Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 416 / April 2021

Editorial

Editorial MieterEcho

Liebe Leserinnen und Leser,

Signa plant Großes. Karstadt am Hermannplatz spielt zukünftig vielleicht nur noch eine Nebenrolle in den Konzernplänen. Nachdem der russische Monarch-Konzern Ende 2019 am Alexanderplatz mit dem Bau des 150 m hohen Alexanderturms für 380 Luxuseigentumswohnungen begonnen hatte und der französische Immobilienkonzern Covivio einen Turm von 130 m Höhe mit 200 ebenfalls zur Luxusklasse gehörenden Eigentumswohnungen sowie zahlreichen Büroräumen plant, zieht es auch Signa in die immer wertvoller werdende Mitte. Bereits im Sommer dieses Jahres will das Unternehmen mit dem Bau eines Hochhauses von 134 m Höhe und eines Sockelbaus unmittelbar am bestehenden Galeria-Warenhaus beginnen. Wohnungen sind nicht vorgesehen, dafür im Erdgeschoss kleinteiliger Einzelhandel, im sechsten Obergeschoss ein „Food Culture Market“  und neben wenigen mietpreisreduzierten Flächen für gemeinwohlorientierte Nutzungen massenhaft Büroräume. Fertig soll das Ganze bereits 2025 sein. Signa hat gute Chancen, als Erster die bezugsfertigen Büroräume anbieten zu können, denn der Verzicht auf die Schließung von drei Galeria Karstadt-Kaufhäusern brachte der Firma einen vorteilhaften Deal mit dem Senat. Für die Planungen der Signa, zu denen auch ein Turm am Ku’damm gehört, wurden alle erdenklichen Unterstützungen versprochen. Theo Herzberg, der Chef der Signa Real Estate Germany, zeigt sich erfreut. Der aktuelle Planungsstand am Alex sei Ausdruck einer konstruktiven und partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Signa und dem Land Berlin und für die Projekte am Kurfürstendamm und am Hermannplatz würden ebenso positive Signale des Senats erwartet, meinte er. Weitere Hochhäuser am Alex sind in der Planung oder zumindest im Gespräch, alles läuft auf ein Klein-Manhattan hinaus. Das in unmittelbarer Reichweite dieses Hochhauskonglomerats gelegene Rathausforum, der zur Stadtkrone des sozialistischen Berlins gehörende Freiraum, wird plötzlich zu einer Immobilie von enormem Wert. Jeder Quadratmeter zählt, denn hier lässt sich der große Bedarf an Townhouses für die besserbezahlten Angestellten aus den hochwertigen Bürotürmen befriedigen. Benedikt Goebel, als Gründer und Sprecher der Planungsgruppe Stadtkern stets vielfältig und immer einflussreich in Sachen Stadtplanung unterwegs, äußerte sich bereits 2014 in einem Interview mit dem RBB über die Zukunft  des Rathausforums: „Unsere Vorstellung ist, dass hier die Vorkriegsparzellen wieder bebaut werden, von einzelnen Bauherren mit Wohn- und Geschäftshäusern.“ Dadurch, plädiert er, würde städtisches Leben hergestellt, und zwar zusammen mit Galerien und Restaurants, „in die man gerne geht“. Der umtriebige Münsteraner Stadtplaner Goebel, Freund von Restaurants gehobener Preisklasse, verheiratet mit einer Architektin und Mitglied der SPD, erhält Unterstützung von etablierten Stadtplanern wie Harald Bodenschatz und anderen. Und er weiß genau, dass es sich bei dem Projekt „Rathausforum“ um Deals mit einem Volumen von über 5 Milliarden Euro handelt. Dass sich aber seine stadtplanerischen Visionen ausschließlich darum drehen, würde er sicher nicht so gerne bestätigen.


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MieterEcho 416 / April 2021

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