Mieter/innen fragen – wir antworten
Fragen und Antworten rund um Mängelbeseitigung und Mietminderung
Von Rechtsanwältin Juliane Richter
Als Mieter/in einer Wohnung erwarten und überraschen einen im laufenden Mietverhältnis häufig Mietmängel, die man so bei Einzug nicht erwartet hätte. Wichtig ist es dabei, als Mieter/in seine Rechte zu kennen, um „richtig“ reagieren zu können. Insbesondere in den Wintermonaten können Mietmängel, wie beispielsweise ein plötzlicher Ausfall der Heizung oder des Warmwas-sers, besonders schwerwiegend sein. Nachfolgend werden exemplarisch Fragen von Mieter/innen zu Mängeln und ihre Handlungsoptionen dargestellt.
Ich habe den Heizkörper voll aufgedreht, aber meine Wohnung wird nicht warm. Was kann ich tun?
Soweit Sie Ihre Wohnung als zu kalt empfinden, sollten Sie ein Temperaturprotokoll anfertigen. Hierfür messen Sie in den betroffenen Räumen der Wohnung mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten die Raumtemperaturen in der Mitte des Raumes und ca. 1 Meter über dem Boden und notieren diese im Protokoll. Dabei sollten Sie darauf achten, dass das Thermometer eine Messgenauigkeit von +/- 0,5 Grad hat. Wenn mietvertraglich nicht eine Mindesttemperatur der Räume festgelegt wurde, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Haupträume der Wohnung tagsüber auf 20 bis 22 Grad beheizbar sein sollten. Dies betrifft vor allem das Wohnzimmer. In Nebenräumen – wie der Küche und dem Schlafzimmer – wird eine Mindestraumtemperatur von 18 Grad als ausreichend angesehen. Bei Feststellung einer unzureichenden Beheizbarkeit der Wohnung sollten Sie Ihren Vermieter schnellstmöglich und nachweisbar über den bestehenden Mangel informieren und eine Mangelbeseitigung fordern. Hierbei empfiehlt es sich, gleichzeitig eine Frist mit Datum zur Beseitigung des benannten Mangels zu setzen. Zudem sollten Sie ausdrücklich erklären, dass Sie die Mietzahlungen unter dem Vorbehalt der Rückforderung leisten, bis der Mangel beseitigt worden ist und Sie sich eine angemessene Mietminderung vorbehalten. Falls zu einem Heizungsausfall auch ein Ausfall der Warmwasserversorgung hinzukommt, sollten Sie bei diesem wie oben dargestellt vorgehen und den Warmwasserausfall gleichfalls in einem Mängelprotokoll dokumentieren und den Mangel anzeigen. Eine genaue Bezifferung der Mietminderungshöhe der Bruttowarmmiete können Sie sich zu einem späteren Zeitpunkt vorbehalten. Hierbei ist es ratsam, dass Sie zur Ermittlung der konkreten Mietminderungshöhe eine der Beratungsstellen der Berliner MieterGemeinschaft aufsuchen.Sie sollten darauf verzichten, eine aus Ihrer Sicht angemessene Mietminde- rungshöhe – ohne Abstimmung mit dem Vermieter – direkt von einer Mietzahlung abzuziehen, da dies die Gefahr birgt, vom Vermieter als unvollständige oder unpünktliche Mietzahlung gewertet und als Kündigungsgrund genutzt zu werden.
Die Heizung im Haus ist vollständig ausgefallen. Der Vermieter hat angekündigt, dass eine Reparatur bzw. der Einbau einer neuen Heizanlage erfolgen wird. Der Zeitpunkt ist aber derzeit ungewiss. Kann ich bereits vorab eine vorläufige Mangelbeseitigung fordern?
Ja, soweit der Vermieter angekündigt hat, dass eine Reparatur beispielsweise mehrere Wochen in Anspruch nehmen wird, kann ein vollständiger Heizungsausfall in den Wintermonaten in der Regel binnen weniger Tage dazu führen, dass die Wohnung auskühlt. Hier können Sie vom Vermieter verlangen, dass eine provisorische Beheizbarkeit gewährleistet wird, beispielsweise durch Bereitstellung von Radiatoren oder Heizstrahlern. Achten Sie dann darauf, dass eine separate Stromerfassung mittels Stromzähler erfolgt, damit kein Streit über den Stromkostenverbrauch entsteht. Die im Vergleich zu den Heizkosten bei mangelfreier Heizung anfallenden Mehrkosten müssen vom Vermieter getragen werden.
Lässt sich eine vorübergehende Beheizbarkeit im Einzelfall nicht umsetzen und ein vertragsgemäßer Zustand der Wohnung nicht herbeiführen, könnte eine vorübergehende Unterbringung in einer Ersatzwohnung in Betracht kommen. Suchen Sie bitte vorher eine Beratungsstelle der Berliner MieterGemeinschaft auf.
Was kann ich tun, wenn laute Geräusche aus den Heizungsrohren dringen?
