Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 446 / Dezember 2024

Preig AG auf Einkaufstour

Mieter/innen vernetzen sich gegen drohende Verdrängung

Von Peter Nowak

An großen Worten mangelt es der „Plutos Real Estate Investment Group AG“ (Preig AG) auf ihrer Homepage nicht. „Für uns stehen Klimaneutralität und Innovation im Fokus (...) Dies erreichen wir in unseren Projekten unter anderem durch die energetische Sanierung, notwendige Modernisierungen und vor allem den intelligenten Ausbau von potentiellen Dachgeschossen“ , soweit die Vision auf der Webseite.

Doch Mieter/innen von Häusern, die dem Immobilienkonzern gehören, können über diese Phrasen nicht mal mehr lachen und vernetzen sich. Denn der neue Akteur auf dem Berliner Immobilienmarkt könnte die Politik der Verdrängung von Mieter/innen mit geringen Einkommen weiter vorantreiben, so ihre Befürchtung. Deshalb wenden sie sich an Politiker/innen im Bezirk und im Abgeordnetenhaus und auch an die Presse, möchten dabei aber anonym bleiben. „Die Preig AG ist uns erstmalig aufgefallen, als die Mietshäuser, in denen wir wohnen, von den bisherigen privaten Eigentümern in den Besitz einer Aktiengesellschaft übergegangen sind“, erklärte eine Bewohnerin gegenüber Mieterecho. Auch das Geschäftsmodell des Wohnkonzerns sorgt für Beunruhigung bei den Mieter/innen. Die Preig AG, vertreten durch einzelne GmbHs, bietet in den Objekten leere und teilweise möblierte Wohnungen zur Neuvermietung an, berichtet ein Mieter. Darüber hinaus offeriert die Preig AG eine „Tauschbörse“, über die teilweise möblierte Wohnungen zu hohen Mieten im Tausch gegen alte, große Wohnungen angeboten werden. „Diese kleineren neuen Wohnungen kosten dann mindestens genauso viel wie die alten Wohnungen, die dann modernisiert und anschließend für einen deutlich höheren Preis neu vermietet werden,“ so der Bewohner eines Preig-Hauses.

Der Wohnungskonzern ist in der letzten Zeit auf dem Berliner Immobilienmarkt als sehr kauffreudig aufgefallen. Im Januar 2024 teilte die Firmengruppe der Preig AG mit, dass sie 2023 insgesamt 11 Mehrfamilienhäuser in Berlin für 120 Millionen Euro erworben habe. „Das Portfolio der Unternehmensgruppe aus Altbauten in sehr guten Berliner Innenstadtlagen besteht nunmehr aus einer Gesamtfläche von mehr als 30.200 Quadratmetern“,  heißt es in der Pressemitteilung.

Für 2025 ist Börsengang geplant

Doch auch für die Zukunft hat sich der Wohnkonzern noch einiges vorgenommen. So will er im Jahr 2024 auf rund 60 Mehrfamilienhäuser in Berlin mit insgesamt 1.000 Wohneinheiten wachsen, wie auf der Homepage mitgeteilt wird. Voraussichtlich 2025 ist dann der Börsengang der Preig AG geplant, ein Vorhaben, das das Misstrauen der Mieter/innen noch erhöht. Tragen doch börsennotierte Wohnkonzerne besonders stark dazu bei, dass die Mieten steigen und Umwandlungen in Eigentumswohnungen forciert werden.

Zur Strategie von Wohnkonzernen wie der Preig AG gehört die Konzentration auf „angesagte“ Stadtteile, wo die Immobilien besonders viel Gewinn bringen können. So hat der Wohnkonzern etliche Mietshäuser mit Sanierungsrückstand in „aufstrebenden“ Berliner Stadtvierteln übernommen. „Die neu erworbenen Häuser befinden sich alle in beliebten und aufstrebenden Kiezlagen der Hauptstadt, so etwa in Alt-Moabit und in der Bochumer Straße im Ortsteil Moabit, in der Schliemann- sowie der Raumerstraße in Prenzlauer Berg“, heißt es in einer Pressemitteilung der Preig AG. Das hat auch das stadtpolitische Bündnis „Wem gehört Moabit?“ auf den Plan gerufen. So berichtet das Bündnis auf seiner Website, dass in einem der betroffenen Häuser Ende 2023 ein Optikerladen schließen musste, weil Gewerbemietverträge leicht zu kündigen sind und eine Verdoppelung oder Verdreifachung der Miete in der Regel nicht zu stemmen ist. Verwiesen wird auf eine Kündigung in Kreuzberg, wo eine Künstlerin betroffen war. Akteur war dabei die JaVa Vermögensverwaltung, die ebenfalls mit der Preig AG zusammenhängt.

