Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

MieterEcho online 12.09.2018

Kampf gegen die Privatisierung von Schulimmobilien

Abgeordnetenhaus muss über Forderungen der Volksinitiative „Unsere Schulen“ beraten

 

Die Volksinitiative „Unsere Schulen“ hat ihr erstes Ziel erreicht: Ein halbes Jahr nach dem Start der Initiative konnte sie Anfang Juli dem Präsidenten des Berliner Abgeordnetenhauses über 28.000 gültige Unterschriften übergeben. Damit wurde ein wesentliches Hindernis aus dem Weg geräumt, die Parlamentarier mit den Forderungen der vom Verein „Gemeingut in BürgerInnenhand“ (GiB) getragenen Kampagne direkt zu konfrontieren. Die dafür zuständigen Ausschüsse müssen die Kritiker/innen jetzt zumindest anhören und über ihr Anliegen beraten. In der Vergangenheit hatte die Initiative immer wieder die Blockadehaltung des Senats kritisiert, der die Öffentlichkeit weder über die geplanten Vorgänge noch die zu erwartenden Folgen umfassend informieren wollte. Auch das Abgeordnetenhaus verpasste es bislang, über die umfangreichen Auswirkungen des Mega-Vorhabens „Berliner Schulbauoffensive (BSO)“ zu diskutieren.

Im Rahmen einer Pressekonferenz am 11. September stellten sich im Haus der Demokratie und Menschenrechte die vom Abstimmungsgesetz vorgesehenen fünf „Vertrauenspersonen“ der Initiative vor. Und die bezogen klare Positionen. Hannelore Weimar, selbst ehemalige Schulleiterin in Berlin, betonte, dass die Initiative sich ausdrücklich für einen Schulneubau und die Sanierung maroder Bauten einsetze. Aber es komme darauf an, wie, in welchem Zeitraum, mit welchem Geld und durch welche Akteure das geschehe. Die Schulen dürften nicht ins Privatrecht ausgelagert werden, sondern müssten öffentlich bleiben.

Der Hintergrund in Kürze: In Berlin droht mit dem milliardenschweren Projekt BSO eine massive Schulprivatisierung. Mindestens 29 neu zu bauende Schulen und große Sanierungsfälle sollen der landeseigenen, aber privatrechtlichen Howoge Wohnungsbaugesellschaft mbH im Erbbaurecht übertragen werden. Von den geplanten 5,5 Milliarden Euro Bauvolumen soll die Howoge 1,5 Milliarden am Kapitalmarkt ausleihen. In Folge dieser formellen Privatisierung werden die Bezirke zu Mietern ihrer Schulen degradiert und unter anderem die Kontrolle über das verlieren, was auf den Schulgrundstücken und in den Schulräumen passiert.

Die Vertreter/innen der Initiative wollen von einer ganzen Reihe von Ausschüssen im Abgeordnetenhaus angehört werden, die für zuständig halten. Gegenüber der anwesenden Presse machten sie klar, dass sie auch vor das Landesverfassungsgericht ziehen werden, wenn ihr Anliegen im Berliner Parlament behindert wird. Carl Wasmuth, Mitbegründer von GiB, forderte einen sofortigen Stopp für die vom Senat betriebenen Privatisierungsaktivitäten. Und fügte süffisant hinzu: „Damit der Schulbau endlich weitergehen kann!“ Denn die Privatisierungsaktivitäten führten zu einem faktischen Planungs- und Baustopp im Schulbau. Dabei seien Schulbauten vorhanden, die aber in der Vergangenheit aufgegeben wurden. Marode Immobilien könnten saniert und so in eineinhalb bis zwei Jahren nutzbar gemacht werden. Die Konzeption des Senats rechne dagegen mit einem Zeitraum bis 2026, bis neue Schulen zur Verfügung stünden. Wasmuth unterstrich den politischen „Irrsinn“, der darin bestehe, dass zwar aufgrund eines Haushaltsüberschusses genug Geld da sei, aber zugleich ein Schattenhaushalt geschaffen würde.

Gerlinde Schermer, selbst ehemals Mitglied des Abgeordnetenhauses und freiberufliche Betriebswirtin, erläuterte, dass für die BSO 1,5 Milliarden Euro an Privatkrediten aufgebracht werden müssten, um die Schuldenbremse einhalten zu können. Dafür müssten dann die für 30 Jahre im Eigentum der Howoge befindlichen Schulgrundstücke und -gebäude beliehen werden. Daneben verwies sie auf eine Reihe von Unklarheiten bei der Übertragung der Immobilien auf die Howoge: Wie soll die Wertermittlung der Gebäude und Grundstücke erfolgen? Wie sollen die Bezirke seriös die Folgen der über lange Zeiträume laufenden Erbbaurechts- und Mietverträge mit der Wohnungsbaugesellschaft Howoge einschätzen? Ein weiteres Hemmnis bei der Suche nach Transparenz bestehe darin, so Schermer, dass alle abzuschließenden relevanten Verträge zwischen Senat, Bezirken, Howoge, Banken und Baukonzernen aufgrund des lückenhaften Informationsfreiheitsgesetzes unter Geheimhaltung stünden.

Die Vertreterin der Initiative und ehemalige Studienrätin Dorothea Härlin bezeichnete das Projekt BSO resümierend als Paradigmenwechsel, über den der Senat lieber schweige. Denn durch die Privatisierung bislang öffentlicher Belange würden Schulen schlicht zu Finanzprodukten.

Grund genug, um sich für die Volksinitiative zu engagieren und sie zu unterstützen. Über die Termine der öffentlichen Sitzungen der Ausschüsse mit Beteiligung der Volksinitiative wird die Berliner MieterGemeinschaft informieren.

 

Joachim Maiworm

 

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