Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 449 / Mai 2025

Vonovia: An der Börse hui, für die Mieter/innen pfui

Mit allen erdenklichen Tricks versucht der Konzern Extraprofite zu generieren

Von Tom Küstner

Der Konzernchef der Vonovia SE, Rolf Buch, spricht gerne von „eitel Sonnenschein“ , wenn es um die wirtschaftliche Lage des Unternehmens geht. Und tatsächlich: Mit einer Dividendenrendite von rund 4,8% zeigt sich Vonovia an der Börse für die Aktionär/innen attraktiv. Doch hinter der glänzenden Fassade brodelt es. Die Verschuldung des Konzerns ist hoch und immer wieder gerät das Unternehmen mit fragwürdigen Geschäftspraktiken in die Schlagzeilen.

Im Berliner Bezirk Lichtenberg will Vonovia weiter expandieren. An der Kreuzung Schlichtallee/Hauptstraße plant der Konzern den Bau von 158 neuen Wohnungen. Für Anwohner/innen ein Grund zur Sorge: Es drohen Lärm, Staub und Einschränkungen im Alltag. Seit vielen Jahren ist die Bezirksgruppe Lichtenberg der Berliner MieterGemeinschaft (BMG) aktiv und kämpft für die Durchsetzung der Interessen von Mieter/innen. So auch dieses Mal. Gemeinsam mit Mieter/innen der umliegenden Gebäude des Neubauvorhabens hat die Bezirksgruppe zusammen mit Anwält/innen der BMG eine Hausversammlung organisiert. Ihr Ziel: eine pauschale Mietminderung für alle Betroffenen während der Bauphase.

Das Mietrecht ist in diesem Fall zwar Individualrecht, und Pauschallösungen gibt es üblicherweise nicht. Erst wenn einzelne Mieter/innen erfolgreich vor Gericht klagen, könnte sich der Konzern gezwungen sehen, eine allgemeine Regelung zu akzeptieren. Doch Zusammenhalt und Solidarität, die entstehen, wenn Mieter/innen sich miteinander verbünden, sind eine wichtige Voraussetzung, um gemeinsam auch lange, nervenaufreibende Auseinandersetzungen gegen einen Vermieter durchzustehen.

Unzulässige Mieterhöhungen

Besonders deutlich wird das krude System Vonovia im Fall einer Mieterin aus Hohenschönhausen. Seit Jahrzehnten wohnt sie dort und hat bereits mehrere Eigentümerwechsel ihrer Wohnung miterlebt. Nach dem letzten Verkauf an die inzwischen von Vonovia übernommene Deutsche Wohnen begann ein zermürbender Kampf. Obwohl sie ihre Miete stets pünktlich und vollständig bezahlt hatte, erhält sie regelmäßig Mahnschreiben. Schriftliche Erklärungen per Einschreiben bleiben unbeantwortet. Der Versuch, die Angelegenheit telefonisch zu klären, endet nach langer Warteschleife mit der Erkenntnis, dass die Callcenter-Mitarbeiter/innen ebenfalls keine Auskunft geben können.

Brisant: Der angeblich fehlende Betrag entspricht exakt dem Guthaben aus ihrer letzten Heizkostenabrechnung. Ein Zufall? Unwahrscheinlich. Vielmehr spricht einiges dafür, dass ein automatisierter Fehler im Buchungssystem vorliegt. Juristisch mag die Mieterin auf der sicheren Seite sein – psychologisch jedoch sind die wiederholten Mahnungen eine Zumutung.

Um seine Erträge zu steigern, bemüht der Konzern alle nur erdenklichen Tricks. In jüngster Zeit versuchte er mehrfach, Mieterhöhungsverlangen damit zu begründen, dass sich in der näheren Umgebung der Wohnung Supermärkte, Arztpraxen und Bushaltestellen, also eine gute Anbindung an den ÖPNV, befänden. Das wären „wohnwerterhöhende Merkmale“, fantasierten die Rechtsverdreher der Vonovia. Vor Gericht scheiterten sie mehrfach mit derlei Rabulistik. Einzelhandel und gute ÖPNV-Anbindung sind kein Luxus, sondern selbstverständlich in einer Großstadt.

Das zeigt: Es lohnt sich, sich bei unlauteren Mieterhöhungen rechtlich zur Wehr zu setzen. Doch trotz Niederlagen vor Gericht versucht der Konzern es immer wieder erneut. Offenbar mit der Absicht, langfristig eine Verwässerung des Begriffs  „wohnwerterhöhende Merkmale“ zu erreichen. Für Mieter/innen bedeutet es also, wachsam und notfalls kämpferisch zu bleiben, um für leistbare Mieten zu streiten.

Während Anleger/innen hohe Dividenden einstreichen, bleibt für Mieter/innen der Eindruck zurück, dass Kundenservice und soziale Verantwortung dem Effizienzdenken geopfert wurden. Von eitel Sonnenschein kann für sie keine Rede sein. Vielmehr wirft der Umgang mit Beschwerden, Bauprojekten und Mieterhöhungen die Frage auf, ob das aktuelle Geschäftsmodell mit dem Anspruch auf gutes Wohnen überhaupt vereinbar ist.       

 

Kontakt zu Bezirksgruppen finden Sie hier, Informationen zu Hausversammlungen hier.


MieterEcho 449 / Mai 2025

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