Editorial
Editorial MieterEcho
Liebe Leserinnen und Leser,
Frau Giffey kann es nicht lassen. Jeden ranzigen Immobiliendeal in dieser Stadt bejubelt sie. Die vollständige Übernahme des KaDeWe durch das thailändische Familienunternehmen Central Group nannte sie sofort eine gute Nachricht für das Kaufhaus und für Berlin. Zur Erinnerung: Bereits 2015 erwarb die Central Group 50,1% an der KaDeWe-Gruppe, zu der neben dem KaDeWe das Hamburger Kaufhaus Alsterhof und das Kaufhaus Oberpollinger in München gehören, von der Signa Holding des René Benko. Jetzt folgen die restlichen 49,9%. Dass der thailändische Global Player mit dieser Erwerbung keine Alterssicherung bezweckt, sondern die nächste Verwertungsstufe erklimmen will, ist kein Grund für Jubel. Aber zu einer solchen Einsicht ist Frau Giffey nicht fähig.
Über Facebook verbreitete sie kürzlich: „Es gibt hoffnungsvolle Nachrichten zur insolventen Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof. Die neuen Eigentümer werden voraussichtlich mehr als 70 der 92 Filialen in Deutschland fortführen. Bei den neuen Eigentümern handelt es sich um ein Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC und dem deutschen Unternehmer Bernd Beetz.“ Sie begrüße es ausdrücklich, „dass im Rahmen des Insolvenzverfahrens von Galeria Karstadt Kaufhof überzeugende Investoren gefunden werden konnten, die bereit sind, einen Großteil der bundesweit 92 Standorte weiterzuführen. Wir haben bereits vereinbart, sehr zeitnah mit ihnen über die Zukunft der Berliner GKK-Warenhausstandorte zu sprechen.“
Die WirtschaftsWoche fragte, ob sich Deutschlands letzte große Warenhauskette wirklich auf diese Weise aus der Umklammerung des früheren Eigentümers Signa befreien könne. Schließlich sei bei der Versteigerung nur das Bietergespann Ex-Handelsmanager Bernd Beetz und der US-Geschäftsmann Richard Baker mit seinem NRDC übriggeblieben. Bernd Beetz ist Präsident des Fußball-Drittligisten SV Waldhof Mannheim und Richard Baker war, so die WirtschaftsWoche, „über sein Unternehmen Hudson’s Bay Company schon einmal Eigentümer von Kaufhof. Es war eine Phase, die Galeria-intern inzwischen als ‚Anfang vom Ende‘ beschrieben wird. Zu gründlich haben die ‚Baker Boys‘ die stolze Warenhauskette damals gegen die Wand gefahren. Und ausgerechnet Baker soll nun bei Galeria wieder das Kommando übernehmen?“
Doch Frau Giffey hält die Investoren – wie eigentlich immer – für überzeugend. „Da können wir einfach nur sagen ‚wow‘, oder?“, entrang es sich ihr, als Signa/Benko 2021 seine Pläne für das Karstadt am Hermannplatz vorstellte. „Ich meine, das ist wirklich großartig, was hier heute präsentiert wird. Das ist Zukunft, das ist beste Wirtschaft, das ist gute Arbeit“, schwärmte sie.
Hätte Frau Giffey damals den Tagesspiegel gelesen, wäre ihre Begeisterung vielleicht etwas gedämpfter ausgefallen. Dort stand zur gleichen Zeit unter der Überschrift: „Der Blender vom Dienst“: „Was Benko tut, ist nichts anderes als Finanzakrobatik, es ist im besten Sinne des Wortes asozial.“
Ihr MieterEcho
MieterEcho 440 / Mai 2024