Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 447 / Februar 2025

Keine Antwort unter dieser Nummer

Nur zwei der im Bundestag vertretenen Parteien haben unsere Fragen zu ihren wohnungspolitischen Zielen beantwortet

Von Rainer Balcerowiak

Bekanntlich wird am 23. Februar ein neuer Bundestag gewählt. Da ist es natürlich für uns als Berliner Mietergemeinschaft von großem Interesse, mit welchen mieten- und wohnungspolitischen Positionen und Forderungen die kandidierenden Parteien in den Wahlkampf ziehen. 

Dafür haben wir einen kleinen Fragenkatalog formuliert, den wir Anfang Dezember an alle im Bundestag vertretenen Parteien geschickt haben. Also CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, AfD, Die Linke und BSW.

Die Resonanz auf unseren Anfragen war recht ernüchternd, Nur zwei Parteien (Die Linke und BSW) gingen direkt auf unsere Fragen ein. Bei den anderen Parteien gab es – trotz mehrfacher, auch telefonischer Nachfragen – keine weitere Reaktion oder nur lapidare Verweise auf die jeweiligen Wahlprogramme zur Bundestagswahl. In denen die angesprochenen Fragen teilweise aber überhaupt nicht behandelt werden.

Die klarsten Antworten kamen von den Linken. Die Partei fordert „eine Investitionsoffensive für den sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau in Höhe von 20 Milliarden Euro jährlich“. Die Partei will ferner die Wohngemeinnützigkeit „zum Instrument machen für mittelfristig 30 Prozent gemeinnützige Wohnungen“. Dafür sollen „starke Anreize“ durch Steuerbefreiungen und Privilegierung bei Fördermitteln und öffentlichen Grundstücken gesetzt werden. In diesem Sektor müssten sich „Mieten an den realen Kosten orientieren und die Profite gedeckelt werden“. 

Die Linke und BSW: Einige richtige Ansätze

Ferner will Die Linke „die Spekulation mit Wohnraum und Bauland beenden. (...) In einem ersten Schritt werden deswegen leistungslose Bodenwertzuwächse abgeschöpft. Kommunen sollen ein Vorkaufsrecht auf alle Grundstücke bekommen.“

Für den Bestand fordert Die Linke u. a. einen bundesweiten Mietendeckel, und in „angespannten Wohnungsmärkten müssen besonders hohe Mieten abgesenkt (...) und auch Mieterhöhungen für die nächsten sechs Jahre ausgeschlossen werden“. Staffel- und Indexmietverträge sollen verboten und möblierte Vermietungen „streng reguliert“ werden. Des Weiteren verlangt die Partei die gesetzliche Verankerung des kommunalen Vorkaufsrechts, das sich „nicht am spekulativen ‚Marktpreis‘ orientiert, sondern an bezahlbaren Mieten.“ Ferner will die Partei Mietwohnungen durch ein generelles Umwandlungsverbot schützen, Eigenbedarfskündigungen auf Verwandte ersten Grades beschränken, Modernisierungsumlagen abschaffen und energetische Sanierungen warmmietenneutral gestalten.

Zur Bekämpfung der Wohnungslosigkeit will Die Linke „Zwangsräumungen in die Obdachlosigkeit verbieten“. Housing First-Ansätze sollen „kombiniert mit aufsuchender Sozialarbeit und begleitender Einzelfallhilfe“ ausgebaut werden.

Das BSW verwies darauf, dass man „noch nicht zu allen Detailfragen in der Partei abgestimmte Positionen“ habe. Das betrifft u. a. die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen und die Frage von Eigenbedarfskündigungen. Gefordert wird ein 100 Milliarden Euro-Programm zur Förderung des Wohnungsbaus, wobei der „Schwerpunkt auf dem Neubau von Sozialwohnungen und preiswertem Wohnraum“ liegen soll. Dabei sollten „gemeinnützige und kommunale Wohnungsbaugesellschaften über zinsgünstige Kredite und Investitionszuschüsse besonders gefördert werden“. Gefördert werden soll aber auch der Erwerb des ersten selbstgenutzten Eigenheims, durch Befreiung von der Grunderwerbsteuer.

Für den Bestand strebt die Partei einen „bundesweiten, harten Mietendeckel für alle Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten und einen Mietpreisstopp bis 2030 in allen Regionen, in denen die Mietkostenanteile besonders stark angestiegen sind“. Die Aussagen zur Überwindung der Wohnungslosigkeit sind dagegen eher schwammig. Im inzwischen verabschiedeten Wahlprogramm wird das Thema ausgespart.

Nun lassen die Aussagen dieser beiden Parteien einige Fragen offen, vor allem was die Eigentumsverhältnisse betrifft. „Profite deckeln“ (Die Linke) ist etwas anderes, als die Wohnungswirtschaft komplett der Profitlogik zu entziehen. Und milliardenschwere „Förderprogramme“ – auch für private Investoren – sind etwas anderes als kommunaler Wohnungsbau in unmittelbarer öffentlicher Verantwortung. Dennoch geht es bei den Linken und – mit Abstrichen – beim BSW in einigen Fragen in die richtige Richtung. Allerdings haben beide Parteien keine realistische Chance, der nächsten Bundesregierung anzugehören.

