Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 449 / Mai 2025

Voller krimineller Energie

Immobilienhaie und Bauherren als Bankrotteure und Pleitiers – eine unvollständige Chronik

Von Oliver Rast

Sie präsentieren sich als Visionäre der Großstadtentwicklung. Ihre Namen: Christoph Gröner, Nikolaus Ziegert, Christian Völkers, Lars Windhorst u. a. Nur, Selbstbilder sind oft Trugbilder, und ihre Konterfeis würden eher auf ein Fahndungsplakat passen als auf ein Hochglanzposter. „Visionäre“ als mafiöse Immobilienhaie, als kriminelle Bauherren.

Beginnen wir mit Christoph Gröner, der einen steilen Aufstieg in der Immobilienbranche hingelegt hatte. Doch Krisenzeichen gab es bei Deutschlands „schillerndstem Baulöwen“ seit Jahren. Anfang November 2024 stellte die Gröner Group schließlich einen Insolvenzantrag. Vier Wochen später schlugen Ermittler der Staatsanwaltschaft und der Polizeidirektion Leipzig dem Handelsblatt zufolge zu: Durchsuchungen in Geschäftsräumen der Unternehmensgruppe und Privatwohnungen von Gröner und einigen Mitarbeitern. Ermittelt werde wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung und der Veruntreuung von Arbeitsentgelt, hieß es seitens der Behörden. Die wollten Unterlagen sicherstellen, die „den Zeitpunkt einer möglichen Zahlungsunfähigkeit bestimmen“ könnten. 

Der Beschuldigte reagierte eher weinerlich, und Schuldige hatte der Beschuldigte rasch ausgemacht: Noch im September 2024 sei er fest davon ausgegangen, dass er mit der Vernunft der Investoren und Gläubiger, „aber auch mit dem Verantwortungsbewusstsein von Medien rechnen durfte“, so Gröner. Diese Einschätzung habe sich als falsch erwiesen. Er müsse deshalb seine Aussage „Insolvenz ist für mich keine Option“ zurückziehen.

Bemerkenswert: Geld scheint bisweilen da zu sein. Etwa für Großspenden an die Hauptstadt-CDU. Vor der Abgeordnetenhauswahl im September 2021 hatte Gröner insgesamt 820.000 Euro in den Spendentopf gesteckt. Wohl in der Erwartung, dass sich die CDU für ein Ende des damaligen Mietendeckels einsetzen würde. 

Insolvenzen und Ermittlungen 

Spuren in der umfangreichen Chronique scandaleuse der jüngeren Berliner Baugeschichte hat Gröner so einige hinterlassen. Etwa die Stahlgerippe auf der Dauerbaustelle Steglitzer Kreisel. Eigentlich geplant als „Vorzeigebau“ der Moderne, fertiggestellt 1980 nach vormaligem Baustopp samt Insolvenz. Und jetzt? Ein asbestverseuchter Gebäudekomplex mit Hochhausturm und 30 Etagen in der Schloßstraße. Das Areal eingezäunt, vergittert. Der Bau bis auf die Grundmauern entkernt, von Netzen umspannt. Eine Ruine. Seit einem Jahrzehnt. 

Eigentümerin des Steglitzer Kreisels ist die Consus Real Estate, eine Tochter der luxemburgischen Adler Group. Ehemalig, und da wären wir wieder bei Christoph Gröner, hatte dessen frühere CG Gruppe den Kreisel im Portfolio. Gröners Unternehmen ging bis 2020 schrittweise in der Consus Real Estate auf.

Und die News in der Endlos-Kreisel-Geschichte: Das Landgericht Berlin hat jüngst ein Zwangsgeld von 10.000 Euro gegen zwei Adler-Firmen verhängt. Zahlen sie nicht, soll der Geschäftsführer zwanzig Tage in den Bau für den Bauschutt – sprich: Ersatzfreiheitsstrafe. Geklagt hatte ein Käufer einer Eigentumswohnung mit Tiefgaragenstellplatz im Hochhausturm. Wohnraum plus Stellplatz hätten im Juni 2022 bezugsfertig bzw. nutzbar sein sollen. Eigentlich. Der Konfliktpunkt dabei: Die Pläne der Consus Real Estate sehen keine Parkplätze mehr vor, stattdessen Gewerbefläche. 

Kommen wir zu einem anderen Berliner „Immobilienkönig“: Nikolaus Ziegert. Seit 40 Jahren ist der frühere Blumenhändler im Business. Mit mehr als 20.000 verkauften Wohnungen gilt Ziegert als Marktführer in der Hauptstadt, „und bundesweit als einer der großen, nicht börsennotierten Player im Immobiliengeschäft“, meinte Ende März die Wirtschaftswoche. Unternehmensangaben zufolge soll die Ziegert Group 2021 und 2022 ein Verkaufsvolumen von 845 Millionen Euro erzielt haben. Nun scheint das „Königreich“ existenziell bedroht: Insolvenz. 

Einen entsprechenden Antrag habe der Firmengründer für seine beiden Hauptgesellschaften, die Ziegert GmbH und Incept GmbH, beim Amtsgericht Charlottenburg eingereicht, so der Tagesspiegel unlängst in einem Beitrag. Die Unternehmensgruppe steht jetzt unter vermögensrechtlicher Aufsicht, wird aber fortgeführt. Solange noch nicht das Hauptverfahren eröffnet wird, bleiben Ziegert und dessen Geschäftsführer in der Verantwortung. 

