Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 419 / August 2021

Köpi bleibt Risikokapital

Der Köpi-Wagenplatz in Mitte ist nach einem Räumungsurteil akut bedroht

Von Tim Zülch

„Dies ist unser Zuhause und wir sind hier, um zu bleiben, und werden alles tun, was wir können“, sagt Jane, Sprecherin der Köpi Wagenplatzbewohner/innen, auf die Frage, was ihre Pläne für die Zukunft sind. Ob es so bleiben wird wie jetzt, ist ungewiss, handelt es sich bei dem Gelände Köpenicker Straße 133-136 doch um eines der letzten unbebauten Filetstücke im Gebiet rund um die sogenannte Mediaspree. Ein Quartier, in dem sich die Bodenrichtwerte in den letzten zehn Jahren mehr als verzehnfacht haben und von ca. 600 Euro/qm auf aktuell 6.500 Euro gestiegen sind.

Am 10. Juni dieses Jahres urteilte die Zivilkammer 19a des Landgerichts Berlin über ein Räumungsbegehren der Eigentümerin des Geländes - der Startetzia GmbH – und gab diesem statt. Der Verein der Bewohner/innen muss demnach das Gelände herausgeben. Nach Auskunft der Betroffenen ist nunmehr, nach Zahlung einer Sicherheitsleistung von 200.000 Euro durch den Eigentümer, eine Räumung jederzeit möglich, auch unabhängig von der eingereichten Berufung. 

Im Prozess verwies Moritz Heusinger, der Anwalt der Bewohner/innen, auf einen so genannten Letter of Intent von 2013, in dem dem Verein eine Nutzung des Geländes erlaubt worden sei. Allerdings ohne Erfolg. Die Eigentumsverhältnisse rund um das Gelände sind verworren. Die Startezia GmbH, offensichtlich eine Briefkastenfirma, hat das Gelände 2013 im Rahmen einer Zwangsversteigerung erworben. Pikant ist, dass sowohl die Startezia, als auch die vorherige (insolvente) Eigentümerfirma vom gleichen Geschäftsführer geleitet werden und die gleiche Postadresse haben. So zumindest ist es in einer Internet-Firmendatenbank nachzulesen. Öffentliche Telefonnummer oder Mailadresse? Fehlanzeige.

Dubiose Besitzverhältnisse

Beim Geschäftsführer der Startezia GmbH handelt es sich um einen gewissen Yervand Chukhajyan. Nach Recherchen der Bewohner/innen ist Chukhajyan aber nur ein Mittelsmann. Dahinter stehe die Sanus AG und der Bauunternehmer Siegfried Nehls. Dies konnte allerdings die Sanus AG auf Nachfrage bis Redaktionsschluss nicht bestätigen. Nehls ist ein äußerst umtriebiger Geschäftsmann. So kaufte er beispielsweise den ehemaligen Potsdamer Landtag – „Kreml“ genannt –, in dem nun 139 Luxusapartments entstehen sollen. Seit 2015 drehen sich dort allerdings weder Baukran noch Betonmischer.

Im Brandenburger Steuerparadies Zossen kam es richtig dicke für Nehls und die Sanus AG. 3,2 Millionen Euro Steuerschulden waren dort nach Auskunft der damaligen Bürgermeisterin Michaela Schreiber aufgelaufen, woraufhin diese 2019 ein Gewerbeuntersagungsverfahren gegen die Sanus AG anstrengte. Der Ausfall sei „durch mehrere Gesellschaften entstanden, an denen die Sanus AG bzw. Sanus Bauträger GmbH & Co KG beteiligt ist. Diese Firmen sind in Zossen angemeldet und haben keine Gewerbesteuer gezahlt, sind teilweise insolvent, der Geschäftsführer ins Ausland abgemeldet oder ähnliches“, schrieb die Bürgermeisterin im städtischen Amtsblatt.

In Mitte setzt sich seit einiger Zeit unter anderem das Bezirksamt für die Köpi-Grundstücke ein. So gebe es derzeit „auf Bezirks- und Landesebene Gespräche zu einer künftigen möglichen Nutzung der Grundstücke, die jedoch noch nicht abgeschlossen sind“, wie die Bezirks-Pressestelle auf Anfrage mitteile. Die BVV Mitte forderte den Bezirk außerdem im Juni auf, sich beim Senat für einen Kauf oder Tausch des Grundstücks einzusetzen. Auf MieterEcho-Anfrage hieß es: „Derzeit liegt uns noch keine definitive Antwort des Senats zu einem möglichen Ankauf der Grundstücke „Köpi" und „Wagenburg" vor“. Kontakt zum Eigentümer des Geländes habe auch das Bezirksamt nicht.

Die Bewohner/innen wollen nicht aufgeben. Noch stehen die Bauwagen ineinander verschachtelt auf dem Gelände. Die Bewohner/innen haben sich im Lauf der Jahre kleine Vordächer und Erker gebaut. Seit 20 Jahren leben rund 30 Personen auf dem Areal, das sich über drei Flurstücke erstreckt und direkt an das Hausprojekt Køpi137, das von dem Räumungsurteil nicht betroffen ist, angrenzt. „Köpi bleibt Risikokapital“ steht auf Transparenten am Zaun. Eine klare Ansage.


MieterEcho 419 / August 2021

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