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MieterEcho online 22.12.2014

Rund 6000 Ferienwohnungen gemeldet

Bislang haben die Bezirksämter kaum Kapazitäten, nicht gemeldete Ferienvermietungen zu verfolgen
Bis zum 31.7.2014, dem gesetzlich festgelegten Stichtag, wurden in Berlin rund 6.000 Ferienwohnungen gemeldet. Verschiedenste Schätzungen gehen von mindestens der doppelten Zahl aus, die Berliner Mietergemeinschaft rechnet mit etwa 18.000 Ferienwohnungen in der Stadt. Die 6.000 rechtzeitig gemeldeten Ferienwohnungen haben nun in der Regel Bestandsschutz bis zum 30.4.2016.
Wenig überraschend ist, dass sich der größte Teil der gemeldeten Ferienwohnungen auf die Innenstadtbezirke konzentriert. Mit 1728 Selbstanzeigen führt dabei der Bezirk Mitte mit einem Schwerpunkt im im Alt-Bezirk Mitte. Die Bezirksämter haben auch schon zahlreiche Hinweise aus der Bevölkerung auf die Vermietung von Ferienwohnungen erhalten, denen sie aber nach eigenen Angaben bisher nur in begrenztem Maß nachgehen konnten. Hinweise aus der Nachbarschaft werden von den Mitarbeiter/innen einiger Bezirksämter überprüft, wobei den Hinweisgeber/innen aus Datenschutzgründen später keine Auskunft über den Stand der Ermittlungen gegeben werden kann. „Interessierte können nur über das Informationsfreiheitsgesetz Auskunft vom Bezirk verlangen, sofern sie ein nachvollziehbares Interesse nachweisen können“, erklärt Stadtrat Stephan von Dassel. Auch als Zeug/innen könnten die Hinweisgeber/innen später geladen werden, heißt es aus Tempelhof-Schöneberg. Ob die Bezirke ihre Hinweise wirklich berücksichtigen, können betroffene Nachbar/innen daher kaum feststellen, wie auch die Initiativen „Wem gehört Moabit“ und „Wem gehört Kreuzberg“ bemerken. Letztere hatte vorwiegend Kontakt zu den Milieuschutzbeauftragten des Bezirks, da viele Ferienwohnungen oder leerstehende Wohnungen, die ebenfalls unter das Zweckentfremdungsverbot fallen, in den Milieuschutzgebieten liegen. In Milieuschutzgebieten können die Bezirksämter die Zweckentfremdung sofort unterbinden. Doch nun fürchten Mieter/innen der Mittenwalder Str. 6, durch ihre Hinweise ihr eigenes Mietverhältnis zu gefährden. In dem Mietshaus, das vermutlich in Eigentumswohnungen umgewandelt werden soll, werden in der in der Zwischenzeit viele Wohnungen an Feriengäste vermietet. Rund 30 Betten werden angeboten, schätzt die Initiative „wem gehört Kreuzberg“. Des öfteren wurde beobachtet, dass in der Galerie unten im Haus Schlüssel abgegeben oder in Empfang genommen wurden. Im September 2013 gab es daher gemeinsam mit den Kreuzberger Piraten eine Besetzungsaktion in der Galerie. Seit die Wohnungen dem Milieuschutz gemeldet wurden, sind zumindest die Inserate auf dem Ferienwohnungsportal AirBnB verschwunden, allerdings vermuten Nachbar/innen, dass das Geschäft weiterhin läuft. Inzwischen haben die Mieter/innen erfahren, dass die Hauseigentümerin vom Bezirksamt die Namen derjenigen erfahren wollte, die die mutmaßlichen Ferienwohnungen im Haus gemeldet haben. „Wie können BürgerInnen zukünftig noch mit dem Bezirksamt zusammenarbeiten, um solche Missstände aufzudecken, wenn sie befürchten müssen, dass die Vertraulichkeit nicht gewahrt bleibt?“ schrieb die Initiative daher kürzlich an das Bezirksamt.
Ein Teil der Bezirksämter ist noch gar nicht dazu gekommen, Hinweisen aus der Nachbarschaft nachzugehen. „Ein Abgleich konnte aufgrund der vorhandenen Personalressourcen noch nicht vorgenommen werden. Zuerst werden die 920 Anzeigen überprüft und ggf. Nachforderungen gestellt, um die Rechtmäßigkeit der Anzeige feststellen zu können“, erklärt der Pankower Stadtrat Torsten Kühne.

