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MieterEcho 401 / April 2019

Mieter/innen fragen – wir antworten: Härteeinwand bei Modernisierung

Von Rechtsanwältin Franziska Dams

Was heißt Härteeinwand eigentlich?
Das Gesetz sieht in § 555 d Abs. 2 BGB vor, dass die Duldungsplicht des Mieters für vom Vermieter geplante Modernisierungsmaßnahmen entfällt, wenn die Maßnahmen für den Mieter selbst, seine Familie oder andere Haushaltsangehörige eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters und anderer Mieter im Gebäude nicht zu rechtfertigen ist.
Eine unzumutbare Härte kann hierbei durch die vorzunehmenden Arbeiten selbst, die baulichen Folgen oder aufgrund vorausgegangener Aufwendungen des Mieters vorliegen.
Die zu erwartende Mieterhöhung und die Höhe der zukünftigen Betriebskosten können ebenfalls eine Härte begründen. Die finanzielle Härte spielt jedoch für die Frage der Duldung – anders als die anderen Härteeinwände – keine Rolle und wird erst bei der Modernisierungsmieterhöhung berücksichtigt.

Wann liegt eine unzumutbare Härte aufgrund der vorzunehmenden Arbeiten vor?


Ob tatsächlich eine unzumutbare Härte vorliegt, ist immer einzelfallabhängig und wird im Streitfall individuell durch das Gericht geprüft. Eine unzumutbare oder nicht zu rechtfertigende Härte kann sich aus den mit der Durchführung der Maßnahmen verbundenen Beeinträchtigungen oder den baulichen Auswirkungen ergeben.
Dies wäre beispielsweise denkbar, wenn in den Wintermonaten die Fenster ausgetauscht werden sollen, wenn aufgrund der Baumaßnahmen im Winter keine Heizmöglichkeit zur Verfügung steht oder wenn wegen der Maßnahmen die Wasserversorgung nicht gewährleistet ist, ohne dass der Vermieter hier für Alternativen zur Verfügung stellt. Auch das Alter der Mieter/innen und der Gesundheitszustand (Schwangerschaften, Erkrankungen etc.) spielen in diesem Zusammenhang eine Rolle.
 Bauliche Folgen der Maßnahmen – wie eine wesentliche Veränderung des Grundrisses oder der Wegfall von Stellfläche – können ebenfalls eine unzumutbare Härte begründen. Wenn Sie unsicher sind, ob Ihre persönliche Situation einen Härtegrund darstellt, kommen Sie in die Beratung. Dort gehen wir das gemeinsam mit Ihnen durch und unterstützen Sie bei der Formulierung des Härteeinwands.

Meine Mutter ist 97 Jahre alt, die Modernisierung stellt eine große Belastung für sie dar, unter anderem soll eine neue Heizung eingebaut und das Bad komplett erneuert werden, muss sie das dulden?
Das kann man pauschal nicht beantworten, da hierfür mehrere Aspekte relevant sind. Sofern die Ankündigung den formellen Anforderungen genügt und es sich tatsächlich um Modernisierungsmaßnahmen handelt, bestünde theoretisch eine Duldungspflicht.
Sofern bei Ihrer Mutter jedoch Härtegründe – abseits von finanzieller Härte – vorliegen, kann das schon anders aussehen. Das Alter Ihrer Mutter aber ist nicht allein ausschlaggebend. Natürlich sollten Sie bei der Geltendmachung von Härtegründen auf das fortgeschrittene Alter Ihrer Mutter hinweisen. Viel wichtiger ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass Sie mitteilen, welche Folgen das hat. Sofern Ihre Mutter beispielsweise bettlägerig und auf Pflege angewiesen ist, teilen Sie das bitte mit. Der Vermieter muss wissen, dass es Ihrer Mutter nicht möglich ist, dem Lärm und Schmutz zu entfliehen, weshalb ihr angesichts des Umfangs der Arbeiten und der damit verbundenen Beeinträchtigungen bei unausweichlichem Verbleib in der Wohnung eine Duldung nicht zuzumuten ist. Vermutlich ist Ihre Mutter auch auf das durchgehende Funktionieren der Sanitäreinrichtungen angewiesen. Auch insoweit würden die Maßnahmen im Bad sicherlich eine unzumutbare Härte für sie darstellen. Diese Aspekte müssen Sie in jedem Fall innerhalb der vom Gesetzgeber vorgegebenen Frist geltend machen. Der Vermieter muss sich dann mit diesen Einwendungen auseinandersetzen. Tut er das nicht und bietet beispielsweise keinen angemessenen Ersatzwohnraum oder anderweitige Hilfe an, sollte Ihre Mutter die Maßnah- men nicht dulden. Das heißt: Die Tür bleibt zu. Wenn der Vermieter trotz des Vorliegens dieser Härtegründe einen Anspruch auf Duldung der Maßnahmen erhebt, muss er das gerichtlich klären lassen.