Die rechnen sich dagegen SPD und Bündnis 90/Die Grünen aus, als mögliche Juniorpartner der CDU/CSU. In ihren Wahlprogrammen findet sich ein eher wolkiger Mix aus irgendwie mehr und schneller zu bauen, irgendwie die Mietpreisexplosion einzudämmen und natürlich den Erwerb von Wohneigentum zu fördern, denn das bringt „Sicherheit und Freiheit“ (Bündnis 90/Die Grünen) und man wolle, „dass Träume vom Eigenheim Wirklichkeit werden können“ (SPD). Harter Mietendeckel? Umwandlungsverbot für Mietwohnungen? Schutz vor Eigenbedarfskündigungen? Kommunaler Wohnungsbau statt Fördersystemen? Alles Fehlanzeige.

Ohnehin sind Zweifel an der Realitätstauglichkeit der Wahlprogramme dieser beiden Parteien nur zu berechtigt. Denn so ähnlich klang das bei SPD und Grünen auch 2021, und dann ließen sie sich vom kleinsten Koalitionspartner FDP alles, was – wenn auch kleine – Fortschritte für Mieterschutz und eine soziale Wohnungsbauoffensive bedeutet hätte, einfach wegschreddern.                      

CDU/CSU und FDP: Gruselige Wahlprogramme

Die neue Regierung wird voraussichtlich von der CDU geführt. Und deren wohnungs- und mietenpolitisches Programm klingt schlicht gruselig. „Wir unterstützen vor allem Familien, sich den Traum vom Eigenheim zu erfüllen. Länder sollen einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer von 250.000 Euro pro Erwachsenen und 150.000 Euro für jedes Kind beim erstmaligen Erwerb selbstgenutzten Wohneigentums gewähren“, heißt es dort weit vorne. „Die hohen Mieten in vielen Ballungszentren sind ein großes Problem“, wird zwar konstatiert. Aber Mietenbegrenzung? Fehlanzeige. Stattdessen soll „das Wohngeld regelmäßig angepasst werden“. Also Staatsknete als Subvention für hohe Mieten. Ansonsten: Mehr steuerliche Anreize für Investoren und das übliche Gefasel über Entbürokratisierung, Standardisierung etc.

Das alles findet man auch bei der FDP, die in ihrem Wahlprogramm aber noch deutlich marktradikaler auftritt: Weg mit der Mietpreisbremse, keine Begrenzung der Umlagen bei energetischen Modernisierungen. Wohngeld nur, wenn es unbedingt sein muss. Zitat: „Allerdings führt das komplexe Zusammenspiel von Wohngeld, Bürgergeld und weiteren Sozialleistungen zu oft dazu, dass sich Arbeit, insbesondere in Vollzeit, nicht lohnt. Wir werden dieses System neu justieren“.  

Die AfD hat unsere Fragen – trotz mündlicher Zusage – ebenfalls nicht beantwortet. Inzwischen hat sie ihr Wahlprogramm verabschiedet. Das Kapitel zur Wohnungspolitik trägt den Titel: „Wir wollen ein Volk von Eigentümern werden“. Als Ursache der Wohnungsnot sieht man die „unkontrollierte Einwanderung“. Man werde den Wohnungsmarkt „von seinen Fesseln befreien“, wozu für die AfD auch „Hemmnisse“ im Bau- und Mietrecht gehören. Die Grunderwerbssteuer für Selbstnutzer soll aufgehoben werden, Mieter/innen in kommunalen Wohnungsunternehmen sollen die Möglichkeit erhalten, ihre Wohnungen „zu vergünstigten Bedingungen“ zu kaufen. Themen wie Mieterschutz, Mietpreisregulierung und Überwindung der Wohnungslosigkeit werden nicht erwähnt. 

Kleines Fazit: Auf Mieter/innen und Wohnungssuchende kommen nach der Wahl harte Zeiten zu. Womöglich härter als ohnehin schon. Es wird höchste Zeit, sich darauf vorzubereiten.

 

 

Fragen zur Wohnungspolitik an die Parteien

Wohnungsbau:
- Wie und in welcher Größenordnung wollen Sie den Bau dauerhaft preis- und belegungsgebundener Wohnungen ankurbeln?
- Wie stehen Sie zu Plänen für die Wiedereinführung der Wohnungsgemeinnützigkeit?
- Halten Sie Eingriffe bei der Bodenpolitik für notwendig  (z. B. kommunale Vorkaufsrechte)?

Mietenpolitik:
- Welche Maßnahmen wollen Sie zur Eindämmung der weiterhin exorbitanten Mietsteigerungen auf den Weg bringen? Konkret: Wie stehen Sie zu „Mietendeckeln“ in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten, zur „Mietpreisbremse“ und zum kommunalen Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten?
- Wie stehen Sie zu einem Verbot der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen?
- Streben Sie Eingriffe in das bestehende Mietrecht an (z. B. Ausschluss von Eigenbedarfskündigungen, Senkung der Modernisie- rungsumlage)?

Wohnungslosigkeit:
- Welche Pläne haben Sie zur Überwindung der stark angestiegenen Obdach- und Wohnungslosigkeit?
- Wie stehen Sie in diesem Zusammenhang zum Ausbau von „Housing First“-Projekten?   


MieterEcho 447 / Februar 2025

Teaserspalte

Berliner MieterGemeinschaft e.V.
Möckernstraße 92
10963 Berlin

Tel.: 030 - 21 00 25 84
Fax: 030 - 216 85 15

Email: me(at)bmgev.de

Ferienwohnungen

Unsere Umfrage

Falls sich eine oder mehrere Ferienwohnung(en) in Ihrem Haus befinden, berichten Sie uns davon und schildern Sie Ihre Erfahrungen in unserer Online-Umfrage.