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Mieterecho online 12.07,2016

Offenes Schreiben an das Jobcenter Berlin Mitte

Es geht um die Respektierung, den Schutz und die Gewährleistung der wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und politischen Rechte aller Armen in Berlin Mitte im alltäglichen Leben. Ein Hindernis ist das ignorante und verächtliche Verhalten der Jobcenter. Unter dem scheinbar schönen Label „Bürokratieabbau“ werden ständig neue Schikanen (hausinterne Regelungen, Dienstanweisungen, Novellierung von Gesetzen) ausgeheckt.

Ein zentrales Thema ist der Umgang der Jobcenter mit Anträgen auf Umzugsgenehmigung und Zusicherung der Mietkostenübernahme der neuen Wohnung

Eine Reduzierung des bürokratischen Aufwandes auf ein Minimum bei Umzügen in eine neue Wohnung bedeutete für Ihre Behörde die Anerkennung, dass Menschen dann umziehen, wenn sie es selbst für notwendig erachten. Es drückte Ihren Respekt aus. Und es würde die Tatsache berücksichtigen, dass es kaum bezahlbaren Wohnraum gibt.

Eine freie Wahl des Wohnortes armer Leute scheint nicht gewollt zu sein. Das zeigt der Berg an Hürden, den wir vor Abschluss eines Mietvertrages beim Jobcenter zu erledigen genötigt sind. Da ist eine Erlaubnis zum Umzug einzuholen. Daran hängen dann wiederum die Bewilligung der Umzugskosten, Kaution und der Mietkosten. Oft verweigern Ihre Mitarbeiter*innen den Umzug komplett. Wiederholt verschleppt Ihre Behörde die Bearbeitung der Zusage. Das hat zur Folge, dass Wohnungsangebote weg sind. Manches Mal, wenn Sie einer obdachlosen Familie den Einzug in eine Wohnung verwehrt haben, konnten wir bei unserer Begleitung förmlich ihre Freude an dieser Machtdemonstration spüren. Wiederkehrend verweigert ihrer Behörde die Kaution für Untermietverträge. Eine Kaution ist nur ein Darlehen und monatlich mit 40,40€ von uns zurückzuzahlen.

Ihre Praxis ist inakzeptabel. Wir erwarten eine schriftliche Bestätigung vom Jobcenter Berlin Mitte zu folgenden zwei Punkten:

- Über die Zusicherung der Mietkosten/Wohnkosten muss sofort entschieden werden. Sonst ist die Wohnung weg.

- Wenn eine Kaution festgelegt ist, muss diese übernommen werden, auch für Untermietverträge.

Die Umsetzung unseres Anliegens würde den durch chronischen Geldmangel, Bevormundung und Schikanen geprägten Alltag vieler ALGII-Berechtigter in einem kleinen, aber wichtigen Teilbereich ein wenig entlasten. Die schriftliche Zusage könnte der häufigen Praxis ihrer Behörde ein Ende setzen Umzüge in eine andere Wohnung faktisch unmöglich zu machen.

„Jobcenter und landeseigene Wohnungsbaugesellschaften sind Teil einer staatlichen Koproduktion von Zwangsräumungen und erzwungenen Umzügen“, heißt es in der Berliner Studie „Zwangsräumungen und die Krise des Hilfesystems“ von der Berliner Humboldt Universität. Unsere Alltagserfahrungen bestätigen das wissenschaftliche Ergebnis.

Wir erleben das System Jobcenter in seiner Inhumanität versteinert und die gewählten Zumutungen für Kunden als repressiv und dumpf. Zudem gibt das System Jobcenter seinen Angestellten die Möglichkeit, Aggressionen und Vorurteile im Kundenkontakt abzuladen. Als selbstorganisierter Zusammenschluss armer Leute in der Erwerbsloseninitiative Basta setzten wir unsere Solidaritätsbeziehungen dagegen, um nicht in das Rollenmuster vereinzelter und einsamer Bittsteller*innen gezwängt zu werden.

Wir erwarten Ihre Stellungnahme zu den zwei Punkten an folgende Adresse

Erwerbsloseninitiative Basta
Schererstraße 8
13347 Berlin

 

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