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MieterEcho online 30.07.2013

Vom Markt bestimmt

Auch bei Leerstand lässt der Berliner Senat den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften freie Hand.
Bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen stehen tausende Wohnungen "vermarktungsbedingt" und "modernisierungsbedingt" leer. Mit dem "Mietenbündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten"wollte die SPD/CDU-Koalition der rot-roten Hinterlassenschaft eines angespannten Wohnungsmarktes begegnen. Doch statt einer bedarfsorientierten Vermietungspraxis verlangt der Senat von den Gesellschaften vor allem unternehmerisches Handeln.

Wer eine Wohnung sucht hat wenig Auswahl. Sagt ein Angebot zu, dann ist der Mietpreis immer seltener erschwinglich. Das gilt auch insbesondere auch für die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften. Mehr noch: Ob HOWOGE, Gesobau, Gewobag, DEGEWO, die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) oder Stadt und Land, die ursprünglich zum Zweck der sozialen Wohnraumversorgung für untere Einkommensbezieher/innen und als Korrektiv gegen Exzesse auf dem Wohnungsmarkt etablierten Unternehmen heizen die Entwicklung sogar noch an - mit 5,60 Euro pro qm2 und Monat nettokalt liegen die Durchschnittsmieten bei den städtischen Unternehmen immer noch über denen selbst des soeben vorlegten neuen Mietspiegels.

Leerstand bis zu 13 Monate

Den Auftrag, geschweige denn die Verpflichtung, eine bedarfsorientierte Wohnraumversorgung für Haushalte mit Hilfebedarf zu betreiben obliegt den Wohnungsunternehmen, die sich im Eigentum des Landes Berlin befinden, dennoch nicht. Selbst in Fällen von Leerstand existieren keine Vorgaben seitens des Senates. "Es ist Aufgabe unternehmerischen Handelns, die Voraussetzungen für eine zügige Wiedervermietung zu schaffen", heisst es dazu lapidar in einer Stellungnahme der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Und dies, obwohl nach eigenen Angaben derzeit rund 2900 Wohnungen bei den städtischen Wohnungsgesellschaften "vermarktungsbedingt" leer stehen. Während der durchschnittliche Leerstand bis zu drei Monate andauere, stünden "Wohnungen in wenig nachgefragten Wohnlagen auch längere Zeit leer". Darüber hinaus seien aktuell 2.850 Wohnungen "modernisierungsbedingt" nicht bewohnt. "Die durchschnittliche Dauer des modernisierungsbedingten Leerstandes ist stark abhängig vom Umfang der jeweiligen Modernisierung und beträgt ca. 2 -13 Monate", so die Wohnungsbaugesellschaften übereinstimmend.

Keine Senkung der Angebotsmieten
Mit Blick auf einzelne Angebotsmieten der Gesellschaften dürften bei den ins Feld geführten Gründen allerdings berechtigte Zweifel aufkommen. So verlangte die Gewobag Anfang des Jahres in der Thomas-Mann-Strasse in Prenzlauer Berg 10,20 Euro nettokalt pro qm2, die DEGEWO in Friedrichshagen 10,51 Euro und die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) für eine Wohnung unweit der lärmbelasteten Leipziger Strasse in Mitte sogar 15,25 Euro pro qm2 nettokalt. Dabei hatten sich diese Anfang September 2012 zu einem Umsteuern in der Preispolitik verpflichtet. "Die städtischen Wohnungsunternehmen wirken mit Nettokaltmieten unterhalb des Berliner Mietspiegeldurchschnitts mietpreisdämpfend", hatten Senat und landeseigene Wohnungsunternehmen seinerzeit im Rahmen des "Mietenbündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten" gemeinsam festgeschrieben. Auch in Bezug auf die Leerstandsproblematik handelt es sich offenbar lediglich um eine Absichtserklärung. Auf eine parlamentarische Anfrage hinsichtlich einer Verpflichtung die Angebotsmiete für den Fall zu senken, in dem es seit Auszug des Vormieters, dem Abschluss der Modernisierung oder der Neuerrichtung nicht zu einem Vertragsabschluss gekommen ist, stellt die Landesregierung klar: "Eine solche Regelung gibt es für die städtischen Wohnungsbaugesellschaften nicht." Auch eine Auflage zur grundsätzlichen Zwischenvermietungspflicht bei längerfristig geplanten Um- und Neubaumaßnahmen will die rot-schwarze Koalition nicht einführen.
Ob mit der geplanten Zweckentfremdungsverbot-Verordnung Bewegung in die starre Haltung der Wohnungsbaugesellschaften kommt bleibt abzuwarten. Immerhin sieht der gegenwärtige Entwurf vor, "dass der Leerstand einer Wohnung von mehr als sechs Monaten unter einem generellen Zweckentfremdungsverbot mit Genehmigungsvorbehalt steht."

Christian Linde
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