Lebensbedingungen ebenso in die Diskussion zu bringen wie Alternativen zur derzeitigen Arbeits- und Wirtschaftspolitik.

Das Spektrum unserer Aktivitäten spiegelt die Zusammensetzung der Kampagne und die Vielfalt an Meinungen, Erfahrungen und Kompetenzen der Mitwirkenden wider: Es reicht von der Beteiligung an Spaßaktionen, über Offene Briefe an politisch Verantwortliche und Gespräche mit Abgeordneten bis hin zu wöchentlich stattfindenden Beratungen und Diskussionsveranstaltungen mit Vertreter/innen von Wohlfahrtsverbänden und anderen Nutzern von 1-Euro-Jobs. Unsere aktuellen Themen sind zur Zeit: die Verschärfungen durch das so genannte Optimierungsgesetz, die Frage, wie die stigmatisierenden 1-Euro-Jobs durch sozialversicherungspflichtige Teilzeitarbeit ersetzt werden können sowie Wohnen und Zwangsumzüge.


Berliner Kampagne gegen Hartz IV

Wir treffen uns an jedem 2. und 4. Mittwoch im Monat um 18.45 Uhr im Mehringhof (Einzelheiten siehe unter: www.hartzkampagne.de) und wir freuen uns über Verstärkung.


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