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Das Urteil war erwartet worden. Die 3. Zivilkammer des Berliner Landgericht entschied am 3. Juni, dass die Mieter/innen des queerfeministischen Hausprojekts Liebigstraße 34 ihre Wohnungen räumen müssen. Ganze vier Minuten brauchte der zuständige Richter, um über das Schicksal von knapp 40 Bewohner/innen zu entscheiden, die in der Gesellschaft besonders diskriminiert werden und sich in dem Hausprojekt einen Schutzraum geschaffen haben. Die Bewohner/innen führten parallel zur Urteilsverkündung am Mittwoch Vormittag eine künstlerische Performance mit dem bezeichnenden Titel „Keine Gerechtigkeit nirgendwo“ vor dem Haus auf. Circa 200 Unterstützer/innen hatten sich eingefunden. Bereits am 2. Juni hatten Nachbar/innen vor dem Haus zu einer Pressekonferenz unter dem Motto „Nachbar/innen verteidigen Liebig 34“ geladen. „Egal, ob man in einem Hausprojekt oder in einen Miethaus wohnt, wir bleiben alle“, lautete die Botschaft. Auf einem mehrere Meter langen Transparent hatten 25 Stadtteilgruppen, Hausprojekte und Mieter/inneninitiativen bekundet, dass sie ihre Nachbar/innen solidarisch unterstützen werden. Auch die Bezirksgruppe Friedrichshain der Berliner MieterGemeinschaft ist dabei. Sie ist in einer Erklärung auf den Eigentümer der Liebigstraße 34 Gijora Padovicz eingegangen.

„Wie viele andere Eigentümer/innen ist die Immobilienfirma Padovicz seit Jahren dafür bekannt, auf die Interessen der Mieter/innen wenig Rücksicht zu nehmen. Davon zeugen viele Berichte von Mieter/innen aus Padovicz-Häusern, die auf dem Blog Padowatch zu finden sind“, heißt es dort. Im Fall der Liebigstraße 34 wurden die Rechte der Mieter/innen schon dadurch ausgehebelt, dass ein leicht kündbarer Gewerbemietvertrag abgeschlossen wurde, obwohl klar war, dass die Räume bewohnt sind.

Solidarisches Schutzschild beim Räumungstermin
Die Bewohner/innen der Liebig 34 haben in einer Presseerklärung nach dem Urteil erklärt, dass Haus nicht freiwillig räumen zu wollen. Sie kündigen weitere juristische Schritte an. Ihre auch von ihren Anwalt Moritz Heusinger unterstützte Argumentation lautet, dass das Räumungsurteil gegen den falschen Verein erlassen wurde. „Das Urteil heute ist den Raduga e.V. ergangen. Allerdings ist Mittendrin e.V. derzeit im Besitz der Räume. Gegen Mittendrin e.V. liegt kein Räumungstitel vor und somit ist dieser Verein rechtlich gesehen im rechtmäßigen Besitz der Räume in der Liebig 34.“Ob sich ein Gericht dieser Lesart anschließt, ist fraglich. Die Bewohner/innen und Unterstützer/innen verlassen sich jedenfalls nicht darauf und rechnen damit, dass bald ein Räumungstermin bekannt gegeben wird. Sie wollen dann ihr Versprechen umsetzen, sich als solidarische Schutzschilde vor das Haus zu stellen. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Räumungsversuch abgebrochen werden musste, weil für die Gerichtsvollzieher/innen kein Durchkommen war.

Peter Nowak

 

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