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MieterEcho online 18.11.2020

Wie der Wohnungsmarkt in Deutschland börsengerecht gestaltet wurde

Vonovia, Deutsche Wohnen, Akelius. Das sind nur drei Aktiengesellschaften, die am Berliner Wohnungsmarkt aktiv sind. Der Politikwissenschaftler Philipp Metzger hat in seinen im Dampfboot-Verlag erschienenen Buch „Die Finanzialisierung der deutschen Ökonomie am Beispiel des Wohnungsmarkts“ die Wohnungspolitik der letzten Jahrzehnte in Deutschland analysiert. Da sein Buch aus einer Dissertation entstanden ist, stellt Metzger auf den ersten 100 Seiten seine wissenschaftlichen Instrumentarien vor. Er stützt sich dabei auf Karl Marx sowie den sozialdemokratischen Theoretiker Rudolf Hilferding, der mit seiner Studie „Das Finanzkapitel“ nach Einschätzung des Autors eine wichtige Fortschreibung der marxistischen Theorie geleistet hat, obwohl sich viele seiner politischen Einschätzungen als falsch herausstellten. Metzger stützt sich zudem auf dem keynesianistischen US-Ökonomen Hyman P. Minsky, der den modernen Finanzkapitalismus untersucht


Wie PolitikerInnen den Finanzkonzernen den roten Teppich auslegten


 Im zweiten Teil des Buches zeigt Metzger auf, wie sich seit den 1980er Jahren die Prämissen der Wohnungspolitik in Deutschland wandelten. Nach dem zweiten Weltkrieg habe sich in Westdeutschland eine spezifisch fordistische Wohnungspolitik entwickelt, die auf zwei Werkzeugen beruhten: Mietrecht und sozialer Wohnungsbau. „Politisches Ziel war, qualitativ hochwertige Mietwohnungen zu günstigen Preisen für alle zu schaffen“. Ab Mitte der 1980er wurden zunächst unter der Regierung des CDU-Kanzlers Helmut Kohl und dann unter der rot-grünen Ägide unter Gerhard Schröder die gesetzlichen Grundlagen dafür geschaffen, dass sich das Finanzkapital auch in Deutschland am Wohnungsmarkt breit machte. Die Privatisierung der Kommunalen Wohnungsbaugesellschaften auf dem Gebiet der DDR, die Metzger „innere Landnahme des ostdeutschen Wohnungsmarkts“ nennt, dafür schufen dafür die Grundlage. Detailliert zeichnet Metzger den Aufstieg der Wohnimmobilen-AGs nach, die vor allem in Großstädten wie Berlin, Hamburg und Leipzig aktiv geworden sind.  Metzger untersucht unterschiedliche Profitstrategien der Konzerne und beschreibt die Folgen für die MieterInnen. So werde von den Immobilien-AGs die Instandhaltungen der Wohnungen häufig vernachlässigt und der Schwerpunkt auf die Modernisierung gelegt. Vor allem in Großstädten führe das zur Verdrängung dass finanziell schwache MieterInnen an die Stadtränder. In einem Kapitel befasst sich Metzger mit den gescheiterten Versuch, der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi bei Vonovia einen  Tarifvertrag durchzusetzen, was vom Management aktiv sabotiert wurde. Auch, wenn der Einfluss der Aktiengesellschaften am Wohnungsmarkt gewachsen ist, ist Deutschland weiterhin eine Mieternation geblieben, betont Metzger. Daher beendet er sein Buch mit den optimistischen Ausblick: „Die Finanzialisierung des Wohnungsmarkts ist kein Naturgesetz, sondern veränderbar. …  Zu einer möglichen Veränderung könnte gehören, den sozialen Wohnungsbau in großem Umbau wiederzubeleben, den Finanzmarkt stärker zu regulieren und einen flächendeckenden Tarifvertrag in der Branche durchzusetzen.

 

Peter Nowak

 

Philipp P. Metzger, Die Finanzialisierung der deutschen Ökonomie am Beispiel des Wohnungsmarkts, Westfälisches Dampfboot-Verlag, 310 Seite,ISBN: 978-3-89691-262-6310,  30 Euro

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