Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

MieterEcho online - 05.12.2011

Mut zur Lücke

Berlins neuer Justiz- und Verbraucherschutzsenator hat weitreichende Erfahrungen - nur nicht in Justiz und Verbraucherschutz


Nachdem sich Michael Braun als Vertreter der alten Berliner CDU nach kurzer Zeit wieder von seinem Senatorenposten verabschiedete, dauerte es einige Zeit, bis CDU-Chef und Innensenator Frank Henkel einen Nachfolger fand. Dass die Suche so lange dauerte, ist ein Hinweis darauf, dass vorzeigbares Spitzenpersonal in der Berliner CDU nicht breit gestreut zu sein scheint. Ein weiterer Hinweis darauf ist, dass Henkels Wahl schließlich auf Thomas Heilmann fiel. Was diesen zum Justiz- und Verbraucherschutzsenator qualifizieren soll, ist unklar. Heilmann ist zwar Volljurist, seinen bisherigen Berufsweg beschritt er allerdings fernab von Parlament und Verwaltung in der Werbe- und Agenturbranche.


Seit 2009 ist Heilmann neben den altberliner Gewächsen Frank Steffel und Michael Braun stellvertretender Landesvorsitzender der CDU. Stadtpolitisch aufgefallen ist er zum Beispiel im März 2010 durch die Erarbeitung des CDU-Konzepts zur Lösung der S-Bahn-Krise, in welchem recht oft die Vokabel "Wettbewerb" vorkommt. Bundespolitisch war er für die CDU ab 2000 als "Internetsprecher" engagiert und soll der damals neuen CDU-Vorsitzenden Angela Merkel bei der Formulierung ihrer Thesen zur "neuen sozialen Marktwirtschaft" behilflich gewesen sein. Nach der Entlassung Brauns bekam er das Jobangebot von Henkel. Er habe sich allerdings eine Bedenkzeit ausgebeten, während Henkel sich reihenweise Absagen anderer potentieller Senator/innen einholte. Anfang Januar gab Henkel dann bekannt, dass er Heilmann als neuen Senator vorschlagen werde. Dieser bringe "frische Ideen" mit und sei "eines der prägenden Gesichter der neuen CDU". Warum die angeblich neue CDU ihre frischen Köpfe nicht gleich in die erste Reihe rückte, sondern zuerst eine fast klassische West-Berliner Affäre verursachte, bleibt dabei Henkels Geheimnis. Immerhin hatte Heilmann an den Koalitionsgesprächen mit der SPD teilgenommen und war zuvor an der Konzeption des Wahlkampfs beteiligt. Bei der ersten Runde der Postenvergabe ging er dann allerdings leer aus. Die "Hauptstadtpresse" reagierte auf die Wahl Heilmanns zum größten Teil brav und freundlich verhalten. Der Tagesspiegel schrieb, er sei "einer, der für Erneuerung steht". Selbst die taz lobte Heilmann fast überschwänglich. Klar könne er auch den Justizsenator geben, schließlich sei er als Unternehmer erfolgreich und eine Senatsverwaltung scheint für die taz wohl auch nichts anderes zu sein, als eine Art Unternehmensbereich, in den sich jede/r schon irgendwie einarbeiten kann.

Erfolgreicher Unternehmer
In der Tat, der Unternehmer Heilmann hat es immerhin geschafft, die Glücksritterzeit der New Economy unbeschadet zu überstehen und seine Schäfchen rechtzeitig ins Trockene zu bringen. Heute ist er an einigen Unternehmen dieser Branche beteiligt und war bis zur Ernennung zum Senator Mitglied in verschiedenen Aufsichtsräten. Der Verkauf seiner Facebook-Anteile zur richtigen Zeit soll für ihn recht einträglich gewesen sein. Als Unternehmer bundesweit bekannt wurde er als einer der Gründerväter der Agentur Scholz & Friends, deren Geschicke er jahrelang maßgeblich mit steuerte. Die bekannteste "Erfindung" der Agentur ist wohl die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Diese vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall und verschiedenen Unternehmen getragene GmbH versteht sich selbst als "Denkfabrik", die nach eigenen Angaben die "konsequente und konsistente wettbewerbliche Ausrichtung unserer Wirtschafts- und Sozialordnung" zum Ziel hat. Vor diesem Hintergrund ist die "Liberalität", die Heilmann von manchen Pressevertreter/innen zugebilligt wird, eher weniger freiheitlich zu verstehen, sondern geht in die Richtung dumpfer Unternehmenshörigkeit - was man Neoliberalismus nennt. Dass Heilmann keinerlei Erfahrung in den von ihm zu leitenden Bereichen hat, muss nicht unbedingt ein Nachteil sein. Es ist ja auch nicht das erste Mal, dass jemand ohne ausgewiesene Fachkenntnisse in Berlin Senator/in wird. Und im Falle Heilmann hätte es durchaus schlimmer kommen können: Wenn er mit seinen neoliberalen Kurzkonzepten zuständig für Arbeit und Soziales geworden wäre.

Benedict Ugarte Chacon

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