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MieterEcho 05.03.2019

IBB-Bericht konstatiert ungebremste Mietensteigerungen und unzureichenden Neubau

Der Berliner Wohnungsmarkt ist weiterhin von steigenden Mieten und einem eklatanten Mangel an preiswerten Wohnungen geprägt. Die Medianmiete, die nicht den Durchschnitt, sondern den Mittelwert abbildet, stieg berlinweit bei Neuvermietungen auf 10,32 Euro, innerhalb des S-Bahn-Rings fast flächendeckend auf über 12 Euro an. In begehrten Innenstadtlagen gibt es so gut wie keine Wohnungen mehr, die für weniger als 10 Euro nettokalt pro Quadratmeter angeboten werden. Seit 2013 sind die Angebotsmieten um 31,5 % gestiegen. Das geht aus dem Wohnungsmarktbericht 2018 der Investitionsbank Berlin (IBB) hervor, der am Freitag in Berlin vorgestellt wurde. Berlin erlebe bei den Mieten einen „ungebremsten Aufholprozess“ zu anderen Großstädten, was besonders „schmerzhaft“ sei, da die Einkommensentwicklung großer Teile der Bevölkerung damit in keiner Weise Schritt hält, so Arnt von Bodelschwingh, Gesachäftfführer des Forschungs- und Beratungsinstituts RegioKontext, welches die Daten für den IBB-Bericht erstellt.

Der Fehlbestand in der Hauptstadt wird derzeit auf knapp 100.000 Wohnungen taxiert – mit steigender Tendenz. Unter Berücksichtigung einer „Fluktuationsreserve“ von zwei Prozent des Bestands, die wegen Umzügen, Modernisierung etc. nicht zur Verfügung stehen, summiert sich das Defizit sogar auf 135.000 Wohnungen. Beim derzeitigen jährlichen Bauvolumen von rund 16.000 fertig gestellten Wohnungen würde es alleine acht Jahre dauern, diese Lücke zu schließen, wobei zusätzliche Bedarfe durch weiteren Zuzug noch gar nicht berücksichtigt sind. IBB-Vorstand Jürgen Allerkamp mahnte Politik und Wohnungswirtschaft, deutlich an Tempo zuzulegen. Er verwies auf das Jahr 1997, in dem 33.000 Wohnungen fertig gestellt wurden. „Mehr als jetzt ist möglich und auch nötig“, so Allerkamp.

In dem Bericht wurde diesmal dem Bauüberhang besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Die Zahl derjenigen Wohnungen, die zwar genehmigt, aber nicht fertig gestellt wurden, wächst seit Jahren kontinuierlich, Ende 2017 waren es fast 60.000. Allerkamp führt das auf ein ganzes Bündel von Problemen zurück: Kapazitätsengpässe bei Behörden und Bauwirtschaft, Planungsänderungen, aber auch Nachbarschaftswiderstände, Naturschutzfragen oder juristische Auseinandersetzungen führten oftmals zu erheblichen Verzögerungen. Auch Immobilienspekulation spiele eine, wenn auch vergleichsweise kleine Rolle. Dabei werden baureife Grundstücke „gehortet“, um sie später zu deutlich  höheren Preisen zu verkaufen. Dieses Phänomen beobachte man auch bei noch nicht baureifen Grundstücken, für die es aber bereits einen Vorbescheid gibt.

 

Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Die Linke) räumte zwar Versäumnisse ein, betonte aber, dass man „auf einem guten Weg“ sei. Einfach zu bebauende Grundstücke gebe es kaum noch, das mache die Planungs- und Bauprozesse auch immer komplizierter. Den Hinweis auf die auch von ihrer Partei strikt abgelehnte Randbebauung am Flughafen Tempelhof bezeichnete sie als „Denkfaulheit“ , da die dort einst geplanten knapp 5000 Wohnungen das Problem auch nicht lösen würden. Große Potenziale sieht Lompscher bei der Verdichtung durch Aufstockung von Nichtwohngebäuden (Supermärkte u.ä.) und der Bebauung von Parkplätzen.

Zur Mietenentwicklung fiel der Senatorin allerdings nicht viel ein. Sie verwies lediglich auf die Vergleich zu den Angebotsmieten deutlich weniger gestiegenen Bestandsmieten. Instrumente wie die Ausweitung des Milieuschutzes auf mittlerweile 56 Gebiete mit rund 450.000 Wohnungen hätten dabei „eine Rolle gespielt“ - eine wohl kaum belegbare Aussage.

Skeptisch äußerte sich Lompscher zum Vorstoß einiger SPD-Politiker für einen „Mietendeckel“ auf Landesebene. Zwar stehe eine endgültige Bewertung und Abstimmung mit dem Justizressort noch aus,  aber angesichts der konkurrierende Bundesgesetzgebung sehe sie kaum Möglichkeiten für ein entsprechendes Vorgehen. 

 

Rainer Balcerowiak