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MieterEcho 401 / April 2019

Proteste gegen Lobbyveranstaltungen

Die stadtpolitische Bewegung nimmt Events der Immobilienwirtschaft ins Visier

Von Philipp Möller

Am 6. April gehen Mieter/innen, Wohnungslose und stadtpolitisch Aktive bundesweit auf die Straße gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn. In vielen Großstädten sind Demonstrationen angemeldet. In Berlin sind in der Woche vorher Aktionstage stadtpolitischer Gruppen geplant. Der große Protestzug am 6. April startet um 12 Uhr am Alexanderplatz und soll vor der Arena in Treptow enden, wo am gleichen Tag die „Berliner Immobilienmesse“ stattfindet. 

Berlin ist ein Hotspot für Kongresse für Wohnungsunternehmen, Investor/innen, Banken, Lobbyist/innen und die Politik zum Austausch über die Trends auf den Wohnungsmärkten sowie Anlage- und Renditemöglichkeiten. Auf diesen Lobbyveranstaltungen sind Mieter/innen in der Regel nicht vertreten, daher lädt sich die mietenpolitische Bewegung in diesem Jahr selbst ein. Den Anfang machten die Proteste gegen den „Quo vadis“-Kongress Mitte Februar im Hotel Adlon. Für einen Ticketpreis von 3.150 Euro durften die „Immobilienentscheider“ mit Spitzenpolitiker/innen und Ex-Nationaltorhüter Oliver Kahn über die Sicherung ihrer Renditen und marktkompatible Antworten auf die Probleme am Wohnungsmarkt sprechen. Die Frage nach einer sozialen Wohnungs- und Mietenpolitik hingegen fand keinen Platz im Programm. Ein für den zweiten Tag geplantes Abendessen in der Markthalle Neun in Kreuzberg wurde aus Angst vor wütenden Demonstrationen abgesagt. Tim Riedl vom „Bündnis Zwangsräumung verhindern“, einer der Organisator/innen der Proteste, sagt dazu: „Den Kongress mit öffent- lichen Protesten zu begleiten, hat prima geklappt. Viele stadtpolitische Initiativen waren vor Ort. Dass die Veranstalter einen Spaziergang und eine Abendveranstaltung absagten, ist ein Erfolg und motiviert uns, weitere Immobilienveranstaltungen wie die ‚Berliner Immobilienmesse‘ am 6. April zu begleiten“. Die „Berliner Immobilienmesse“ richtet sich an vermögende Privatpersonen auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten. Sie hat sich ganz der Eigentumsideologie „kaufen statt mieten“ verschrieben. Investitionen in Eigentum werden „beste Aussichten auf eine Wertsteigerung“ vorausgesagt, wer die Zeche dafür zahlt, wird selbstverständlich nicht erwähnt. Auf der Messe können sich Interessierte über Finanzierungsmöglichkeiten für den Erwerb von Eigentumswohnungen informieren oder mit „Privatisierern“ in Kontakt kommen, die sich auf die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen spezialisiert haben.

Und auch das weitere Jahr über wird die Immobilienlobby in Berlin tagen. Neben dem größten Branchentreffen, dem „Deutschen Immobilientag“, sind der Zentralverbandstag von „Haus und Grund“ oder der „Tag der Wohnungswirtschaft“ des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) geplant. Zu den wichtigsten Treffen der Branche zählt der „Tag der Immobilienwirtschaft“, den der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) jährlich ausrichtet. Parteien aller Couleur sind dort vertreten, im vergangenen Jahr waren mit dem Staatssekretär des Bundesminsteriums für Bauen, Gunther Adler (SPD), Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger (CDU), der FDP-Vorsitzende Christian Lindner, die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag Katrin Göring-Eckart und der Vorsitzende der Linkspartei Dietmar Bartsch eingeladen. Die Lobbyveranstaltung findet am 27. Juni in der Verti Music Hall statt. Man darf gespannt sein, wie die Mieterbewegung darauf reagiert.


MieterEcho 401 / April 2019

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