Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 440 / Mai 2024

Mieter/innen fragen – wir antworten

Fragen und Antworten zur Kündigung wegen Zahlungsverzugs

Von Rechtsanwalt Peter Scholz

Ich habe gelesen, dass der Vermieter kündigen kann, wenn man mit der Miete im Rückstand ist. Was gehört alles zur Miete?

Zur Miete gehören die Nettokaltmiete und die Vorauszahlungen für Betriebskosten und Heizkosten. Auch im Mietvertrag vereinbarte Zuschläge, wie ein Möblierungszuschlag oder ein Zuschlag für einen Stellplatz, gehören zur Miete. Bei Zahlungsverzug kann der Vermieter kündigen, sofern der Rückstand erheblich ist. In der Regel sind dieses zwei Monatsmieten. Seit dem 1. Mai 2013 kann auch die Nichtzahlung der vereinbarten Mietkaution zu einer fristlosen Kündigung führen, sofern der nichtgezahlte Anteil zwei Monatsmieten übersteigt. Eine Betriebskostennachzahlung gehört zwar nicht zu den laufenden Mietzahlungen, lange war daher umstritten, ob die Nichtzahlung zur Kündigung berechtigt – aber inzwischen gehen immer mehr Gerichte davon aus, dass auch eine nicht geleistete Betriebskostennachzahlung die außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigt, wenn sie den Betrag von mehr als zwei Monatsmieten übersteigt.

Was bedeutet die Formulierung im BGB, dass der Vermieter kündigen kann, wenn der Mieter „für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug“ ist?

Sehr gute Frage, denn dieses wird im Alltag von zu vielen Mietparteien übersehen. Ein nicht unerheblicher Teil der Miete ist in diesem Fall bereits erreicht, wenn der Rückstand eine Monatsmiete übersteigt. Dieses kann beispielsweise bei streitiger Minderung schnell erreicht werden. Beispielsweise wird die Miete für Januar und Februar um je 60% gemindert, dann beträgt der behauptete Rückstand 120% und damit mehr als eine Monatsmiete. Folglich kann es passieren, dass Ihnen ab Mitte Februar schon eine Kündigung wegen dieses Rückstandes zugeht. Bei einer Mietminderung trägt der Mieter die Beweislast dafür, dass der Mangel tatsächlich bestand und dem Vermieter auch angezeigt wurde. Gelingt dem Mieter dieser Nachweis nicht, kann dies zum Verlust der Wohnung führen. Lassen Sie sich deshalb vor der Durchführung einer Mietminderung unbedingt beraten. Im Zweifel sollten Sie die Miete unter dem Vorbehalt der Rückforderung vorerst vollständig zahlen und dann zurückfordern.

Ich habe einen finanziellen Engpass gehabt und konnte meine Miete für Januar und Februar nicht zahlen. Jetzt war die Kündigung im Briefkasten. Hätte der Vermieter mich nicht erst abmahnen müssen?

Leider nein. Die Miete wird am dritten Werktag des laufenden Monats bzw. zu dem im Mietvertrag vereinbarten Termin fällig, ohne dass es einer Mahnung bedarf. Folglich musste der Vermieter Sie auch nicht abmahnen oder Ihnen eine Frist zur Zahlung setzen. Ich empfehle Ihnen daher dringend, den Rückstand unverzüglich auszugleichen.  

Mein Vermieter hat fristlos und hilfsweise fristgemäß gekündigt. Was bedeutet das? 

In der Regel kündigen die Vermieter fristlos und hilfsweise fristgemäß. Die hilfsweise fristgemäße Kündigung sprechen die Vermieter aus, um die Heilung durch Zahlung zu verhindern. Das macht die Sache für Sie komplizierter. Eine fristlose Kündigung ist durch sofortigen Ausgleich sämtlicher Rückstände – spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Räumungsklage „heilbar“ – eine fristgemäße Kündigung aber nicht.

Ich habe nach Zugang der Kündigung wegen Zahlungsverzugs sofort den Mietrückstand ausgeglichen. Mein Vermieter hat mich trotzdem auf Räumung verklagt. Ich habe vorher niemals Mietschulden gehabt. Muss ich ausziehen?

Wie bereits oben erwähnt, kann der Vermieter die fristlose mit der fristgemäßen Kündigung verbinden, um zu verhindern, dass Sie durch Zahlung die Verurteilung zur Räumung abwenden können. Durch Ihre Zahlung wurde nur die fristlose Kündigung unwirksam, nicht aber die fristgemäße. Die fristgemäße Kündigung beendet das Mietverhältnis dann zu der nach Mietdauer gestaffelten regulären Frist, das heißt je nach Dauer des Mietverhältnisses zu drei, sechs oder neun Monaten. Der fristgemäßen Kündigung können Sie gemäß § 574 BGB widersprechen, sofern der Verlust der Wohnung für Sie oder einen im Haushalt lebenden Familienangehörigen eine nicht zumutbare Härte darstellen würde. Der Widerspruch muss schriftlich erhoben werden und dem Vermieter zwei Monate vor Vertragsende zugehen.

