Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 419 / August 2021

Profiteur der Privatisierung

Mit zwei großen Übernahmen ist Vonovia in den österreichischen Wohnungsmarkt eingestiegen, das stärkt auch die Marktmacht in Deutschland

Von Heiko Lindmüller

Mit zwei Paukenschlägen trat Vonovia 2017 und 2018 auf dem österreichischen Immobilienmarkt auf den Plan. 2017 wurde die Conwert Immobilien Invest mit 25.000 Wohnungen übernommen, ein Jahr später folgte die Buwog AG mit 49.000 Wohnungen in Deutschland und Österreich.

Den Übernahmen war ein zähes Ringen vorangegangen. Besonders im Fall der Buwog hat das bis zum heutigen Tag alle Insignien eines veritablen Wirtschaftskrimis. Die Wohnungen der Buwog befanden sich ursprünglich im Eigentum der öffentlichen Hand, das Unternehmen war Mitte des letzten Jahrhunderts als Wohnungsgesellschaft für Bundesbedienstete geschaffen worden. Die Privatisierung der Gesellschaft erfolgte im Jahr 2004, rund 60.000 Bundeswohnungen wurden verkauft. Einige Jahre später nahm die österreichische Justiz Ermittlungen gegen den früheren Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ) und einige Lobbyisten auf. Dabei geht es um Provisionen in Millionenhöhe, die der Sieger des Bieterverfahrens, die Immofinanz, über eine Briefkastenfirma an die Beschuldigten gezahlt haben soll. Denn die Immofinanz hatte die bis dahin meistbietende CA Immo in letzter Minute überraschend um eine geringe Summe überboten, weil sie – so der Vorwurf – illegal Informationen über die bisherigen Gebote erhalten haben soll. Im Dezember 2020 wurde Grasser deswegen zu acht Jahren Haft verurteilt, die beiden Mitangeklagten erhielten sechs Jahre. Die Urteile sind aber noch nicht rechtskräftig.

Konsequent auf Expansionskurs

Doch der neue Besitzer Immofinanz hatte da schon längst Fakten geschaffen und das Unternehmen an die Börse geführt. 2018 zahlte Vonovia 5,2 Milliarden Euro für die Buwog; die Übernahme war damit die zweitgrößte, die es in Österreich je gab. Von großem Interesse waren für Vonovia auch die deutschen Bestände der Buwog  (über 20.000 Wohnungen) sowie das Geschäft mit der Immobilienverwaltung. Ein Schwerpunkt der Vonovia-Tochter Buwog ist inzwischen die Projektentwicklung. Laut Firmenmitteilung befinden sich derzeit 15.000 Wohnungen in der Planung oder im Bau, vor allem in Berlin, Hamburg, Leipzig und im Rhein-Main-Gebiet. In Berlin ist die Buwog laut aktueller bulwiengesa-Studie größter privater Projektentwickler. Und man will weiter expandieren und ist auch auf dem Baulandmarkt sehr aktiv. Im Visier sind nicht nur die ganz großen Standorte, sondern generell Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern oder Universitätsstädte „mit positiver demographischer Entwicklung wie Leipzig, Jena, Bayreuth, Nürnberg und Umgebung“. Konkret gesucht werden besonders „Entwicklungslagen mit Quartierscharakter“ und „innerstädtische A+B-Lagen mit Aufwertungspotenzial“. Aber auch in Österreich ist das Unternehmen auf Wachstumskurs. 5.100 Wohnungen sind alleine in Wien geplant. 

Das Tochterunternehmen BUWOG Immobilien Treuhand GmbH betreut ferner im Bereich der Drittverwaltung rund 17.000 Wohnungen und 250.000 qm Gewerbeflächen. Kunden sind große Bestandshalter, Corporates, institutionelle Anleger, Family Offices und vermögende Einzelkunden. 

Für Vonovia zahlt sich jetzt aus, dass die Buwog bereits vor der Übernahme stark auf den deutschen Markt fokussiert war, da dieser wesentlich größere Verwertungspotenziale aufweist. Im Buwog-Geschäftsbericht von 2018 hieß es dazu: „Im österreichischen Bestand unterliegen alle vor dem 1. April 2001 errichteten Objekte den Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG), was Mietsteigerungen auch nach Auslaufen der Förderung ausschließt. Die auslaufenden Förderungsbindungen in Deutschland erhöhen wiederum das Potenzial für mittel- und langfristig realisierbare Mietsteigerungen im Portfolio. Denn „übergeordnetes strategisches Ziel“ der Buwog bleibe auch nach der Übernahme „eine kontinuierliche Steigerung des Unternehmenswerts bei gleichzeitig hoher Gewinnausschüttungsfähigkeit durch einen hohen Cashflow“.


MieterEcho 419 / August 2021

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