In Berlin-Mitte wehren sich Beschäftigte des Hostels Wombats gegen Schikanen des Managements
„Wombat enteignen“ stand auf Schildern, die Teilnehmer/innen einer Protestkundgebung am 17. Mai vor einem Gebäude in der Alten Schönhauser Allee 2 in Berlin-Mitte in die Höhe hielten. Dort hat das Hostel Wombat sein Domizil. Es gibt Filialen in München, London, Budapest, Wien und ab Anfang August auch in Venedig. Die Berliner Filiale soll allerdings zum 31. August geschlossen werden. Deswegen riefen die Beschäftigten zu der Protestkundgebung vor dem Hostel auf. Der Grund für die drohende Schließung ist nicht etwa mangelnder Umsatz, das Hostel mit seinen 350 Betten ist im touristisch beliebten ehemaligen Scheunenviertel oft ausgebucht. Mit der Aufgabe der Filiale wollen die Wombat-Eigentümer Alexander Dimitriewicz und Marcus Praschinger eine aufmüpfige Belegschaft loswerden, die den ersten Betriebsrat in einen Berliner Hostel erkämpft hatten. Auf dem Schwarzen Brett des Hostels wurden die Gründe der Schließung vom Management offen benannt: „Das Berliner Hostel ist zwar wirtschaftlich erfolgreich, aber auf diese Art und Weise wollen wir nicht arbeiten.“ Was die Eigentümer so stört, beschreibt die gewerkschaftlich organisierte Wombat-Beschäftigte Ruth K. gegenüber MieterEcho so: „Heute ist es der Hausleitung nur noch dann erlaubt, Kolleginnen und Kollegen in ihrer Freizeit zwecks Übernahme weitere Dienste zu kontaktieren, wenn diese vorab monatsweise ihr Einverständnis dazu gegeben haben. Darüber hinaus sind angeordnete Überstunden unzulässig. Auch ist die Personaldecke bei uns im Vergleich zu anderen Häusern der Kette ziemlich dicht“, beschrieb Ruth K. die Erfolge der Beschäftigten. Das Management investierte viel Geld für Anwaltskanzleien, die dafür bekannt sind, dass sie mit allen juristischen Mitteln aktive Beschäftigte und Gewerkschafter/innen aus dem Unternehmen entfernen. Dazu gehören die Kanzleien Patton und Boggs mit Rechtsanwalt Martin Falke, später wurde die Friedlein + Partner mit den Rechtsanwälten Christian Leuck und Hartmut Brandt engagiert. Aktuell vertritt Rechtsanwalt Tobias Grambow das Wombats-Management.
Niedriglohnsektor Hostelgewerbe
Es ist nicht verwunderlich, dass vom Management eine Menge Geld für Anwält/innen ausgegeben wird, die mehr kosten, als die von den Betriebsrät/innen erkämpften Verbesserungen am Arbeitsplatz. Denn in der Hostel-Branche sind Niedriglöhne weit verbreitet. Sie werden allerdings nur selten thematisiert. Im Februar 2014 sorgte der Fall des Amedeus-Hostels in Berlin-Wedding für Aufsehen, wo junge Menschen aus verschiedenen Ländern nur für Kost und Logis arbeiteten. Als sich einige der Betroffenen arbeitslos melden wollten, wurde diese besondere Ausbeutung von Arbeitskraft bekannt. Gemeinsam mit der Erwerbsloseninitiative Basta und der Basisgewerkschaft Freie Arbeiter Union (FAU) organisierten die Betroffenen Proteste (https://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/amadeus-hostel.html). Als die Demonstrant/innen das Hostel erreichen, stand die Tür offen. Das Management hatte wohl wegen der vielen Rechtsverstöße die Flucht angetreten. So leicht lässt sich das Wombats-Management nicht vertreiben. Mittlerweile wurden die Reinigungskräfte ausgegliedert und fallen nicht mehr unter den Tarifvertrag. Die Verhandlungen um Sozialpläne wegen der geplanten Schließung der Filiale brachten bisher kein Ergebnis. Das Management will wegen eines angeblichen Formfehlers sogar die letzte Betriebsratswahl für ungültig erklären. Doch die Belegschaft wird nicht von ihrer Gewerkschaft Nahrung, Genuss und Gaststätten (NGG) sondern auch einen zivilgesellschaftlichen Bündnis unterstützt, dass von kritischen Gewerkschafter/innen, der Berliner Aktion gegen Arbeitgeberunrecht (BAGA) bis zur Stadtteilinitiative „Hände weg vom Wedding“ (HwvW) reicht. Im kürzlich von HwvW eröffneten Kiezhaus Agnes Reinhold in der Afrikanischen Straße 74 trafen sich die Wombat-Beschäftigten Mitte Mai mit ihren Unterstützer/innen. Das Zentrum spielt in dem Konflikt die Rolle eines Working-Centers, wie es sie seit Jahren in den USA in vielen Städten gibt. Es sind Räume, in denen sich Beschäftigte, die für Verbesserungen ihrer Arbeitssituation kämpfen, mit Mieter/innen und Stadtteilaktivisten treffen, austauschen und gemeinsam Aktionen planen. Auf der Veranstaltung waren auch Beschäftigte eines Moabiter Hostels anwesend, die gerade dabei sind, einen Betriebsrat zu gründen. Das wäre dann die zweite gewerkschaftliche Vertretung in einem Berliner Hostel-Betrieb. Sollte das Wombat-Management mit ihren Schließungsplänen durchkommen, wäre die Berliner Hostel-Branche zumindest nicht wieder eine vollständig gewerkschaftsfreie Zone.