Grund für den Schritt in die Insolvenz sei ein „nachhaltig und dauerhaft schlechtes Marktumfeld für den Wohnimmobiliensektor mit hohen Zinsen, steigenden Baukosten und einer negativ geprägten Stimmung unter Immobilienkäufern“, heißt es in einem Firmenstatement. Übrigens, im Beirat des Unternehmens sitzen Promis wie der frühere Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) und der Ex-Vorstandsvorsitzende der Dresdner Bank, Bernd Fahrholz.

Was wird aus Ziegerts Bauvorhaben? Wohl nichts Gutes. Pläne für das neue Wohn- und Gewerbeprojekt auf der Mierendorff-Insel in Charlottenburg-Nord sind laut Tagesspiegel März gestoppt. Dort sollten auf dem Grundstück etwa knapp 20.000 qm Bruttogrundfläche für freifinanzierte und geförderte Wohnungen entstehen. Jetzt wird händeringend ein neuer Eigentümer gesucht. 

Auch die Luxusmakler des deutschen Branchenprimus Engel & Völkers (E&V) standen einige Monate im Visier der Ermittler, berichtete das Handelsblatt Ende März. Bereits Mitte Dezember waren rund 300 Beamte bundesweit ausgerückt, um 18 Büros der E&V-Gruppe zu durchsuchen. Selbstständige Makler würden im E&V- Franchisekonstrukt beim Lizenznehmer in Bielefeld faktisch als abhängig Beschäftigte arbeiten. Also arbeiten, ohne dass dafür der E&V-Lizenznehmer Sozialabgaben zahlt. Zwar wurden die Ermittlungen gegen die  Geschäftsführung Anfang April eingestellt, weil nicht nachweisbar sei, „dass ein System von Scheinselbständigkeit durch die Franchisegeberin vorgegeben oder gefördert wurde“, wie die federführende Staatsanwaltschaft Bielefeld mitteilte. Aber „die Ermittlungen wegen des Verdachts der Beschäftigung von scheinselbstständigen Immobilienmaklern auf Ebene der Franchisenehmer werden hingegen fortgeführt“, betonten die Ermittler. 

In dieses System fließt sehr viel Geld. Laut dem letzten bislang veröffentlichten Konzernabschluss für 2023 nahmen die rund 13.000 Makler 1,1 Milliarden Euro Verkaufsprovisionen ein. In der Branche hatten die Ermittlungen für erhebliche Unruhe gesorgt. „Alle schauen beim Verfahren genau hin, und viele fürchten, dass die Ermittlungen weitere Kreise ziehen“, zitiert das Handelsblatt einen „Insider“.        

Unsere Besten: Windhorst und Benko

Dann gibt es da noch das „Wunderkind“ Lars Windhorst, von dem seinerzeit sogar Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) schwer beeindruckt war. Wundersam waren Windhorsts Investments in der Tat. Beispiel: Das Ihme-Zentrum in Hannover. Ein 1974 eingeweihter Wohn- und Gewerbekomplex  direkt am gleichnamigen Fluss im Stadtteil Linden-Mitte.

Mehrheitseigentümer ist seit 2019 die Projekt IZ Hannover (PIZ), die zum Firmengeflecht von Lars Windhorst gehört. Noch, denn Windhorst ist gleichfalls ein insolventer Immohai. Zwischendurch hatte Windhorst einen Haftbefehl im Briefkasten. Er soll im PIZ-Insolvenzantragsverfahren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sein und einem Anhörungstermin vor dem Insolvenzgericht unentschuldigt ferngeblieben sein. Etwas anderes ging zwischendrin aber immer: Spenden. Windhorst hatte vor der Bundestagswahl 2021 jeweils 250.000 Euro für die CDU und die FDP übrig, laut Medienberichten verschleiert über Briefkastenfirmen. 

Einer stellt aber alle in den Schatten: René Benko, der Gründer der SIGNA Holding. Die Unternehmensgruppe des Österreichers soll weltweit Immobilien im Wert von 25 Milliarden Euro besessen haben. Doch Benkos undurchsichtiges Konglomerat ist pleite. Gläubiger fordern Milliardensummen und mehrere Staatsanwaltschaften in Europa ermitteln. Benko und Familienangehörige sollen durch ein System von Privatstiftungen und Treuhandfirmen in Deutschland, Österreich und Italien verdeckt weiterhin Immobilien im dreistelligen Millionenwert besitzen. 

Eifrige Ermittler wollen das aufklären. Deshalb sitzt der „Wunderwuzzi“ in Wien in Untersuchungshaft. Schwer wiegen die Vorwürfe: Betrug, Untreue, Bankrott, dazu Verdunklungsgefahr und Tatbegehungsgefahr. Das Imperium des Immomoguls ist untergegangen. Und auch in Berlin, Hamburg und anderen Städten werden wir noch viel Freude mit den Investitionsruinen haben, die der einst von der Politik umschwärmte Vorzeige-Unternehmer und seine Kollegen hinterlassen haben.


MieterEcho 449 / Mai 2025

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