Die Aktivist/innen beobachten ein in der Immobilienbranche beliebtes Vorgehen. „Für jedes einzelne Haus wird eine GmbH gegründet, die sitzen alle in Zossen an derselben Adresse in der Kirchstraße 1.“ Zossen ist ein bekanntes Gewerbesteuer-Paradies nicht weit weg von Berlin. Es gab vor einigen Jahren einen von Berliner Mieter/innen organisierten Ausflug in das Städtchen in Brandenburg, um die besondere Attraktion dort zu begutachten. Briefkästen mit dutzenden Schildern, auf denen Firmen aus dem Immobiliensektor aufgelistet sind. Sie haben eine Datei erstellt, in der Fotos der Zossener Briefkästen zusammengestellt wurden. Dort sind auch die Namen der verschiedenen GmbHs der Preig AG wie auch der Vorgänger-Firmen wie der „Fortis Group“ zu finden.

Mittlerweile haben sich berlinweit Mieter/innen vernetzt, die in der Preig AG  einen weiteren Akteur der Gentrifizierung auf dem Berliner Wohnungsmarkt wittern. „Wir befürchten die Umwandlung der von uns gemieteten Wohnungen in Eigentumswohnungen, sobald die Berliner Umwandlungsverordnung Ende 2025 ausläuft. Mieterhöhungen und die folgenden Verdrängungen aus unseren angestammten Kiezen sehen wir mit der ernsten Sorge im Hintergrund, keine bezahlbare Wohnung mehr in Berlin zu finden“, fasst einer der Mieter die Sorgen der Bewohner/innen gegenüber dem MieterEcho zusammen. 

Dass ihre Befürchtungen nicht grundlos sind, zeigt der Offene Brief, den der Vorstandsvorsitzende der Preig AG, Peyvand Jafar, an die CDU gerichtet hatte. Er trägt die Überschrift „Eigentumsbildung fördern – Umwandlung zulassen“. Dort setzte sich Jafar bereits vor vier Jahren  vergeblich dafür ein, das  Zustandekommen des Umwandlungsverbots gemäß  § 250 Baugesetzbuch  und in Folge die Berliner Umwandlungsverordnung zu verhindern. Wenn diese Verordnung  im nächsten Jahr ausläuft, würde eine wichtige Hürde wegfallen, um noch mehr Rendite am Berliner Wohnungsmarkt zu machen. Verlierer/innen wären die Bewohner/innen, die schon jetzt oft nicht wissen, wie sie ihre Miete bezahlen sollen. Deshalb gehen  schon jetzt  Aktive aus den betroffenen Häuser in verschiedenen Stadtteilen an die Öffentlichkeit. „Eine Vernetzung der Mieter/innen untereinander wird aufgebaut. Dafür wurden Flyer in den Häusern verteilt“, schreibt das Bündnis „Wem gehört Moabit?“  dazu.

Vernetzung im politischen Raum 

Auch der Umgang des Unternehmens mit dem Datenschutz steht in der Kritik. So seien die Wohnungen mit hochpräzisen 3D-Lasern vermessen worden. Sämtliche  Ergebnisse seien in eine Datenbank eingespeist worden. Nach Angaben einiger Mieter/innen seien nicht alle Bewohner/innen über ihre Datenschutzrechte aufgeklärt worden. Das sei erst durch Druck der Betroffenen geschehen. Die Verwendung von 3D-Lasern ist in Wohnungen nur mit Einwilligung der Mieter/innen zulässig.  

Mittlerweile beschäftigt sich auch die parlamentarische Ebene mit der Preig AG. Niklas Schenker, mietenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, hat eine Kleine Anfrage zur Preig AG im Berliner Abgeordnetenhaus angekündigt. Bereits Ende Oktober 2024 wurde eine Anfrage des Grünen-Politikers Johannes Mihram zur Preig AG in der Bezirksverordnetenversammlung Mitte eingebracht. 

Der Baustadtrat des Bezirks, Ephraim Gothe (SPD), antwortete, dass seiner Behörde keine Informationen zur Anzahl der Häuser im Bezirk Mitte vorliegen, die im Besitz der Preig AG sind. Doch ein Blick auf die Homepage des Wohnkonzerns führe zu dem naheliegenden Verdacht, dass es sich um ein Unternehmen handele, das Mietwohnungen günstig aufkauft und dann modernisiert, um sie zu deutlich höheren Preisen zu vermieten oder weiterzuverkaufen, formuliert Gothe Überlegungen, die sich die betroffenen Mieter/innen auch schon gemacht haben und die schließlich der Grund für die Vernetzung sind.

Im Gespräch mit dem MieterEcho bewertet es Johannes Mihram als sehr positiv, dass sich die Mieter/innen schon früh vernetzen, bevor Briefe des Vermieters ihnen womöglich teure Modernisierungen oder ähnliche unangenehme Nachrichten ankündigen. Die gewachsene Sensibilität ist auch eine Folge der Erfahrungen mit Verdrängung und Widerstand dagegen, die aktive Mieter/innen in den vergangenen Jahren in Berlin gemacht haben. 

 

Kontakt zur Vernetzung der Mieter/innen der Preig AG: preig-mieter-vernetzung@mailbox.org


MieterEcho 446 / Dezember 2024

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