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MieterEcho online 17.06.2013

Kein Geld für Wohnungen – aber ein Stadtschloss.

Die Schlossattrappe kostet Berlin so viel Geld wie die Neubauförderung.

Es war ein wahrlich pompöses Spektakel, das letzte Woche Unter den Linden zelebriert wurde: Bundespräsident Gauck stellte seine Liebe zu Freiheit und Demokratie unter Beweis indem er bei der Grundsteinlegung für die Rekonstruktion des aristokratischen Herrschaftsbaus selbst Hand anlegte. Der baustellenerprobte Klaus Wowereit erläuterte unterdessen die Details der Geldverbrennung: 32 Millionen Euro wird der umstrittene Bau das Land Berlin kosten. 32 Millionen? Moment mal, da war doch was. Richtig! Wie aufmerksame Zeitgenossen wissen, ist das exakt die Summe, die Berlin in den kommen fünf Jahren jährlich in den neu geschaffenen „Wohnungsbaufonds“ stecken will. Der wurde vor wenigen Wochen als großer Wurf zur Bekämpfung der Wohnungsnot präsentiert. 32 Millionen galten da noch als viel Geld. Rund 10.000 beleggebundene und preisgünstige Wohnungen könnten so gefördert werden – von über 130.000, die insgesamt bis 2025 gebraucht werden. Süß, oder?
Die Gesamtkosten für den Schlossbau sollen übrigens 590 Millionen Euro betragen. Das entspricht mehr als der Hälfte des gesamten Investitionsprogramms, das die Berliner Regierungskoalition den öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften bis 2018 auferlegen will. Die sollen damit in den nächsten Jahren bis zu 40.000 Wohnungen neu bauen. Während sich die Wohnungsbaugesellschaften das Geld am Kreditmarkt leihen und über die Gewinne aus den Mieten zurückzahlen sollen, langt man beim Prestigebau gerne etwas tiefer in die Staatskasse: Den größten Anteil zahlt der Bund mit 478 Millionen Euro. Ein zwielichtiger privater Förderverein hat versprochen, 80 Millionen Euro an Spenden zu sammeln. Diese Zahl ging als feste Größe in die Kalkulationen mit ein und war ein wichtiges Argument für den Bau. Bisher kann der Verein aber nur einen geringen Bruchteil davon nachweisen. Sollte er das Geld nicht zusammenbekommen, tragen die öffentlichen Kassen die komplette Rechnung. Wie bei Großbauten üblich, wurden die anvisierten Gesamtkosten bereits nach oben korrigiert. Und wer weiß, Probleme mit der Brandschutzanlage können jederzeit auftreten. So schaufelt man fleißig an einem neuen Milliardengrab, während für den Bau günstiger Wohnungen jede Idee fehlt.

Philipp Mattern

 

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