Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 449 / Mai 2025

Kriegserklärung an die Stadtgesellschaft

Berlin wird im Juni zum Mekka der finanzmarktgetriebenen Immobilienwirtschaft

Von Nicolas Šustr

Blackstone, Blue Owl, Oaktree, Silver Lake. Die Namen sind oft lieblich-nichtssagend – und doch verbirgt sich hinter ihnen eine weltweite Haupttriebfeder des Finanzmarktkapitalismus. Es sind Investmentgesellschaften, zu deren bekanntesten wohl BlackRock und Goldman Sachs gehören. Ihr Versprechen und Ziel: Super return, also eine superhohe Dividende.

„SuperReturn“, so heißt auch die gleichnamige Konferenz, die jährlich im Berliner Intercontinental-Hotel weitgehend unter dem Radar der Öffentlichkeit stattfindet. Vom 2. bis 6. Juni soll Berlin wieder die „Hauptstadt des Kapitals“ (Eigenwerbung) werden. Die mehr als 1.800 vertretenen Investmentgesellschaften und Fonds verwalten laut Veranstalterangaben mehr als 50 Billionen, also 50.000 Milliarden Dollar, an Vermögenswerten. Das ist deutlich mehr, als das gesamte Anlagevermögen von Firmen, Privathaushalten und Staat der Bundesrepublik Deutschland wert ist. Ein Quell der Superrenditen sind, wie die Mieterinnen und Mieter Berlins seit bald 20 Jahren leidvoll erfahren müssen, Immobilien. Rund ein Viertel der Berliner Wohnungen gehören Finanzmarktakteuren, also Fonds, Banken oder Aktiengesellschaften, ergab die 2020 vorgelegte Studie „Wem gehört die Stadt?“ im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Das sind rund 500.000 Wohnungen.

Es ist nicht einfach, herauszufinden, welche Häuser und Wohnungen direkt einem Fonds gehören. Denn die Firmenkonstrukte nehmen oft abenteuerliche Wege, zum Beispiel über Luxemburg, Zypern oder Liechtenstein und dann noch mal über weitere Steuer- und Intransparenzparadiese in der Karibik. Im Falle Blackstone, auch einer der stolz angekündigten Teilnehmer der „SuperReturn“-Tagung, konnte 2020 immerhin der Besitz von über 3.700 Wohnungen nachgewiesen werden.

Renditeoptimierung um jeden Preis

„So viel Geld wie möglich in kürzester Zeit herausziehen: Dafür erhöhen wir Mieten, vermeiden Investitionen oder widmen Mietwohnungen in Eigentum um.“ Das ist laut dem Verein Bürgerbewegung Finanzwende die goldene Regel für Finanzinvestoren im Immobilienmarkt. Blackstone hat laut Finanzwende die Durchschnittsmieten in ihren Berliner Häusern von 2019 bis 2023 um 22% erhöht, während sie allgemein in der Stadt bei Bestandsmieten um 7% gestiegen sind.

Auch „The Carlyle Group“ ist bei der Konferenz vertreten. 2017 erwarb Carlyle ein Häuserpaket in Berlin. Was folgte, ist exemplarisch. Auf den Kauf des Hauses Corinthstraße 53 in Friedrichshain folgten Modernisierungen, Mieterhöhung und Aufsplittung. Letztendlich wurden wenige Monate später Wohnungen in dem gerade gekauften Haus für den fast doppelten Quadratmeterpreis angeboten. Finanzwende schätzt die Rendite auf rund 30%.

Das Agieren von Fonds, Banken oder Immobilienunternehmen unterscheidet sich  kaum voneinander. Selbst wenn sich Unternehmen verzocken, ist das für die Mieter/innen kein Grund zur Freude. Zu erleben ist das am Beispiel der seit Jahren taumelnden Adler Group, die massive Mietsteigerungen in ihren Staakener Beständen mit der beinahe vollständigen Verweigerung von Instandhaltung kombiniert.

Mit rund 144.000 Wohnungen Berlins größter Vermieter ist nach der Übernahme der „Deutsche Wohnen“ Vonovia. Kreative Mieterhöhungsversuche und überhöhte Betriebskosten gehören hier zu den renditeoptimierenden Spezialitäten – ganz im Sinne der Anleger. Die beiden größten Aktionäre sind seit Jahren die norwegische Nationalbank für den Ölfonds des Landes sowie BlackRock, mit verwalteten Anlagen von über 10 Billionen Dollar der größte Finanzinvestor weltweit.

Mehr als praktisch für die Betongoldjäger, dass parallel zur Superrendite-Tagung auch der „Tag der Immobilienwirtschaft“ in Berlin stattfinden wird, am 4. Juni im Friedrichstadt-Palast. Ausgerichtet wird er vom Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA), der Spitzen-Lobbyvereinigung der Branche. Sie kann sich auf viel Entgegenkommen der CDU in der Bundesregierung freuen. Das zeigen noch einmal eindrücklich die bekannt gewordenen E-Mails zwischen dem „lieben“ Jens Spahn und dem „lieben“, derzeit in Untersuchungshaft sitzenden Immobilienpleitier, René Benko.


MieterEcho 449 / Mai 2025

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