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MieterEcho online 15.01.2019

Guter Plan oder Nebelkerze? Michael Müller will GSW-Bestände zurückkaufen.

Mit seinem Vorstoß für einen Rückkauf der alten Bestände der 2004 vom „rot-roten“ Senat an Finanzinvestoren verkauften kommunalen Wohnungsbaugesellschaft GSW hat Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller für heftige Reaktionen gesorgt.Knapp 50.000 frühere GSW-Wohnungen befinden sich jetzt im Besitz des Immobilienkonzerns Deutsche Wohnen, der insgesamt in Berlin über 116.000 Wohnungen verfügt.

Während Vertreter der FDP und CDU von „völlig irrwitzigen Plänen“ und „Größenwahn“ sprachen und verstärkte Investitionen in den Neubau anmahnten, verteidigte Müller seine Pläne. Angesichts der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt und den Problemen die es immer wieder mit der Deutsche Wohnen gebe, seien diese Bestände „ein riesiger Bereich an Wohnungen, den wir gern wieder in unserem Besitz hätten“, so Müller am Freitag auf seiner Pressekonferenz zum Jahresauftakt.

Der Konzern gab sich in ersten Reaktionen gelassen. Zwar denke man nicht an einen Paketverkauf, aber bei Teilverkäufen könne man das Land Berlin bevorzugt berücksichtigen, erklärte ein Sprecher.

Ohnehin kämen derartige Rückkäufe das Land teuer zu stehen. So muss die landeseigene Gewobag für den juristisch noch nicht endgültig geklärten Erwerb von 316 Wohnungen in der Karl-Marx-Allee laut Tagesspiegel knapp 100 Millionen Euro bezahlen, bei einem durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 3750 Euro. Hochgerechnet auf die GSW-Bestände der Deutsche Wohnen könnte deren Rückkauf mit bis zu 13, 7 Milliarden Euro zu Buche schlagen – ohne das in Berlin dringend benötigter neuer Wohnraum geschaffen würde. Die damals noch 66.000 Wohn- und Gewerbeeinheiten der GSW wurden 2004 vom Senat für 405 Millionen plus Schuldenübernahme in Höhe von 1,56 Milliardenn Euro verkauft.

Zwar betonte Müller auf der Veranstaltung auch die Notwendigkeit, das von der Koalition angepeilte und 2018 nach seinen Angaben erreichte Ziel von 15.000 fertiggestellten Wohnungen pro Jahr „zu verstetigen“. Doch beim Neubau hakt es gewaltig: Von der Bereitstellung von Bauland über schleppende Planungs- und Genehmigungsverfahren bis hin zur spekulativen Hortung bereits baureifer Grundstücke durch Investoren. So gesehen ist Müllers Vorstoß wohl auch als eine Art Nebelkerze zu verstehen. Denn die Geisterdebatte um die Rekommunalisierung riesiger Bestände beherrscht derzeit die wohnungspolitische Debatte, zusätzlich befeuert durch ein von Müllers Regierungspartnern Grüne und Linke unterstütztes Volksbegehren zur Enteignung der Deutsche Wohnen. Doch ohne forcierten Neubau in möglichst kommunaler Trägerschaft lässt sich der dramatische Mangel an bezahlbarem Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten weder kurz- noch langfristig überwinden.

 

Rainer Balcerowiak

 

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