Die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung kann auch dadurch beeinträchtigt werden, dass von den Heizungsrohren zeitweise Pfeif- oder Klopfgeräusche ausgehen. Hier sollten Sie dem Vermieter den Mangel anzeigen und unter Fristsetzung mit Datum eine Mangelbeseitigung fordern, sowie sich zeitgleich eine Mietminderung vorbehalten. Zudem sollten Sie ein Lärmprotokoll zur Nachweisbarkeit der Beeinträchtigung führen, in dem Sie die Tage, Zeiten, Dauer und eine Beschreibung der Geräuschbelästigung festhalten. Soweit es Ihnen möglich ist, wäre es sinnvoll, auch andere Personen, die die Geräusche wahrgenommen haben, als mögliche Zeugen benennen zu können. Hierfür können auch andere Mieter/innen im Haus (die vielleicht sogar selbst betroffen sind) in Frage kommen. Wenn sich eine erhebliche Geräuschbelästigung belegen lässt, könnte je nach Umfang der Belastung eine Mietminderungshöhe von 10 bis 20% der Gesamtmiete angemessen sein – lassen Sie sich zur Höhe der Mietminderung unbedingt beraten.
Die Heizung meiner Wohnung läuft auf Hochtouren, selbst wenn ich die Heizkörper maximal herabgedreht habe. Was kann ich tun?
Es kann verschiedene Ursachen dafür geben, dass der Heizkörper sich nicht mehr regulieren lässt und der Wohnraum dauerhaft beheizt wird. Das kann zu einer deutlich spürbaren Überheizung einzelner Räume und damit einhergehend einer erheblichen Beeinträchtigung der Wohnqualität führen. Bei Raumtemperaturen ab 27 Grad wird eine erhebliche negative Wohnwertbeeinträchtigung angenommen, in einem Raum (Schlafzimmer) müssen kühlere Temperaturen (18 Grad) gewährleistet sein. Ist dies nicht mehr der Fall, sollten Sie schnell handeln, um hohe Heizkosten zu vermeiden. Noch an dem Tag, an dem Sie den Mangel bemerkt haben, sollten Sie den Vermieter über den Mangel in Kenntnis setzen und unter Fristsetzung die Beseitigung des Mangels verlangen.
In meiner Wohnung gab es einen Heizungsausfall, nun sind an verschiedenen Stellen Flecke erkennbar, die wie Schimmel aussehen. Muss ich das hinnehmen?
Ein Ausfall der Heizung über einen längeren Zeitraum kann dazu führen, dass die Wohnung auskühlt und beispielsweise die Bildung von Kondenswasser an Fensterscheiben und Balkontür in der Wohnung begünstigt wird. Dies kann die Gefahr von Schimmelbildung innerhalb der Wohnung vergrößern. Soweit tatsächlich Schimmel in der Wohnung auftritt, stellt dies einen erheblichen Sachmangel an der Mietwohnung dar. Hier besteht grundsätzlich ein Beseitigungsanspruch. Dieser umfasst allerdings nur den Anspruch auf Schimmelbeseitigung. Die Art und Weise der Mangelbeseitigung können Sie dem Vermieter nicht vorgeben. Wenn sich die vom Vermieter gewählte Art und Weise der Schimmelbeseitigung als objektiv ungeeignet erweist, haben Sie einen Anspruch auf fachgerechte Nachbesserung.
Melden Sie den Mangel unter Angabe der Lage des Schimmelbefalls (Raum, Wand/Fenster, etc.) und geben Sie die ungefähren Abmaße (Länge x Breite oder Durchmesser der befallenen Fläche) an. Im Falle einer vermuteten Schwarzschimmelbildung können Sie zusätzlich zu der Mangelanzeige an den Vermieter auch die Unterstützung und Prüfung des Schimmels durch das zuständige Wohnungsbauamt des Stadtbezirks veranlassen.
Zudem haben Sie die Möglichkeit, einen Sachverständigen für Schimmelpilzschäden mit einem Gutachten zu beauftragen. Mitglieder der Berliner MieterGemeinschaft können sich zu vergünstigten Bedingungen an den Sachverständigen Götz Autenrieth wenden.
Falls der Vermieter die Schimmelbeseitigung verweigert, können Sie die Mangelbeseitigung im Wege der Ersatzvornahme selbst durchführen lassen und vom Vermieter die Erstattung der dafür angefallenen Kosten verlangen. Lassen Sie sich beim konkreten Vorgehen unbedingt in den Beratungsstellen der Berliner MieterGemeinschaft beraten.
Wenn ich das Wasser am Waschbecken in der Küche aufdrehe, fließt dunkles, braunes Wasser aus dem Hahn. Ich befürchte, dass auch Rost oder sogar Blei im Wasser enthalten sein könnte. Kann ich dafür die Miete mindern?
Eine Mietminderung ist möglich, wenn die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung infolge des verschmutzten Trinkwassers erheblich beeinträchtigt beziehungsweise gemindert ist. Bei der Prüfung der Erheblichkeit wird in der Rechtsprechung auch berücksichtigt, über welchen Zeitraum das Wasser ablaufen muss, um unbelastetes Trinkwasser zu erhalten. Soweit es sich lediglich um einen kurzen Zeitraum, 1 bis 2 Sekunden, zum Ablaufenlassen des Standwassers handelt, wird es an der Erheblichkeit fehlen und kein Mangel anzunehmen sein. Eine zeitliche Dauer von mindestens 7 Sekunden, um eine angemessene Wasserqualität zu erreichen, wird als nicht mehr zumutbar und wirtschaftlich unvertretbar erachtet.