Bisher kaum Internetrecherchen
Unter das Zweckentfremdungsverbot fällt die mehr als einmalige Vermietung als Ferienwohnung für einen Zeitraum von bis zu zwei Wochen.  Die Schwierigkeit ist nun, im Einzelfall zur recherchieren und nachzuweisen, ob es sich nur um die Vermietung der sonst selbst genutzten Wohnung während des eigenen Urlaubs handelt, oder die Vermietung quasi gewerblich erfolgt, bzw. dass überhaupt eine Vermietung vorliegt. Oftmals werden Feriengäste als Freund/innen der Wohnungseigentümer ausgegeben (MieterEcho Nr. 368/ Juli 2014)
„Nach Maßgabe der vorhandenen personellen Kapazitäten wird in Zeitungen, im Internet und an Hinweisschildern an Häusern bzw. am Klingeltableau recherchiert. Danach wird bei einem Verdacht der Eigentümer ermittelt und zum Sachverhalt angehört. Sollte die zweckentfremdete Nutzung anschließend vom Bezirksamt untersagt werden, muss der Eigentümer mit Ausgleichszahlungen und/oder Bußgeld rechnen“, erklärt das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf zur Durchsetzung des Verbots.
Die private Vermietungsplattform AirBnB ist eine wahre Fundgrube für Ferienwohnungsangebote. Im Jahr 2014 waren nach eigenen Angaben 9.500 komplette Wohnungen inseriert, das übertrifft die Zahl der offiziell gemeldeten Ferienwohnungen bei weitem. 90% der Berliner Anbieter hätten nur eine Wohnung oder ein Zimmer, so AirBnB gegenüber dem Fernsehmagazin Monitor. Demgegenüber stehen allerdings andere Anbieter die über eine Vielzahl von Wohnungen verfügen, und zu deren Umsatz AirBnB keine Angaben macht, wie z.B. Berlin Aspire mit 32 Inseraten. Die Immobilienfirma Berlin Aspire macht sich nicht einmal die Mühe, sich als privater Vermieter zu tarnen (MieterEcho 371/Dezember 2014). Die Bezirksämter fühlen sich bislang überfordert, die tausenden von Angeboten zu überprüfen. Sucht man auf dem Internetportal ganze Unterkünfte in den Bezirken Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg, Prenzlauer Berg und Neukölln werden jeweils über 1000 Inserate angezeigt, wobei die Wohnungen teilweise aber auch falsch lokalisiert werden, eine Suche in Neukölln z.B. auch Ergebnisse im angrenzenden Kreuzberg liefert. Preise liegen im Schnitt zwischen 30 und 100 Euro pro Nacht, wobei auch einige Luxusunterkünfte für bis zu 500 Euro pro Nacht zu finden sind. Verwunderlich ist da die Aussage des Neuköllner Stadtrats für Bauen, Natur und Bürgerdienste, Thomas Blesing, Ferienwohnungen wären in Neukölln „nicht das große Thema“. Allerdings räumt Blesing ein, dass das für Ferienwohnungen zuständige Personal erst seit Anfang Oktober seine Arbeit aufgenommen hat. „Für Internetrecherchen und ähnliches haben wir im Augenblick gar keine Zeit“, erklärte Blesing Ende November.
Zudem kamen kürzlich rechtliche Zweifel auf, ob den Bezirksmitarbeiter/innen die Internetrecherche überhaupt erlaubt ist. Am 31. Oktober berichtete der Tagesspiegel über eine Gesetzeslücke, aufgrund derer die Ämter nicht im Internet nach Ferienwohnungen fahnden dürften. Als Informationsquellen für die Kontrolleure der Bezirksämter waren im Gesetzestext nur Bürgerämter, Handelsregister und Grundbuchamt benannt worden. Wenige Tage später ließ die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung verlautbaren, dass die Internetrecherche unter Berufung auf das Ordnungswidrigkeitengesetz sehr wohl möglich sei.

Ausnahmegenehmigungen für Ferienwohnungen nicht geplant
Wie der Umgang mit der Zweckentfremdung von Wohnungen über die Schonfrist von zwei Jahren hinaus aussehen wird, können die meisten Bezirke noch nicht beantworten. Ausnahmegenehmigungen für die Zweckentfremdung sind theoretisch möglich, aber eher bei einer sozialen Nutzung von Wohnraum, beispielsweise als Kindergarten oder Pflegeeinrichtung oder für die vorübergehende Unterbringung von Asylsuchenden. Wohnungsunternehmen, Universitäten und andere Institutionen dürfen weiterhin Gästewohnungen betreiben. Genehmigungen können auch erteilt werden, wenn ein „schutzwürdiges privates Interesse“ besteht. „Von den Verfügungsberechtigten oder den Nutzungsberechtigten muss nachgewiesen werden, dass ohne Nutzung der betreffenden Räume zu ganz bestimmten beruflichen oder gewerblichen Zwecken seine bestehende wirtschaftliche Existenz unausweichlich gefährdet würde“, heißt es dazu im Gesetzestext. In Charlottenburg-Wilmersdorf und Tempelhof-Schöneberg geht man davon aus, dass es grundsätzlich keine Ausnahmen für Ferienwohnungen geben wird, andere Bezirke sind schlichtweg noch mit der Bearbeitung der bisherigen Meldungen beschäftigt.
Insgesamt 34 Stellen hat der Senat für die Umsetzung des Zweckentfremdungsverbots bewilligt. Die neuen Mitarbeiter/innen mussten aber über die vergangenen Monate erst gesucht und eingearbeitet werden. Ergebnisse, die über die gemeldeten Wohnungen hinausgehen, sind daher wahrscheinlich erst im Laufe des Jahres 2015 zu erwarten.

Jutta Blume

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