Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 447 / Februar 2025

Armutsfalle Wohnen

Paritätischer Gesamtverband: Miet- und Nebenkosten treiben die Armutsgefährdung

Von Oliver Rast

Du rackerst dich ab auf Arbeit, du schrubbst Überstunden – und trotzdem bleibt am Monatsende nichts übrig. Kurz, trotz Job bist du arm und wirst stetig ärmer. Ein Grund: Miete samt Nebenkosten belasten übermäßig das Budget von immer mehr Privathaushalten. Oder wie der Paritätische Gesamtverband jüngst in einer Studie belegt hat: „Wohnen macht arm. “ Nicht zuletzt, weil die Kosten für Wohnraum schneller seitens der Vermieter erhöht werden, als die Einkommen der Beschäftigten steigen. Auch zu viele Jobs bringen bei zu vielen Mieter/innen zu wenig ein. Und mit der Formel, Einkommen um die Wohnkosten zu bereinigen, wird erst das ganze Ausmaß der Armut sichtbar – als Wohnarmut.   

Deutschland ist bekanntlich ein klassisches Mieterland. Mehr als die Hälfte der Bundesbürger/innen lebt zur Miete, das sind etwa 42 Millionen Personen. Und diese verteilen sich auf rund 21 Millionen Mieterhaushalte und haben im Schnitt ein niedrigeres Einkommen als Wohneigentümer. Viele sind Geringverdiener/innen und gehören zum untersten Drittel auf der Einkünfteskala. Hinzu kommt, die Bundesrepublik ist gespalten, unter anderem in Ost und West. Zwischen 1990 und 2001 sprang die Mietbelastung im Osten der Republik von lediglich vier auf rund 25%, berichtete das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) im Oktober vergangenen Jahres. Danach habe sich die Mietbelastung in Ost- und Westdeutschland annähernd parallel entwickelt.

Und in Berlin? 2022 lebten in der Bundeshauptstadt 1.672.000 Haushalte in Mietwohnungen, 304.000 als Eigentümer in den eigenen vier Wänden, so das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg im Juli 2024 auf Basis des „Mikrozensus Wohnsituation“. Und das Institut für „Angewandte Sozialforschung und urbanes Management“ (Asum GmbH) hatte dem RBB zufolge im Mai des zurückliegenden Jahres berechnet, dass rund ein Drittel der Berliner Miethaushalte etwa 45% ihres Nettoeinkommens für die Bruttokaltmiete ausgeben müssen. Das heißt, die sogenannte Ein-Drittel-Faustregel greift bei knapp der Hälfte der hauptstädtischen Privathaushalte nicht. Denn laut Wohnungsunternehmen und Maklerbüros sollten Mietkosten unterhalb der 33%-Schwelle des Nettoeinkommens liegen.

Schere geht weiter auseinander

Aber ab wann gilt man (statistisch) als arm? Nach der herkömmlichen Definition der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gilt das für Menschen, die monatlich weniger als 60% des mittleren Einkommens zur Verfügung haben. Hierzulande sind demnach 14,4% der Bevölkerung armutsgefährdet. Würden hingegen Wohn- und Nebenkosten berücksichtigt, so der Paritätische Gesamtverband in seiner Studie, seien es 21,2%. Anders ausgedrückt, statt 12,1 Millionen Menschen 17,5 Millionen, also 5,4 Millionen Personen mehr. Die Armutsschwelle liegt laut dem Statistischen Bundesamt bei Alleinlebenden bei 15.765 Euro netto pro Jahr, bei Paaren mit  zwei Kindern unter 14 Jahren bei 32.770 Euro.

Besonders hoch ist die wohnkostenbereinigte Armut in Bremen (29,3%), Sachsen-Anhalt (28,6%) und Hamburg (26,8 %). In Berlin liegt die Armutsquote bei 20,8%. Dabei sind fünf soziale Gruppen bundesweit extra stark betroffen. Das sind Personen ab 65 Jahren, von denen 27,1% in der Armutsfalle hängen. Junge Erwachsene (18 bis 25 Jahre) trifft Armut zu 31%, Alleinerziehende zu 36%. Besonders markant ist diese Quote auch bei Alleinstehenden (37,6%) und Erwerbslosen (61,3%). „Wohnen entwickelt sich mehr und mehr zum Armutstreiber“, erklärt Joachim Rock, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes. Dramatischer noch, die Schere zwischen Arm und Reich gehe durch steigende Wohnkosten immer weiter auseinander.

Der Verband fordert deshalb von der künftigen Bundesregierung, neue, dauerhaft sozial gebundene Wohnungen zu schaffen. Ferner eine bundesweite, entfristete und nachgeschärfte Mietpreisbremse, abgesenkte Kappungsgrenzen für Mieterhöhungen in angespannten Wohnungsmärkten und einen sechsjährigen Mietendeckel im Bund, differenziert nach Wohngegenden.

 

Die Studie„Wohnen macht arm“ im Internet:
www.der-paritaetische.de/fileadmin/user_upload/Schwerpunkte/Wohnen/doc/Kurzexpertise_Wohnarmut_24_12_13.pdf


MieterEcho 447 / Februar 2025

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