Ghosting in der Bergfriedstraße
Kreuzberg: Eine Hausverwaltung stellt sich bei Anfragen tot
Von Tom Küstner
In den Sozialbauten in Berlin-Kreuzberg brodelt es. Die Bewohner/innen der Bergfriedstraße und Ritterstraße sehen sich einer beunruhigenden Kombination aus Ignoranz, Missständen und finanziellen Belastungen ausgesetzt. Hauptakteurin in diesem Drama ist die Von Rüden Hausverwaltung GmbH, die seit Jahren Anfragen und Beschwerden der Mieter/innen unbeantwortet lässt.
Die Vorwürfe wiegen schwer: Weder auf Mängelanzeigen noch auf berechtigte Reklamationen – etwa überhöhte Betriebskostenabrechnungen – erfolgt eine Reaktion. Von einem Mieter als „Ghosting“ bezeichnet, beschreibt diese Taktik das gezielte Ignorieren von Anliegen. Egal, ob es um Wasserschäden, falsch berechnete Zählerstände oder monatelang abgedrehte Wasserleitungen geht – die Hausverwaltung schweigt beharrlich.
Ein Anwohner schreibt: „Wir werden systematisch schikaniert. Trotz mehrfacher Nachfragen bleiben unsere Schreiben unbeantwortet. Die Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlungen um bis zu 100 Euro monatlich sowie Nachforderungen von über 1.100 Euro für das Jahr 2023 sind schlicht nicht tragbar.“
Die Gebäude in der Bergfriedstraße befinden sich in einem Milieuschutzgebiet und zugleich im Quartiersmanagement-Gebiet Wassertorplatz. Ursprünglich unterlagen die Wohnungen der sozialen Bindung, doch diese endet 2025. Ab dann können die Eigentümer die sogenannte Kostenmiete verlangen, die oft weit über den bisherigen Mieten liegt.
Das kommunale Vorkaufsrecht hätte einst greifen können, doch eine Abwendungsvereinbarung zwischen dem damaligen Eigentümer Titanium Metropolinvest II GmbH und dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg verhinderte dies. Die Gewobag, die das Vorkaufsrecht im Auftrag des Bezirks hätte ausüben können, blieb außen vor. Die neue Eigentümergesellschaft, T2G PropCo 1 Sàrl aus Luxemburg, erweckt nun bei den Bewohner/innen die Befürchtung, dass der Schutz der Vereinbarung zukünftig nicht mehr gewährleistet ist.
Exorbitante Nachforderungen
Nach der Aufhebung des kommunalen Vorkaufsrechts durch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig kündigten Politiker/innen der Ampel-Koalition an, eine rechtssichere Nachfolgeregelung zu erarbeiten. Doch bis zum Ende der Koalition im Herbst 2024 ist aus den Versprechen nichts geworden. Die Ungewissheit darüber, ob frühere Zusagen weiterhin gelten, belastet die Bewohner/innen nun zusätzlich.
Viele Bewohner/innen sind finanziell bereits stark belastet. Ein Mieter, der seit 20 Jahren hier lebt, sagt: „Noch nie mussten wir so hohe Nachzahlungen leisten. Diese Summen sind für viele schlicht nicht bezahlbar.“ Einige Bewohner/innen vermuten, dass der Eigentümer gezielt auf eine finanzielle Überforderung der Mieter/innen setzt, um die Wohnungen nach einem Auszug zu sanieren und ab 2025 deutlich teurer weiterzuvermieten.
Die Bewohner/innen, darunter viele Menschen mit sehr begrenzten finanziellen Spielräumen, wenden sich nun an die Öffentlichkeit, um Gehör zu finden. In einem Brief an die Redaktion heißt es: „Wir repräsentieren Gruppen, die in unserer Gesellschaft oft übersehen werden: Queere Menschen, Migrant:innen, ältere Menschen, Alleinerziehende und viele mehr. Es ist unerträglich, dass die Von Rüden Immobilien GmbH ihre Macht auf unseren Rücken ausspielt.“ Bei den Mieter/innen herrscht Unverständnis darüber, dass so ein Geschäftsgebaren überhaupt legal sein kann. Wenn Hausverwaltungen ihre Macht missbrauchen, erleben viele Mieter/innen den Wohnungsmarkt immer öfter als ein Eldorado und rechtsfreien Raum, in dem sie der Willkür von Vermietern schutzlos ausgeliefert sind.
„Bei Problemen mit dem Vermieter, die mehrere Mietparteien im Haus betreffen, ist ein gemeinsames Vorgehen daher eine gute Strategie“, so BMG-Rechtsanwalt Martin Naumann. „Die BMG bietet hierzu Hausversammlungen mit rechtlichen Informationen und zum Austausch untereinander an. Auf jeden Fall sollten Mitglieder bei Problemen immer eine Beratung aufsuchen, auch um Formfehler zu vermeiden.“
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MieterEcho 447 / Februar 2025