Editorial
Editorial MieterEcho
Liebe Leserinnen und Leser,
der Wahlkampf läuft auf vollen Touren. Einiges scheint bereits klar zu sein: Der nächste Bundeskanzler wird Friedrich Merz heißen, und CDU/CSU werden eine Regierung mit der SPD und/oder den Grünen bilden. Die AfD wird nach den Wahlen die stärkste Oppositionspartei sein und drei Parteien (FDP, Die Linke und das BSW) müssen um den Einzug in den Bundestag bangen.
Aber worum geht es eigentlich? Merz hat – ganz im Geiste seines früheren Arbeitgebers BlackRock – eine umfassende „Wirtschaftswende“ angekündigt, mit gigantischen Steuersenkungen für Unternehmen und den gehobenen Mittelstand. Dazu kommen massive Einschränkungen der sozialen Daseinsvorsorge, eine extrem restriktive Migrationspolitik, ein Rollback beim Klimaschutz und enorme Investitionen für die weitere Aufrüstung.
Wie das alles finanziert werden könnte, ist unklar, zumal die Schuldenbremse weitgehend unangetastet bleiben soll. Ferner könnte die sich abzeichnende wirtschafts- und geopolitische Neuausrichtung der USA unter dem Präsidenten Donald Trump zu finanziellen Verwerfungen führen, deren Folgen für Deutschland noch gar nicht abzusehen sind. Von den unmittelbaren und mittelbaren Kosten für den Krieg in der Ukraine – auch nach einem möglichen Waffenstillstand – ganz zu schweigen. All diese Vorzeichen prägen auch die wohnungspolitischen Perspektiven. Erweiterter Mieterschutz und eine wirksame Eindämmung der Wohnkostenexplosion und der wachsenden Wohnungslosigkeit haben im politischen Koordinatensystem der Merz–CDU keinen Platz. Vielmehr soll es „der Markt“ richten, vor allem in Form von mit steuerlichen Anreizen gefördertem Wohnungsbau. Also jener profitgetriebene „Markt“, der nun wirklich zur Genüge seine Untauglichkeit zur Eindämmung oder gar Überwindung der Wohnungskrise unter Beweis gestellt hat.
Aufbauen kann die künftige Regierung dabei auf dem Handeln bzw. Nichthandeln der gescheiterten „Fortschrittskoalition“ aus SPD, Grünen und FDP, die wir in diesem Heft unter verschiedenen Aspekten etwas genauer unter die Lupe nehmen, wie auch die Wahlprogramme aller bisher im Bundestag vertretenen Parteien.
Für Mieter/innen sind das keine rosigen Perspektiven. Umso mehr gilt es, den Widerstand gegen diese Politik fortzusetzen und – soweit möglich – zu intensivieren. Das beginnt mit einzelnen Haus– und Kiezversammlungen, die sich gegen bestimmte Vermieter oder Verdrängungsprojekte richten, und sollte weitergehen mit größeren Kampagnen und Aktionen für strukturelle wohnungspolitische Änderungen. Das MieterEcho als Magazin der Berliner MieterGemeinschaft wird auch in diesem Jahr sein Möglichstes tun, um diese Prozesse zu dokumentieren oder auch anzustoßen und zu vernetzen. Und dabei auch nicht den Blick auf gesamtgesellschaftliche Entwicklungen und Verwerfungen verlieren, die letztendlich auch die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt bestimmen.
Ihr MieterEcho
MieterEcho 447 / Februar 2025