Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 409 /

Bislang größter Vorkauf in Neukölln

Ein dem Firmengeflecht von Pears Global zugeordneter Investor soll leer ausgehen

Von Jutta Blume   

„Nach Wohnungszahl ist das sogenannte ‚Luftbrückenhaus‘ das größte Objekt, für das der Bezirk Neukölln bisher das Vorkaufsrecht geprüft hat. Berlinweit handelt es sich um den größten Vorkauf zugunsten einer Genossenschaft“ , verkündet das Bezirksamt Neukölln am 16. April. 164 Wohnungen befinden sich in dem Gebäude in der Leinestraße Ecke Oderstraße, rund 320 Menschen leben dort. Gekauft hatte es ursprünglich die „Marie Luise S.à.r.l.“ mit Sitz in Luxemburg, hinter der die Londoner Pears-Brüder stehen.                         


Am 14. April endete für den Käufer die Frist eine Abwendungsvereinbarung zu unterzeichnen, auf die er jedoch nicht reagierte. Nun gilt es, die Widerspruchsfrist von vier Wochen bis Mitte Mai abzuwarten, bevor der Verkauf unter Dach und Fach ist. Neuer Eigentümer wäre dann nach Willen des Bezirks Neukölln der Beamten-Wohnungs-Verein zu Berlin e.G. (BWV), eine Genossenschaft mit einem Bestand von über 8.000 Wohnungen und 23.000 Mitgliedern. Die Mieter/innen zeigten sich angesichts dieser Nachricht sehr erleichtert. Für sie würde der Kauf keine Veränderung bedeuten, versichert Sven Einsle, Vorstandsmitglied des BWV: „Die mietvertragliche Basis bleibt auch bei einem Immobilienkauf durch eine Genossenschaft unberührt. Der Erwerb der Mitgliedschaft ist in Folge ebenso nicht erforderlich, wie der Abschluss von Dauernutzungsverträgen.“           


Zunächst feiern die Mieter/innen verhalten das Zustandekommen des Vorkaufs. Verhalten, da große Feste derzeit nicht möglich sind und da noch keine hundertprozentige Rechtssicherheit besteht. Ein großes Hoffest, das eigentlich hätte im März stattfinden sollen, aber angesichts der Corona-Krise abgesagt wurde, steht noch aus. Die im Zuge des Verkaufs erreichte Vernetzung der Mieter/innen soll möglichst aufrechterhalten werden, doch wie, ist momentan noch offen.       

 

Die Freude, einen neuen Hauseigentümer gefunden zu haben, erklärt sich aus dem Schreckgespenst des Investors Pears Global, dessen Netzwerk von Einzelfirmen weit über 3.000 Wohnungen in Berlin gehören sollen. Bekannt wurde das Vorgehen der Gebrüder Pears nach Erwerb des Hauses, in dem sich die Kiezkneipe Syndikat befindet (MieterEcho 407/Januar 2020). Noch am 11. April organisierte die Hausgemeinschaft Leinestraße/Oderstraße ein „Kiezscheppern“, das sich gegen die „Einkaufstour“ der Milliardärsbrüder Pears im Schillerkiez richtete. „Von Häusern, die Firmen aus dem Pears-Netzwerk gehören, haben wir erfahren, dass bereits zahlreiche Wohnungen in Eigentum umgewandelt wurden. Bestimmt gehen sie zu Preisen über den Tisch, die sich keiner, der drin wohnt, leisten kann“, formulierte eine Bewohnerin die Befürchtungen.                       

       
Käufer bleibt im Verborgenen   

Wenn es nach den Gebrüdern Pears gegangen wäre, wären sie wohl in diesem Geschäft lieber im Verborgenen geblieben. Die Bewohner/innen erfuhren am 17. Februar auf einer von Baustadtrat Jochen Biedermann (Grüne) organisierten Informationsveranstaltung vom Verkauf des Hauses, das zuvor einem Privatmann gehört hatte. Doch noch Mitte März war ihnen unklar, wer es eigentlich erworben hatte: „Der Investor ist bisher unbekannt und verdeckt seine Identität im Grundbuchamt durch eine Sperrung des Grundbucheintrags – was eine neue Verschärfung der Methoden zeigt“, hieß es in einer Pressemitteilung vom 12. März.  

      
Für den Vorkauf soll laut Presseberichten ein zweistelliger Millionenbetrag fällig werden, Genaueres wurde nicht bekannt gegeben. Angesichts steigender Immobilienpreise ist der Vorkauf für die kommunalen Wohnungsunternehmen oftmals nicht mehr zu stemmen. „Deswegen kommt anderen gemeinwohlorientierten Erwerbern wie Genossenschaften eine zunehmend wichtigere Rolle zu“, schreibt die Berliner Zeitung. Laut BWV-Vorstandsmitglied Einsle kalkuliert die Genossenschaft „Investitionen als Solidargemeinschaft, die aus allen Wohnungsbeständen gebildet wird“. In einigen Anlagen würden die Mieten mehr als die Kosten decken, in anderen weniger. Der Mietendeckel würde jedoch in das interne Mietpreissystem eingreifen und Investitionsmöglichkeiten dadurch beschränken.      


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