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MieterEcho online 02.08.2013

Obdachlosigkeit hat wieder eine Zukunft

Mietpreisexplosion, Verarmung breiter Teile der Bevölkerung und Fehlentscheidungen bei Hartz IV. führen zu einem drastischen Anstieg der Wohnungslosigkeit. Dachverband der Wohnungslosenhilfe fordert Mietpreisbremse, eine soziale Wohnungsbaupolitik und mehr Prävention.

Die Zahl der Wohnungslosen in Deutschland hat in den letzten beiden Jahren drastisch zugenommen. Darauf hat die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) hingewiesen. Waren es 2010 noch 248000 Menschen, die ohne eigenes Dach über den Kopf leben mussten, erreichte die Zahl 2012 bereits  284000 - ein Anstieg von 15 Prozent.
Insgesamt beziffert die Arbeitsgemeinschaft 65000 neue Wohnungsverluste. Ein Anstieg ist mit ca. 25000 (38 Prozent) vor allem durch "Zwangsräumungen" zu verzeichnen. Darüber hinaus hätten rund 40000 "kalte" Wohnungsverluste stattgefunden. Davon sprechen Experten, wenn es zu keiner behördlichen Massnahme kommt, sondern die Betroffenen die Wohnung bereits vor einem drohenden Räumungsverfahren verlassen haben.


Der Aufwärtstrend sei , berichtet die Arbeitsgemeinschaft weiter, bundesweit zu beobachten. Während in den alten Bundesländern 249000 (+33.000) wohnungslose Menschen zu beklagen seien, stieg die Rate in Ostdeutschland auf ca. 35.000 (+ 5.000). Zwar ist der Großteil in Wohnheimen und Asylen untergebracht. Doch auch die "Straßenobdachlosigkeit" habe zugenommen. Also die Zahl der Menschen, die ohne jede Unterkunft auf der Straße leben. Ihr Anteil stieg von ca. 22000 im Jahre 2010 auf aktuell etwa 24000 Personen. Mehrheitlich handele es sich bei den Betroffenen um Männer. Der Frauenanteil liegt bei 25 Prozent (63.000). Bezogen auf den gesamten Personenkreis müsse von 32000 Kindern und jugendlichen Erwachsenen ausgegangen werden (11 Prozent).
Zu den Ursachen zählt der Dachverband zu hohe Mieten, die zunehmende Verarmung breiter Schichten der Bevölkerung und Fehlentscheidungen bei Hartz IV.
Um den negativen Entwicklungen wirksam entgegen wirken zu können, fordert die Wohnungslosenlobby eine Mietpreisbremse, die den Anstieg von Neu- und Wiedervermietungsmieten bei 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete deckelt, eine aktive soziale Wohnungsbaupolitik der Länder und Kommunen, verbindliche Kriterien zur Festlegung der Mietobergrenzen für Haushalte im Hartz IV-Bezug und einen Ausbau der präventiven Massnahmen um Wohnungsverluste zu vermeiden. "Wir müssen leider davon ausgehen, dass das Ausmaß der Wohnungslosigkeit sogar noch dramatischer gestiegen ist als erwartet“, warnte Thomas Specht, Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe. Weil keine bundeseinheitliche Wohnungsnotfall-Berichterstattung auf gesetzlicher Grundlage existiert, handelt es sich bei den vorgestellten Zahlen nämlich um Schätzungen. Zwar fordert der Verband seit Jahrzehnten eine solide Datenbasis. Doch ob schwarz-gelb, rot-grün oder schwarz-rot, sämtliche Koalitionen sind untätig geblieben. Solange dieser Missstand bestehe, müsse die Bundesarbeitsgemeinschaft diese Schätzungen vornehmen, um überhaupt zu einer bundesweiten Bewertung der Situation kommen zu können, betonte Specht.
Bis 2016 prognostiziert die Organisation einen weiteren Anstieg der

Wohnungslosigkeit um ca. 30 Prozent auf dann rund 380000 Menschen.

Christian Linde

 

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