Für den Bleigehalt im Trinkwasser schreibt die Trinkwasserverordnung seit dem 1. Dezember 2013 einen Grenzwert von 0,01 Milligramm pro Liter vor. Wird der Grenzwert deutlich überschritten, dürfte dies für eine bleihaltige Quelle im Trinkwasserverteilungssystem sprechen.Soweit die Wasserversorgung an mehreren oder sogar allen Wasserhähnen in der Wohnung beeinträchtigt ist, ist die Wohnqualität erheblich beeinträchtigt und berechtigt Sie zu einer Mietminderung. Zur Bezifferung der Mietminderungshöhe suchen Sie bitte eine der Beratungsstellen der Berliner MieterGemeinschaft auf.
In unserem Wohnhaus sind an die Mieter/innen Informationszettel verteilt worden, dass eine außerplanmäßige Prüfung von Legionellenbefall stattfinden soll. Ob ein erhöhter Legionellenbefall im Haus vorliegt, ist nicht angegeben worden. Was bedeutet das für mich?
Aus dem Anschreiben, dass eine Überprüfung des Trinkwassers erfolgen wird, können noch keine belastbaren Ableitungen getroffen werden. Sie haben allerdings gegenüber Ihrem Vermieter einen Informationsanspruch dahingehend, ob ein Mietmangel infolge unzureichender Wasserqualität besteht. Soweit die Trinkwasserversorgungsanlage des Wohnhauses von Legionellen befallen ist und dadurch der technische Maßnahmewert nach der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) für hohe oder extrem hohe Kontamination überschritten wird, stellt dies einen Mangel dar. Wenn ein Überschreiten des Maßnahmewertes bei einer Wasserentnahme festgestellt wurde, reicht dies aus, um von einer legionellenbedingten Gesundheitsgefahr auszugehen. Eine tatsächliche Erkrankung brauchen Mieter/innen nicht nachzuweisen. Die Herausforderung bei Vorliegen möglicher Krankheitskeime liegt in der Regel darin, dass die Feststellung einer rechtlich relevanten Beeinträchtigung vom Ergebnis eines einzuholenden Sachverständigengutachtens abhängen wird. Sollte das Sachverständigengutachten beispielsweise keinen erhöhten Legionellenbefall bestätigen und lediglich die Besorgnis des Vorhandenseins von Legionellen im Trinkwasser bestanden haben, ist die Wohnung nicht mangelhaft und eine Mietminderung nicht möglich. Sollte eine Wasseruntersuchung dazu führen, dass das Gesundheitsamt eine Nutzungseinschränkung wie Trink- oder Duschverbote anordnet, liegt bereits in der Nutzungseinschränkung eine negative Gebrauchsbeeinträchtigung vor.
Es hat geschneit und für unser Wohnhaus scheint kein Winterdienst beauftragt worden zu sein. Muss ich jetzt als Mieter/in selbst Schnee schippen?
In der Regel ist der Vermieter als Grundstückseigentümer zur Schnee- und Eisbeseitigung sowie zum Streuen des Gehwegs zum Wohnhaus sowie zu den Mülltonnen und Garagen verpflichtet. Die Arbeiten werden meist auf Winterdienste übertragen und über die Betriebskostenabrechnung auf die Mieter/innen des Wohnhauses umgelegt. Sollten Sie oder Angehörige sowie Besucher infolge eines unzureichenden Winterdienstes stürzen und sich verletzten, kann der Vermieter zu Schadensersatz und Schmerzensgeldzahlung verpflichtet sein. Eine Prüfung ist stets nur einzelfallbezogen möglich, lassen Sie sich hierzu in den Beratungsstellen der Berliner MieterGemeinschaft beraten.
Melden Sie eine mangelhafte Schneebeseitigung dem Vermieter, um sich im Rahmen der Betriebskostenabrechnung später Einwendungen gegen die Höhe der Umlage des Winterdienstes vorbehalten zu können.
Es kann sein, dass in einzelnen Mietverträgen die Übernahme des Winterdienstes durch die Mieter/innen im Mietvertrag vertraglich vereinbart wird. Dies wird insbesondere bei kleineren Wohnhäusern oder vermieteten Einfamilienhäusern vorkommen. In einem solchen Fall wäre die Verkehrssicherungspflicht des Vermieters auf die Mieter/innen übertragen worden. Eine Übertragung bedarf aber einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung. Eine einseitige Übertragung des Winterdienstes in einer Hausordnung genügt nicht für eine wirksame Übertragung der Verkehrssicherungspflicht.
Rechtsanwältin Juliane Richter berät in unserer Beratungsstelle Neukölln, Sonnenallee 101.
MieterEcho 447 / Februar 2025