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MieterEcho 418 / Juni 2021

Gegen „Nordkorea an der Spree“

Ein berüchtigter Immobilienunternehmer will die Berliner Politik aufmischen

Von Peter Nowak   

„Ein Investor und Hotelier aus Prenzlauer Berg will der nächste Bürgermeister von Berlin werden – und hat große Pläne für die Hauptstadt“ . So stellt die Kiezzeitung Prenzlauer Berg Nachrichten (PBN) Alexander Skora vor, der bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus als Kandidat antritt. Unterstützt wird der Parteilose von einer Gruppe, die sich BerlinBrains nennt. Die Parole „Zieht Berlin die Zwangsjacke aus“ , die Skora zum Leitspruch seiner Kampagne gemacht hat, ist ein Aufruf für einen Kapitalismus ohne jede Begrenzung. Dabei beziehen sich Skora und seine Unterstützer/innen auf die US-Philosophin Ayn Rand. Sie genießt in den USA bei der rechten Tea-Party-Bewegung Kultstatus, weil sie strikt gegen jegliche Form von Kollektivismus und Sozialstaat und für einen schrankenlosen Kapitalismus eingetreten ist. Diese Ideologie wird auch in den Verlautbarungen von Skora und seinen Unterstützer/innen deutlich.

„Die andauernden destruktiven Drangsalierungen von nicht funktionierenden Verwaltungen, krassen Krankenständen in allen Bereichen der Berliner Behörden und die allgemeine Anti-Haltung bei großen Teilen der arbeitenden und arbeitslosen Menschen hält Berlin in einem erschreckenden Dämmerzustand, der an Zeiten erinnert, als die Mauer noch stand“, wird auf der Webseite von BerlinBrains lamentiert. Dort wird auch benannt, welche Kräfte entfesselt werden sollen. „Das große Potenzial, welches Berlin durch die vielen Start-ups und unternehmungslustigen Bewohner/innen und Besucher/innen aus aller Welt in sich trägt, wird wie unter einer Käseglocke oder in einer Zwangsjacke am Atmen gehindert.“ In dem PBN-Interview sagt Skora ganz offen, dass ihn nur die Zugezogenen und die jüngere Generation interessieren. Dem aktuellen Berliner Senat wirft Skora vor, die Alt-Bewohner/innen von Berlin zu privilegieren – „indem man die Mietpreise extrem absenkt“. Das ist für Skora „fast so wie Nordkorea an der Spree“. „Kommunistische Städte kann man so regieren, ja. Aber dann muss man auch eine Mauer drum ziehen.“ Das ist die Ideologie von Ayn Rand, für die schließlich jede Form von Sozialstaat Kommunismus war und bekämpft werden musste. Gentrifizierung ist für Skora „etwas ganz Natürliches“, wie er im Interview mit den PBN betonte. 

Leidgeprüfte Mieter

Schließlich sind die Brüder Alexander und Michael Skora seit Jahren im Berliner Immobiliengeschäft tätig und haben bereits mehrmals für Schlagzeilen gesorgt. So ließ der Bezirk Neukölln im Oktober 2017 das Fantastic Foxhole Hostel schließen, das Skora in der Weserstraße 207 über mehrere Monate illegal betrieben hatte. Bewohner/innen des Hauses, die sich in der Nachbarschaftsinitiative Weserstraße zusammengeschlossen hatten, beklagten Lärm und die Zweckentfremdung von Wohnraum. Nach der Schließung warf Skora dem Bezirk auf Twitter Stasi- und Nazimethoden vor. Die Tageszeitung Neues Deutschland berichtete im Dezember 2017, dass ein Mieter der Weserstraße 107, der sich gegen das Hostel engagiert hatte, mit fadenscheinigen Gründen die Kündigung erhielt. Auch das Haus in der Weddinger Hochstraße 13 ist im Besitz von Alexander Skora. „Er lässt das Haus einfach verfallen“, klagt ein langjähriger Mieter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Er hat Skora verklagt, weil durch unterlassene Reparaturen die Wände feucht und Einrichtungsgegenstände von Schimmel befallen sind. Ein MieterEcho vorliegendes Gutachten, das nach einer Feuchtigkeitsmessung erstellt wurde, bestätigte diese Vorwürfe im Kern.

Wenn am 4. Oktober über die Klage des Mieters vor dem Berliner Amtsgericht verhandelt wird, sind die Wahlen vorbei und Alexander Skora, das ist sicher, wird nicht designierter Regierender Bürgermeister von Berlin sein. Doch seine Kandidatur zeigt, dass manche Akteure in der Immobilienwirtschaft ganz offen für einen Turbokapitalismus ohne jegliche Beschränkungen eintreten. Da ist Alexander Skora keine Ausnahme. Auch der Chef der CG-Gruppe Christoph Gröner, der als Großspender der Berliner CDU bekannt wurde, hat in einem Fernsehinterview mit der Gründung einer eigenen politischen Bewegung der Macher und Entscheider gedroht.


MieterEcho 418 / Juni 2021