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MieterEcho online 12.07.2013

Alles ganz entspannt

Immobilienverband Deutschlands bestreitet Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Berlin und warnt vor Kappungsgrenzen bei Neuvermietungen  [Rainer Balcerowiak] 

 

Der Immobilienverband Deutschland (IVD) bewertet den Wohnungsmarkt in Berlin als „gesund und dynamisch“,  bestreitet aber eine Verknappung von preiswertem Wohnraum. Jenseits einiger „Hotspots“ in begehrten Innenstadtlagen gebe es nahezu in der ganzen Stadt ausreichend preiswerte Mietwohnungen, behauptete am Mittwoch IVD-Vizepräsident Jürgen Michael Schick bei einem Pressegespräch. Die Neuvertragskaltmieten hätten sich im vergangenen Jahr in Standardlagen um durchschnittlich drei Prozent auf 6,90 Euro pro Quadratmeter erhöht. 2011 habe die Steigerungsrate noch acht Prozent betragen. Die „gewichtete Durchschnittsmiete“ betrage laut aktuellem Mietspiegel in der Hauptstadt 5,54 Euro pro Quadratmeter. Daten über den mittlerweile in vielen Stadtteilen dramatischen Mangel an kleineren Wohnungen, die auch für Niedriglöhner und Hartz-IV-Bezieher erschwinglich sind, hat der Verband allerdings nicht erhoben.

Als Hauptgrund für die „nachlassende Dynamik“ bei den Mieten sieht der IVD die „anziehende Neubautätigkeit“, was angesichts der geringen Fertigstellungszahlen eine gelinde gesagt gewagte Behauptung ist. Richtig wirr wird es allerdings, wenn der Verband einerseits die Lage bei der Neuvertragsmieten für entspannt erklärt und andererseits behauptet, dass die mittlerweile von fast allen Parteien im Bundestagswahlkampf geforderten Kappungsgrenzen „diese Entwicklung abwürgen“ würden und „allein die Diskussion einer verschärften Regulierung der Mietmärkte viele Investoren verunsichert“. Denn Erstbezugsmieten bei Neubauten sollen  auch nach den Vorstellungen von SPD und Grünen von der geplanten mietspiegelbezogenen Kappung ausgenommen werden.

 Dass Neubau ohne direkte öffentliche Unterstützung kaum geeignet sein wird, die Wohnraumsituation in Berlin für Geringverdiener zu entspannen, zeigen auch die aktuellen Projekte der Wohnungsbaugesellschaft HOWEGE in Hohenschönhausen und Lichtenberg, die bei dem Pressegespräch vorgestellt wurden. Nach Auskunft von HOWOGE-Geschäftsführerin Stefanie Frensch werden die Durchschnittsmieten bei neun Euro liegen. Einige Wohnungen werde es aber bereits für „ungefähr“ sieben Euro pro Quadratmeter geben.

 In einem „Thesenpapier“ von Frensch heißt es: „Es gilt, ganzheitliche Konzepte und Instrumente zu entwickeln, die es ermöglichen, Wohnungen für alle Bevölkerungsschichten zu errichten“ und in möglichst vielen Quartieren „die soziale Durchmischung der Bewohnerschaft zu gewährleisten“. Dass es gerade in Berlin sehr viele Menschen gibt, für die selbst die günstigsten derzeit bei Neubauten verlangten Kaltmieten schlicht unbezahlbar sind, wird dabei konsequent ausgeklammert.  

 

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