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MieterEcho 414 / Februar 2021

Vergabe in Erbbaurecht statt Verkäufe

Mit einem Bodensicherungsgesetz will der Berliner Senat seinen Einfluss auf den Grundstücksmarkt ausbauen

Von Rainer Balcerowiak

Eine Bodenpolitik mit dem Ziel, dem Land Berlin maßgeblichen Einfluss auf die Preis- und Nutzungsgestaltung für Grundstücke im Sinne sozialverträglicher Stadtentwicklung zu ermöglichen, hat in den vergangenen Jahrzehnten kaum stattgefunden. „Alles muss raus“ und zwar an den Meistbietenden, lautete die Devise. Mit der Folge, dass die Grundstücks- und damit auch die Baupreise besonders in innerstädtischen Gebieten explodierten.    

Zwar ist das Kind durch diese desaströse Politik längst in den Brunnen gefallen, doch nunmehr will der rot-rot-grüne Senat mit einem Bodensicherungsgesetz ein paar Pflöcke einschlagen, um den weiteren Ausverkauf der Stadt an private Investoren ein wenig einzudämmen. Eine Vorlage für einen entsprechenden Gesetzentwurf liegt nunmehr vor und wird koalitionsintern diskutiert. Das Gesetz soll noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden.

In der Präambel heißt es: „Für eine soziale und nachhaltige Entwicklung ist die Art und Weise, wie der Zugang zu Grundstücken organisiert wird und wie die Kosten der Grundstücksnutzung kalkuliert werden, entscheidend. (...) Deshalb ist Boden als öffentliches Gut im Interesse des Allgemeinwohls zu organisieren.“ Daher solle „grundsätzlich die Veräußerung von landesunmittelbarem und -mittelbarem Eigentum an Grund und Boden ausgeschlossen“ werden, damit im Landesbesitz befindliche Grundstücke „im Sinne des Allgemeinwohls für die Berliner Infrastrukturentwicklung“ genutzt werden
können.

Von dem Gesetz erfasst werden sollen neben unmittelbarem Eigentum des Landes auch Grund und Boden  „von Landesbeteiligungen, Körperschaften und Stiftungen, soweit das Land Berlin mehr als 50% der Anteile hält oder sonst einen beherrschenden Einfluss ausübt. Die Gesamtheit dieses Eigentums stellt den Berliner Bodenfonds dar.“ Für dessen Verwaltung soll ein Beirat geschaffen werden, dem neben Vertreter/innen des Abgeordnetenhauses, der Senatsverwaltungen für Finanzen und Stadtentwicklung und des Rats der Bezirksbürgermeister  auch  „Vertreter/innen von Verbänden, Interessengruppen und Sozialpartnern, die jeweils eine spezifische Perspektive auf die Liegenschaftspolitik einnehmen“, angehören sollen.

Bodenfonds soll weiter wachsen 

Relativiert wird im § 2 des Gesetzentwurfs das in der Präambel formulierte Veräußerungsverbot. Ausnahmen sollen für Rest-und Arrondierungsflächen gelten, die nicht für eine eigenständige Bebauung geeignet sind, für Tauschgeschäfte mit gleichwertigen Flächen, für Verkäufe an öffentliche Körperschaften oder Unternehmen mit mehrheitlicher Landesbeteiligung. Einem Zustimmungsvorbehalt des Abgeordnetenhauses sollen Verkäufe unterliegen, die „in besonderem öffentlichen Interesse liegen und Erbbaurechte nicht in Betracht kommen“.

Möglich ist dagegen die Vergabe von Grundstücken an Dritte in Erbbaurecht wenn „im Rahmen eines Erbbaurechtsvertrages eine Kontroll- und Sanktionsoption über die im Vertrag fest-gelegten Ziele für die Eigentümerin enthalten sind“. Das soll auch eine Rückabwicklung des Vertrages beinhalten „für den Fall einer nicht gewünschten Nutzungsänderung oder abge-schlossenen Nutzung“.

Laut Entwurf soll „das Vermögen des Berliner Bodenfonds durch Erwerb von Grund und Boden vermehrt werden“. Hierzu könne sich das Land „gesonderter Wirtschafts- und Organisationseinheiten bedienen“. Dadurch könnte die Aufnahme von Krediten durch rechtlich selbstständige, aber landeseigene Gesellschaften oder Anstalten öffentlichen Rechts der Schuldenbremse entzogen werden. Die entscheidende Frage wird dennoch sein, wie viel Geld letztendlich für den Ankauf von Grundstücken zur Verfügung steht. Der als landeseigene GmbH für diesen Zweck bereits als Tochter der städtischen Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) gegründete Bodensicherungsfonds ist mit den derzeit vorgesehenen 250 Millionen Euro jedenfalls nicht sonderlich üppig ausgestattet. Und mit deutlichen Aufstockungen ist angesichts der neuen, coronabedingten Löcher im Landesetat in absehbarer Zeit wohl auch nicht zu rechnen. Aktuell verhandelt der Bodenfonds unter anderem über Ankaufe von Flächen der deutschen Bahn. Auch die BIM-Chefin Birgit Möhring warnte in Neues Deutschland vor zu hohen Erwartungen. „Die Ideen, die hier so existieren, was angekauft werden könnte, überzeichnen deutlich, was an Kapital zur Verfügung steht.“   

Der Berliner Opposition passt erwartungsgemäß die ganze Richtung nicht. CDU-Fraktionschef Burkhard Dregger nannte den Bodenfonds in der Haushaltsdebatte im Dezember ein „ideologiebehaftetes Projekt“, für das keine neuen Schulden aufgenommen werden dürften.


MieterEcho 414 / Februar 2021