Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

MieterEcho online – 17.06.2011

Knicks vor dem Koalitionspartner

 
Mit der Stimmenmehrheit der rot-roten Koalitionsvertreter/innen ist in der Sitzung vom 15.6.2011 des Ausschusses „Bauen und Wohnen“ im Berliner Abgeordnetenhauses der Entwurf zum Wohnraumgesetz und damit das Ende des Sozialen Wohnungsbaus gebilligt worden. Damit steht der endgültigen Entscheidung in der Plenumssitzung des Parlamentes am 23. September nichts mehr im Wege.

Die Linkspartei hatte trotz großspuriger Erklärungen im Vorfeld letztendlich das Papier akzeptiert. Der Sinneswandel sei Ergebnis des erzielten „Kompromisses“ mit der SPD gewesen, der es möglich gemacht habe, der veränderten Fassung aus der Feder der Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer grünes Licht zu geben, rechtfertigte sich Uwe Doering, wohnungspolitischer Sprecher der Linksfraktion noch vor der Sitzung des Ausschusses. So sei immerhin die Verlängerung der Kündigungsfristen für Mieter/innen von Wohnungen, die aus der Anschlussförderung gefallen sind, von 10 Wochen auf sechs Monate erstritten worden. Im Klartext: Die Mieter/innen haben etwas mehr Zeit, um sich zum Auszug durchzuringen. Darüber hinaus ist eine „Härtefallregelung“ vorgesehen, die den Bezug eines Mietausgleichs ermöglichen soll – allerdings begrenzt auf lediglich drei Jahre. Findet ein Eigentümer/innenwechsel statt, soll die Miete auf das Niveau des Berliner Mietspiegels reduziert werden. Vorausgesetzt, zum Zeitpunkt des Verkaufs liegt die Miethöhe über der ortsüblichen Vergleichsmiete.

Im so genannten Wohnraumgesetz ist der zukünftige Umgang mit den verbliebenen rund 160.000 Sozialwohnungen geregelt. Das Papier aus dem Regierungslager fußt auf der Grundidee, aus dem sozialen Kostenmietrecht auszusteigen und in jenes System zu überführen, das aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch bekannt ist: Preisbildung gemäß Mietspiegel. Das Land Berlin verzichtet dem Senatspapier zufolge zukünftig damit auf jegliche mietensteuernde Funktion. Auch eine Neuberechnung der ursprünglichen Investitionskosten, auf der die so genannte Kostenmiete fußt und die von Grünen und CDU im Verlauf der Bauausschusssitzung nochmals gefordert wurde, haben SPD und LINKE abgelehnt.

Mit einem Memorandum haben sich am Mittwoch auch Wissenschaftler/innen zum Thema zu Wort gemeldet. Im „Berliner Wissenschaftsbund“ zusammengeschlossene, interdisziplinär tätige Berliner Wissenschaftler/innen und weitere Berliner Universitätsprofessor/innen richteten zusammen mit Wohnungsmarktexperten einen Appell an die Fraktionen des Abgeordnetenhauses, die Entscheidung über den vom Senat vorgelegten Gesetzesentwurf „erst nach gründlicher Diskussion noch offener Fragen zu treffen.“ Die Experten sehen zentrale Defizite im derzeitigen Entwurf und fordern in ihrem Aufruf die Fraktionen auf, zu verhindern, dass 1. „Mieten durch Erwerber auf Basis von Kosten beansprucht werden, die diesen nicht entstanden sind und mit denen sich exorbitante Renditen erwirtschaften lassen.“ Und 2. zu verhindern dass „nach Inkrafttreten des Gesetzes Eigentümer/innen vor dem Verkauf der ihnen gehörenden Sozialwohnungen die Mieterschaft durch hohe Kostenmieten in neue soziale Brennpunkte verdrängen, um dann über neue Mietverträge, die nicht dem Mietspiegel unterliegen, die Mieten für den freigezogenen Wohnraum nach oben zu treiben.“

Am Rande der Ausschusssitzung haben Mieter/innenaktivist/innen für die Abgeordnetenhaussitzung am Donnerstag dem 23. September Protest angekündigt.

 
Christian Linde

 
Memorandum des Berliner Wissenschaftsbundes zum Entwurf des Berliner Wohnraumgesetzes als PDF-Dokument via sozialmieter.de

 
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