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MieterEcho 422 / Februar 2022

Editorial

Editorial MieterEcho

Liebe Leserinnen und Leser,

Delta hin, Omikron her, die Transaktionsumsätze der Immobilienwirtschaft in Deutschland im Jahr 2021 wurden durch Corona nicht geschwächt. Ganz im Gegenteil! Die gut informierte Immobilien Zeitung drückt das so aus: „2021 war ein goldenes Investmentjahr.“ Ob trotz oder wegen der Pandemie kümmert die Investoren wenig, denn es waren vor allem die Mega-Deals, die zu dem Rekord führten. „Mit einem geschätzten Volumen von 23,5 Milliarden Euro war die Übernahme der Deutschen Wohnen nicht nur die größte Transaktion des Jahres, sondern auch die größte Immobilientransaktion auf dem deutschen Wohninvestmentmarkt überhaupt. Als europäischer Immobiliengigant verfügt Vonovia nun über rund 568.000 Wohnungen“, stellt Michael Bender von Jones Lang Lasalle fest.

Doch damit nicht genug, zwei weitere Mega-Deals trieben die Umsatzbilanz in die Höhe. Zum einen verkaufte das schwedische Immobilienunternehmen Akelius sein gesamtes Portfolio in Deutschland mit 14.050 Wohnungen in Berlin und 3.590 Wohnungen in Hamburg für einen geschätzten Kaufpreis von mehr als 5 Milliarden Euro an den ebenfalls in Schweden ansässigen Immobilienkonzern Heimstaden. Und zum anderen kaufte das Land Berlin von den börsennotierten Wohnungsunternehmen Deutsche Wohnen und Vonovia für rund 2,5 Milliarden Euro Wohnungen zurück. 

Wenn auch solche Mega-Deals nicht in jedem Jahr zustande kommen, die Immobilienbranche befürchtet auch für 2022 keinen Einbruch. Sie vertraut auf das steigende Geldvermögen der besserverdienenden Mittelschicht in der Hoffnung, dass es von deutschen Kapitalsammelstellen in die Immobilienfonds gelenkt wird. Gleichzeitig wird die Stimmung durch die Inflation angeheizt, von der sich die Investmentmakler ebenfalls eine steigende Nachfrage nach Sachwerten erwarten. Nicht zuletzt richtet sich das Vertrauen der Immobilienhändler daneben auf das Freiwerden deutscher Staatsanleihen in Höhe von einer Billion Euro in den nächsten Jahren und deren teilweiser Verwandlung in Betongold. Alles in allem erscheint der Wohninvestmentmarkt in einer fortgeschrittenen Boomphase.

Die Aussichten der Mieter/innen sind dagegen weniger rosig. In den Wohnungsmarkt fließendes Geldkapital sucht seine Rendite und die kann es nur in Form von Mieten generieren. Das heißt, je mehr Kapital sich in diesem Bereich anhäuft, desto größer wird der Druck auf die Mieten. Eine Enteignung großer Wohnungskonzerne ist daher eine Maßnahme, durch die den zu erwartenden Mietsteigerungen am wirksamsten Grenzen gesetzt werden könnte. Doch die Immobilienbranche zeigt sich durch solche Aussichten wenig beunruhigt. Dazu scheint auch angesichts des widerwilligen politischen Umgangs mit dem Volksbegehren wenig Grund zu bestehen.

Ihr MieterEcho


MieterEcho 422 / Februar 2022