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MieterEcho 430 / Februar 2023

Editorial

Editorial MieterEcho

Liebe Leserinnen und Leser,

„Bessere Verwaltung wollen alle. Wir wollen sogar was tun“, kündigte die FDP auf ihren Wahlplakaten an, ließ aber offen, worauf sich das „Tun“ bezieht. Ob auf eine bessere Verwaltung oder auf ein völlig verquastes Papier, das sie dem Abgeordnetenhaus vorgelegt hatte oder darauf, auf einen Zug aufzuspringen, der bereits vor vielen Monaten in Bewegung gebracht worden war. Wer weiß das schon...! 

Über die Notwendigkeit einer Verbesserung der Verwaltung muss in dieser Stadt nicht gestritten werden. Wer beispielsweise in Spandau wohnt und für die Verlängerung des Personalausweises einen Termin in Neukölln bekommt, weiß wovon die Rede ist.

Mit dem Engagement für eine Verwaltungsreform lässt sich politisch gut punkten und zugleich ein Instrument für die Durchsetzung der eigenen Interessen schaffen. Das wiederum weiß die Szene, die sich so gerne „Zivilgesellschaft“ oder „Stadtgesellschaft“ nennt. Das „Berlin Forum“ z.B. – eine Gründung von Ex-Staatsekretär/innen, Senatsbeauftragten und dergleichen – versammelt Angehörige der oberen Mittelschicht aus verschiedensten Einrichtungen, betreibt emsig Networking und hat ein „Breites Bündnis der Zivilgesellschaft“ zustande gebracht, als Basis für die Forderung nach einer raschen Verwaltungsreform. Dem Bündnis gehören u.a. die Industrie und Handelskammer, der Immobilienverband Deutschland, die Handwerkskammer und nicht zuletzt der Architekten- und Ingenieurverein zu Berlin-Brandenburg e.V. (AIV) an. 

Ergebnis mehrerer Treffen dieses Bündnisses „war ein breiter Konsens zahlreicher zivilgesellschaftlicher und Wirtschaftsorganisationen darüber, welche Reformschritte dringend nötig sind.“ Allzu detailliert ist der Konsens nicht. Immerhin stellte man fest: „Zur Stärkung der Handlungs- undt Steuerungsfähigkeit in den Bezirksämtern sollen die Anforderungen an die fachliche Eignung und Qualifikation der Stadträtinnen und Stadträte erhöht (...) werden.“ 

Das klingt vielversprechend und das Bündnis weiß auch, wie das geschehen kann: „Zur Unterstützung der neuen Führungskultur in der Verwaltung bietet sich eine engere Kooperation mit der Berliner Wirtschaft an, insbesondere im Rahmen der Fort- und Weiterbildung von Führungskräften.“ Ausbildung der Stadträt/innen durch die Wirtschaft! Was kann da noch schief gehen. 

In diesem Sinne eröffnet das Bündnis eine Perspektive: „Ziel ist es, mit einer möglichst großen Anzahl von Partnern der Wirtschaft und zivilgesellschaftlichen Organisationen, insbesondere den Trägern des Berlin-Forums, in den kommenden Wochen in weiteren Gesprächen untereinander und mit den politischen Parteien und dem Senat zu einer breiten Basis für ein überzeugendes Konzept zur Reform der Hauptstadtverwaltung zu gelangen.“ 

Das könnte klappen, denn Vorsitzender des an dem Papier maßgeblich beteiligten AIV ist der Architekt Tobias Nöfer und der wird inzwischen als Nachfolger des Stadtentwicklungssenators Andreas Geisel gehandelt.

Ihr MieterEcho


MieterEcho 430 / Februar 2023