MieterEcho online 06.03.2017
Im Lettekiez droht Verdrängung durch Modernisierungen
Im Lettekiez in Reinickendorf formiert sich Widerstand gegen Art und Umfang der geplanten Modernisierungen in einer Wohnanlage der börsennotierten Gesellschaft Vonovia (vormals Deutsche Annington) Betroffen sind rund 600 Wohnungen, die in zwei Etappen – jeweils 300 Einheiten - umfassend saniert und modernisiert werden sollen. Eine erste Modernisierungsankündiging im April 2016 sahen für die größtenteils 50-60 Quadratmetern großen Wohnungen monatliche Modernisierungszuschläge von bis zu 120 Euro vor. Daraufhin gründete sich die Gruppe „Mieterprotest Lettekiez“ und nach ersten Gesprächen zog Vonovia die Ankündigung zurück und versprach deren Überarbeitung. Doch Ende Februar 2017 „kam es dann richtig dicke“ wie eine Sprecherin der Gruppe gegenüber me online äußerte. Alles was laut Mietspiegel als wohnwertsteigernd gilt und als Modernisierung umlagefähig ist, soll jetzt durchgeführt werden. Als „Bonbon“ gibt es eine längst überfällige Beseitigung aller Mängel (die ohnehin Pflicht des Vermieters ist) sowie eine Begrenzung der Modernierungsumlage auf maximal 1,50 € pro Quadratmeter . Durch „wohnwerterhöhende Merkmale“ wie Hänge-WC , Beheizbare Handtuchhalter u.ä. könnte zudem der zulässige Mietspiegelwert um bis zu ein Euro steigen. Zudem sei die von Vonovia angegebene Heizkostenersparnis durch die energetische Modernisierung in einer Größenordnung von 50 Prozent vollkommen unrealistisch, sagen die aktiven Mieter.
Für viele Bewohner der Anlage wären diese Erhöhungen „eine Katastrophe“, Denn hier wohnen viele Kleinrentner, Transferleistungsbezieher und Geringverdiener.
Nach Angaben der Protestgruppe, ging Vonovia bei der Erlangung der Unterschriften für die Zustimmungserklärungen äußerst trickreich vor. Im Rahmen von „Beratungsgesprächen“ in einem eigens dafür eingerichteten Büro sei arglosen Mietern mit den Worten “wenn Sie mit der Beratung zufrieden waren und keine weiteren Fragen haben, müssten sie hier ein Kreuz machen und unterschreiben” dazu gedrängtt, die Duldungserklärung zu unterschreiben – ohne dass sie auf die rechtlichen Folgen dieser Unterschrift hingewiesen worden seien, berichtet eine Mieterin, die Zeuge eines derartigen Gesprächs war. Ein Vonovia-Sprecher versprach auf me-Anfrage, diesem Vorwurf nachzugehen, um mögliche Fehler bei der Beratung zu korrigieren. Dies könne aber einige Zeit in Anspruch nehmen.
Die Gruppe will nun erreichen, dass alle Mieter eine individuelle Modernisierungsvereinbarung bekommen, in denen neben wohnungsspezifischen Baudetails auch auf eine Erhöhung der Miete nach § 559 (Mietspiegelanpassung) in den nächsten vier Jahren verzichtet wird. Auf einer weiteren Mieterversammlung sollen die Bewohner umfassend über ihre Rechte aufgeklärt werden, z.B. die Geltendmachung von besonderen Härten. Vor allem solle niemand eine Erklärung unterschreiben , bevor sie anwaltlich geprüft sei, betont die Initiative. Zumal auch ein Gutachter erhebliche Zweifel an der in der Ankündigung dargelegten Gewichtung zwischen mietenneutraler Instandhaltung und umlagefähiger Modernisierung geäußert habe. Wer allerdings die Erklärung unterschreibt oder unterschrieben hat, für den komme leider jede Hilfe zu spät.
Rainer Balcerowiak
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