Bei Gericht werden dann die im Widerspruch genannten bestehenden Interessen des Mieters an der Fortsetzung des Mietverhältnisses mit denen des Vermieters an der Beendigung gegeneinander abgewogen. Nach Auffassung des BGH steht Ihnen das Widerspruchsrecht nicht zu, sofern auch ein Grund zur fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs bestand. Bei der Frage, ob Sie ein Verschulden trifft oder wie erheblich dieses zu bewerten ist, kann berücksichtigt werden, dass Sie umgehend nach Zugang die Rückstände ausgeglichen haben und Ihr Verschulden demnach in einem milden Licht zu betrachten ist.

Aufgrund familiärer Probleme habe ich die Miete in den letzten beiden Jahren nicht regelmäßig gezahlt. Eine fristlose Kündigung konnte ich durch sofortigen Ausgleich des Rückstandes abwenden. Nun habe ich erneut eine Kündigung erhalten. Kann ich auch diese heilen?

Leider nein. Gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB haben Sie zwar die Möglichkeit, eine fristlose Kündigung durch Zahlung zu heilen, dies gilt aber nicht, sofern das Mietverhältnis innerhalb von zwei Jahren erneut fristlos wegen Zahlungsverzugs gekündigt wird. Hier hilft nur, den Rückstand unverzüglich auszugleichen und zu versuchen, mit dem Vermieter eine einvernehmliche Regelung zu treffen. Vielleicht können Sie ja so die Räumungsklage abwenden.

Mein Gehalt bekomme ich immer erst am 20. des Monats – die Miete soll ich aber schon zum 3. eines Monats zahlen. Mein alter Vermieter hat jahrelang hingenommen, dass ich die Miete zu dem späteren  Termin gezahlt habe. Nun habe ich einen neuen Vermieter, der das nicht dulden will. Kann er etwa wegen Zahlungsverzugs kündigen?

Dies ist denkbar. Prinzipiell kann nicht nur die Nichtzahlung zu einer Kündigung führen, sondern – zumindest nach Abmahnung – auch die wiederholte unpünktliche Zahlung der Miete. Deshalb ist hier Vorsicht geboten. Aber bei Duldung über einen längeren Zeitraum über mehrere Jahre könnte eine stillschweigende Verschiebung der Fälligkeit angenommen werden und daher eine Kündigung ausgeschlossen sein. Lassen Sie sich unter Vorlage Ihres Mietvertrages und des Vermieterschreibens beraten.

Ende des Jahres hat mein Vermieter über die Betriebskosten abgerechnet. Die Abrechnung endet mit einer Nachzahlung von fast 1.000 Euro. Kann der Vermieter das Mietverhältnis kündigen, wenn ich diese nicht ausgleiche?

Sofern Ihre monatliche Miete geringer ist als 1.000 Euro ist dieses denkbar. Die Nachzahlung der Betriebskosten wird einen Monat nach Zugang einer formell richtigen und nachprüfbaren Abrechnung fällig. Leisten Sie diese trotz Mahnung nicht, kommen Sie in Zahlungsverzug. Sofern die Nachzahlung eine Monatsmiete übersteigt, kann der Vermieter dann hiermit eine ordentliche fristgemäße Kündigung begründen. Sie sollten daher die Abrechnung und die Abrechnungsbelege dringend prüfen lassen. Bis zur Gewährung der Belegeinsicht können Sie Ihr Zurückbehaltungsrecht erklären. Lassen Sie sich unbedingt dazu beraten. Im Zweifel können Sie auch einen Teilbetrag unter Vorbehalt leisten und diesen so berechnen, dass der Restbetrag unter dem monatlich zu zahlenden Betrag liegt.

Mit der Abrechnung über die Betriebskosten hat der Vermieter auch die Vorauszahlungen erhöht. Muss ich diese zahlen, obwohl ich Zweifel an der Berechtigung der Erhöhung habe? 

Auch die Vorauszahlungen gehören zu der monatlich zu zahlenden Miete und der Vermieter kann demnach auch diesbezüglich wegen Zahlungsverzugs kündigen, wenn die Rückstände über ein bzw. zwei Monatsmieten hinausgehen. Pauschale Zweifel allein an der Berechtigung sind nicht ausreichend. Sie sollten daher die Abrechnung und die Anpassung der Vorauszahlungen überprüfen lassen.

Mein Vermieter hat nach Abschluss der Modernisierung die Miete erhöht. Es wurden auch Instandsetzungskosten mit umgelegt. Diese Kosten habe ich herausgerechnet und nur den niedrigeren Betrag gezahlt. Kann der Vermieter etwa wegen Zahlungsrückstandes kündigen?

Hier sind Sie durch § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB geschützt. Der Vermieter muss Sie zunächst auf Zahlung der Erhöhungsbeträge verklagen und kann eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs erst zwei Monate nach rechtskräftiger Verurteilung auf diese Erhöhungsbeträge kündigen. Zu klären in einer Beratungsstelle wäre allerdings die Frage, ob Ihre Berechnung oder Wertung zutreffend ist oder nicht. Auch eine vor der Kündigung notwendige Zahlungsklage verursacht Kosten.

