Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 446 / Dezember 2024

Das Klima wird feindlicher

Hilfe für Obdachlose verliert an Priorität in Berlin

Von Nicolas Šustr

„Wir werden nicht aufgeben, das steht außer Frage“, sagt Uwe zum MieterEcho. „Die werden sehen, dass wir kein Kleeblatt sind, das man mal so einfach zupfen kann und wegschmeißen. “ Uwe gehört zum harten Kern der Union für Obdachlosenrechte Berlin (UfO). Das ist eine 2022 gegründete, unabhängige und selbstbestimmte Interessenvertretung aus wohnungslosen und ehemals wohnungslosen Menschen und ihren Verbündeten. Als einzige Selbstvertretung ist sie auch in den relevanten Gremien vertreten.

Sozial-Staatssekretär Aziz Bozkurt (SPD) lobte im November UfO im Sozialausschuss des Abgeordnetenhauses. Man sei „stolz darauf, dass wir mit ihnen auch arbeiten dürfen“. Das Besondere an der Organisation sei, dass sie nicht weiter nach unten trete, „dass sie nicht irgendwelche Rassismen fördern“. Aber Geld für die UfO gebe es nicht. „Aktuell können wir da tatsächlich keine Förderung in Aussicht stellen“, sagt er im Ausschuss. 

Damit hat die Selbstvertretung ab 2025 ein Problem. Denn zum Ende dieses Jahres läuft die Förderung der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt aus. „Wir sind dringend auf Spenden angewiesen“, sagt Uwe. Die Spendenmöglichkeiten finden sich auf der Homepage.

„Wer an der Selbstvertretung von Obdachlosen oder weiteren Projekten für Obdachlosenhilfe spart, der spart bei den Ärmsten und macht Berlin wissentlich zu einem unsozialeren Ort“, sagt Katina Schubert. Die sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion hatte im Ausschuss nach der Finanzierungsperspektive gefragt.

Dabei werden die Zeiten für Obdachlose sowieso härter. Bereits 2024 haben die Bezirke wegen der Haushaltslage im Sozialbereich gekürzt. „Es ist ein Problem, dass es in Berlin seit ewigen Zeiten an Streetworkern fehlt. Selbst in Friedrichshain-Kreuzberg wurde bei Streetworkern gekürzt, es sind also weniger als früher unterwegs“, berichtet Matze, der sich ebenfalls bei UfO engagiert.

„Es wird immer schlimmer. Das Schlimme ist auch, dass sowieso der Rassismus schlimmer wird“, sagt Matze. 

Besserung nicht in Sicht

Als besonderen Einschlag sieht er auch das Projekt Reinigungsstreife an der U8.  Die BVG setzt, auch in Zusammenarbeit mit der Polizei, nun deutlich mehr Reinigungs- und Sicherheitspersonal in den Bahnhöfen und Zügen der U8 ein. Oft drogenkranke Obdachlose werden aus den Stationen verjagt. „Es geht schon gezielt um Vertreibung. Man will die Menschen vertreiben, aber nicht das Problem lösen“, sagt Matze. Denn so werde es immer schwieriger für Helfende, die Menschen zu erreichen. „Das sind Streetworker, aber auch  Anwohnende, die etwas zu Essen oder zu Trinken vorbeibringen“, so Matze. Obdachlose weichen bis nach Steglitz aus, wo es Hilfsstrukturen in dem Umfang nicht gibt.

Uwe hält es aber für „noch zu früh“, um die Politik für Obdachlose unter Schwarz-Rot zu beurteilen. Denn es dauere Jahre, bis sich die Handschrift der jeweiligen Verantwortlichen tatsächlich konkret niederschlägt. Er sieht aber eine Tendenz. „Ich habe den Eindruck gewonnen, dass das neue Team uns unterstützen will und so, aber wenn es tatsächlich zu konkreten Dingen kommen soll, dann ist es plötzlich so nicht gemeint.“ Deutlicher sei es erst dann einzuschätzen, wenn klar ist, wie sich die drei Milliarden Euro Kürzung im Landeshaushalt 2025 auswirken.

Vollkommen schleierhaft ist, wie das von der EU, der Bundesregierung und auch vom Land Berlin ausgerufene Ziel erreicht werden soll, die Obdachlosigkeit bis 2030 zu überwinden. „Ich weiß nicht, was die sich vorstellen. Dass es 2030 einen Ruck gibt und dann gibt es keinen Obdachlosen mehr?“, sagt Uwe dazu. 

„Was uns einfach fehlt, sind Wohnungen“, sagt Barbara Breuer zum MieterEcho. Sie ist Sprecherin der Berliner Stadtmission, die unter anderem die Kältebusse und mehrere Notübernachtungen betreibt. „Wir haben immer öfter Kontakt mit Menschen, die Arbeit haben, aber keine Wohnung finden“, berichtet sie. Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft können zwar die Notübernachtung nutzen. Doch weiterführende Hilfen, die ihnen dauerhaft ein Dach über dem Kopf verschaffen würden, stehen ihnen in der Regel nicht offen. Laut Statistik der Stadtmission waren nur 28% der dort Übernachtenden Deutsche. 

 

Weitere Information: ufo-berlin.org


MieterEcho 446 / Dezember 2024

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