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MieterEcho online 19.05.2017

Mietspiegel 2017: Eine Erfolgstory für die Immobilienverwertung

Der Mietspiegel ist nicht nur ein Begründungsinstrument für  Mieterhöhungen, er liefert auch ein Abbild der Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt und die stellt sich als eine außerordentlich dynamische Story des Verwertungserfolges der Immobilienwirtschaft dar.
Seit 2015 haben sich die Bestandsmieten um durchschnittlich 9,4% (0,55 Euro) erhöht, der Mietspiegel 2015 hatte gegenüber 2013 noch eine vergleichsweise mäßige Steigerung von 5,4%  ( 0,30 Euro) ausgewiesen.

Den Spitzenplatz teilen sich mit +13,1% die Vermieter in den guten Lagen mit den Investoren in der Baualtersklasse bis 1918. Die gute Lage ist insbesondere bei Mieter/innen der Einkommensklasse gefragt, die vor Jahrzehnten ein Eigenheim im Grünen bevorzugten. Die gegenwärtig erfolgreichen Kreativwirtschaftler und Start-Ups brauchen das städtische Ambiente und tragen dazu bei, dass dort wo sie sich in den Altbauvierteln nieder lassen, die Wohnlage Stufe um Stufe ebenso steigt wie der Durchschnitt der Mieten.

Die Altbaubestände bis 1918 in den ehemaligen Arbeiterbezirken Friedrichshain, Wedding, Neukölln, Moabit sind immer noch die bevorzugten Objekte der Spekulation. Der Bevölkerungsaustausch ist in diesen Bezirken in vollem Gange, zustande kommt er u.a. durch Modernisierungen wie Balkonanbau, energetische Sanierung, Anbau von Fahrstühlen, also Maßnahmen die primär nicht mehr der Wohnwertverbesserung dienen, sondern der Verdrängung. Seinen Ausdruck findet das Geschehen vor allem in steigenden Mieten, abzulesen ist es aber auch – siehe  insbesondere Friedrichshain/Kreuzberg - an den Wahlerfolgen der Partei „Die Grünen“.

Die Mieten in den Beständen der Baualtersklasse „1973 bis 1990 (Ost)“ sind mit 3% nur moderat gestiegen. Das ist kein Wunder, denn die nachholenden Modernisierungen, die gerade in den Plattenbauten in den vergangenen Jahren die großen Mietsteigerungen bewirkten, sind inzwischen abgeschlossen. Zwar sind Marzahn/Hellersdorf längst nicht mehr die Bezirke , in die aus Prenzlauer Berg verdrängte Mieter/innen ausweichen können, weil auch dort Wohnungsangebote knapp geworden sind, aber die ganz große Nachfrage hat hier noch nicht eingesetzt. Doch das wird  sich in Zukunft zu ändern.

Die steigenden Mieten haben ihre Ursache in dem sich ständig vergrößernden Missverhältnis zwischen Nachfrage und Angebot. Die Spekulation kann erst auf dieser Grundlage erblühen. Sie ist ein Ergebnis der Wohnungsknappheit und nicht umgekehrt. In den 90er Jahren wurde ausreichend gebaut und keine „Partizipation“ argumentierte dagegen mit Verschattung oder der Gefährdung einer Frischluftschneise. In diesen Jahren ließ sich der Wohnungsbedarf halbwegs angemessen decken und Umzüge wurden nicht zu einer Existenzfrage. Seit zehn Jahren aber verschiebt sich der Wohnungsmarkt unaufhörlich zu Ungunsten der Mieter/innen. Die Folgen dokumentiert der aktuelle Mietspiegel.

In der gegenwärtigen Regierungskoalition sucht man leider ein Bewusstsein für diese einfachen Zusammenhänge vergeblich.

 

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