Mir ging eine Kündigung wegen nicht gezahlter Mieten nur per E-Mail zu. Ist diese überhaupt wirksam?

Die Kündigung selber ist in diesem Fall formell unwirksam – aber Sie sollten dennoch überprüfen, ob die behaupteten Mietrückstände tatsächlich bestehen oder ob es zumindest streitige Differenzen gibt. Sofern Mietrückstände bestehen, ist es ratsam, diese dann schnellstmöglich auszugleichen. Sofern die behaupteten Rückstände aus einer streitigen Mietminderung resultieren, zahlen Sie unter dem Vorbehalt der Rückforderung. Sofern Sie ausgleichen, bevor Ihnen die schriftliche Kündigung zugeht, wäre dann auch diese Kündigung unbegründet. Eine Kündigung ist nur begründet, sofern zum Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung der Zahlungsrückstand, auf den sich die Kündigung stützt, noch besteht.

Die Kündigung ging mir nur per Boten zu. Muss denn eine Kündigung nicht mit eingeschriebenem Brief zugestellt werden? 

Die Kündigung – auch eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs – muss Ihnen nur in Schriftform zugehen. Allerdings trägt der Vermieter die Beweislast dafür, dass Ihnen die Kündigung auch tatsächlich zugegangen ist. Bei Zustellung durch einen Boten – das kann auch ein Mitarbeiter des Vermieters sein – ist der Bote dann Zeuge für den Zugang der Kündigung. Eine Zeugenaussage ist sogar sicherer als der Nachweis der Versendung per Einschreiben. Es gibt im Gesetz keine Regelung darüber, wie die Zustellung zu erfolgen hat. Der Vermieter kann also nicht auf eine Zustellung per Post verwiesen werden.  

Meine Wohnung wurde verkauft und mir wurde noch nicht mitgeteilt, wer der neue Eigentümer ist und auf welches Konto ich die Miete zahlen soll. Nun befürchte ich, dass der Erwerber mir kündigt, wenn ich nicht an ihn zahle.

Zunächst muss der Vermieter Ihnen mitteilen, an wen er verkauft hat, und diese Mitteilung muss Ihnen so rechtzeitig zugehen, dass Sie noch die Möglichkeit haben, diese zu berücksichtigen, etwa für die Änderung eines Dauerauftrags. Probleme können dann auftreten, wenn Sie die Mitteilung des Vermieters übersehen. Demnach ist es in diesem Fall ratsam, sich einen Grundbuchauszug beim zuständigen Amtsgericht zu besorgen. Dort müssen Sie Ihr berechtigtes Interesse – am einfachsten durch Vorlage Ihres Mietvertrags – nachweisen, dann bekommen Sie einen Grundbuchauszug oder zumindest die Auskunft, wer Eigentümer ist. In der Informationsschrift der BMG „Eigentümerwechsel“ finden Sie wertvolle Hinweise, wie Sie sich in einem solchen Fall verhalten sollten.

Beim JobCenter habe ich einen Antrag auf Bürgergeld gestellt, dieser ist nun seit sechs Wochen in der Bearbeitung, ohne dass mir ein Sachstand mitgeteilt wurde.

Hier kann ich nur raten, umgehend auch eine sozialrechtliche Beratung aufzusuchen. Sie sollten dem JobCenter unbedingt eine kurze Frist setzen und auf Ihre Situation hinweisen. Denn auch bei schleppender Bearbeitung durch das JobCenter sind Sie weiterhin Mietschuldner und bei Zahlungsverzug droht Ihnen eine Kündigung des Mietverhältnisses. Im besten Fall nur die fristlose, denn diese ist – wie oben geschildert – heilbar und wird im Falle einer Räumungsklage auch dann unwirksam, wenn das JobCenter innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Räumungsklage erklärt, dass es die rückständigen Mieten übernimmt.Kompliziert wird die Angelegenheit für den Fall, dass der Vermieter wie oben dargestellt die fristlose Kündigung mit der fristgemäßen verbindet. Das JobCenter verweigert dann häufig die Übernahmeerklärung bzw. macht diese davon abhängig, dass der Vermieter zusichert, bei Zahlung das Mietverhältnis fortzusetzen. Deshalb sollten Sie hier auch sozialrechtliche Schritte in Erwägung ziehen, etwa eine Untätigkeitsklage oder einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz beim zuständigen Sozialgericht. Suchen Sie schnellstmöglich eine sozialrechtliche Beratungsstelle auf und/oder besorgen Sie sich beim für Ihren Wohnort zuständigen Amtsgericht einen Beratungshilfeschein, damit Sie mit diesem eine Anwältin/einen Anwalt Ihrer Wahl aufsuchen können.

 

Rechtsanwalt Peter Scholz berät in den BMG-Beratungsstellen Sonnenallee in Neukölln, Fehrbelliner Straße in Prenzlauer Berg, Tucholskystraße in Mitte und Kirchstraße in Zehlendorf sowie Malplaquetstraße in Wedding.


MieterEcho 440 / Mai 2024

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