Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 426 / August 2022

Spendable Immobilienlobby

Großspenden an Parteien sind ein Demokratieproblem

Von Timo Lange/LobbyControl

Vor einigen Wochen wurden die Finanzberichte der im Bundestag vertretenen
Parteien veröffentlicht. Bei der Analyse der Spendeneinnahmen, die Lobby-
Control regelmäßig vornimmt, fiel sogleich auf: Die Bau- und Immobilien-
wirtschaft lag wieder ganz vorne – und besonders die CDU profitierte von den
großzügigen Parteispenden aus der Branche.   

820.000 Euro – um auf diese Summe zu kommen, müsste ein durchschnittlicher Haushalt in Deutschland 222 Monate das gesamte verfügbare Einkommen ansparen. Diese Summe spendete der Bauunternehmer Christoph Gröner im Jahr 2020 an die CDU. Im Ranking der Großspenden an politische Parteien im Jahr 2020 steht Gröner damit an der Spitze, noch vor den Verbänden der Metall- und Elektroindustrie, hinter denen Konzerne wie Mercedes oder Siemens stehen. 

Besonders brisant ist, dass Gröner mit seinen Spenden offenbar gegen den Berliner Mietendeckel vorgehen wollte. Sogenannte Einflussspenden sind laut Parteiengesetz verboten. Aber: Eine Partei zu unterstützen, weil man sich davon verspricht, dass sie die eigenen Interessen mitvertritt, das ist nicht verboten. Dazwischen liegt nur ein schmaler Grat, wie dieses Beispiel zeigt.

Die Berliner CDU zeigte sich bei Spendeneingang hoch erfreut. Man wisse, „wie sehr ihm Berlin am Herzen liegt“, sagte der Generalsekretär der CDU Berlin, Stephan Evers, damals. Die Spende sei ermutigend, und es sei „ein großer Vertrauensbeweis“, solch große Unterstützung aus der Gesellschaft zu erfahren. Verblüffende Wortwahl. Was Gröner wohl mehr am Herzen liegen dürfte als Berlin an sich, sind die Renditeaussichten seiner Investitionen dort.

Nur sehr wenige Menschen können es sich leisten, eine Partei mit hohen sechs- oder gar siebenstelligen Spenden zu unterstützen – und damit ihrer politischen Auffassung und ihren Interessen mehr Gewicht zu verleihen. Solche Großspenden sind eben keine freundliche Unterstützung „aus der Gesellschaft“, sondern meist interessengeleitete Zuwendungen von Superreichen, Konzernen und ihren Verbänden. Für die Demokratie ist das problematisch: Daher fordert LobbyControl einen Deckel für Parteispenden, wie er in den meisten anderen EU-Ländern längst besteht.

Unabhängige Politik gefährdet

Auch der Staatsrechts-Professor Ulrich Battis sah die Gröner-Spenden an die CDU kritisch: „Wenn ein Landesverband einer Partei von einem Immobilienunternehmer 800.000 Euro für Fragen der Baupolitik erhält, muss er damit rechnen, dies von der Konkurrenz und der Presse vorgehalten zu bekommen. Das höchste Gut der Politik ist die Glaubwürdigkeit und die leidet“, sagte Battis dem Tagesspiegel. Gröner war allerdings bei weitem nicht der einzige aus der Immobilien- und Baubranche, der der CDU Spenden zukommen ließ. Ein Blick in den letzten Rechenschaftsbericht zeigt, dass insgesamt mindestens 1,85 Mio. Euro aus der Branche an die CDU flossen. Die Summe ist vermutlich noch deutlich höher, da nur Spenden über 10.000 Euro namentlich genannt werden müssen, auch das ist ein Problem.

Sechsstellige Zuwendungen aus der Branche erhielt die CDU neben Gröner auch vom Kölner Immobilienguru Christoph Kahl sowie von Dietmar Bücher und seiner Baufirma. Betrachtet man nur die Spenden über 10.000 Euro von juristischen Personen, also im Wesentlichen von Firmen und Verbänden, kommen zu Gröners, Kahls und Büchers Zuwendungen damit noch rund 500.000 Euro hinzu, nur an die CDU wohlgemerkt.

Die Lobbyspenden aus der Immobilienbranche werfen ein Schlaglicht darauf, was bei der Finanzierung der Parteien nicht stimmt. Großspenden beschädigen die Glaubwürdigkeit unabhängiger Politik und lassen den Einfluss einzelner Vermögender ungebührlich wachsen. Die Parteien müssen viel zu spät und zu wenig ihrer Finanzen offenlegen. Das muss sich ändern und daher setzen wir uns für eine umfassende Reform der Parteien- und Wahlkampffinanzierung ein. Die Ankündigungen der Ampelkoalition dazu reichen bislang nicht aus.

 

Timo Lange ist Analyst und Referent für Transparenz- und Lobbyregulierung im Berliner Büro der gemeinnützigen Organisation LobbyControl e.V. Mehr Informationen unter www.lobbycontrol.de


MieterEcho 426 / August 2022

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