Ich habe vor nicht mal einem Jahr mit Zustimmung des Vermieters mein Bad komplett erneuern lassen, mit Fliesen, Hänge-WC und allem drum und dran. Das alles natürlich auf meine Kosten. Letzte Woche bekomme ich eine Ankündigung des Vermieters, dass er mein Bad mit genau diesen Maßnahmen modernisieren will. Das geht doch nicht, oder?
Sie haben Recht, so geht das natürlich nicht. Auch durch den Mieter vorgenommene Verwendungen auf die Mietsache können eine unzumutbare Härte begründen, die zum Ausschluss der Duldungspflicht führen.
Voraussetzung hierfür ist, dass Sie in die Wohnung mit Zustimmung des Vermieters investiert haben und diese Investitionen durch die Maßnahmen des Vermieters wieder zunichte gemacht würden, ohne dass sich der investierte Betrag amortisiert hat.
Hierauf müssen Sie den Vermieter innerhalb der vom Gesetzgeber vorgesehenen Frist hinweisen. Eine Berücksichtigung von Amts wegen findet nicht statt.
In Ihrem Fall würde es sich nicht mal um eine Modernisierung handeln, wenn der Vermieter genau dieselben Maßnahmen plant, die Sie ohnehin schon verwirklicht haben.

Die Miete wird nach Abschluss der Baumaßnahmen mindestens 43% meines Einkommens betragen. Heißt das, dass ich die Maßnahmen deswegen nicht dulden muss?
So einfach ist das leider nicht. Der finazielle Härteeinwand berechtigt nicht dazu, die Durchführung der Maßnahmen zu verweigern. Früher war das tatsächlich anders. Lag eine finanzielle Härte vor, mussten die Mieter/innen die Modernisierung nicht dulden. Heute spielt der finanzielle Härteeinwand allein auf der Ebene der Mieterhöhung eine Rolle. Eine finanzielle Härte kann dazu führen, dass man am Ende gar keine Mieterhöhung oder nur einen Teil zahlen muss. Damit der Ein- wand der finanziellen Härte jedoch berücksichtigt werden kann, muss er rechtzeitig geltend gemacht werden, nämlich bis zum Ablauf des Monats, der auf die Ankündigung folgt.

Ich habe die Modernisierungsankündigung am 5. Februar 2019 bekommen. Bis wann habe ich Zeit, Härtegründe geltend zu machen?
Wenn der Vermieter auf die Frist in der Ankündigung hingewiesen hat und diese den formellen Anforderungen entspricht, dann muss das Schreiben mit den Härte- gründen bis zum Ablauf des Monats, der auf die Ankündigung folgt, beim Vermieter eingehen. Spätestens am 31. März 2019 muss das Schreiben also beim Vermieter auf dem Tisch liegen. Auch wenn die Ankündigung im Laufe des Februars erst später zugegangen ist, also beispielsweise am 27. Februar 2019, bleibt der 31. März 2019 maßgeblich.

Muss ich irgendeine Form beachten oder reicht es, wenn ich beim Vermieter anrufe und ihm meine Härtegründe mitteile?
Nein, das reicht definitiv nicht. Der Gesetzgeber schreibt die sogenannte Text- form vor. Das heißt, theoretisch könnten die Härtegründe dem Vermieter auch per Mail mitgeteilt werden. Hiervon rate ich allerdings dringend ab, da Sie dann keinen Nachweis haben, dass der Härteeinwand auch wirklich innerhalb der Frist zugegangen ist. Daran ändern auch Lesebestätigungen oder ähnliches nichts, denn die zählen im Streitfall bei Gericht nicht als Zugangsnachweis. Anders wäre es nur, wenn der Vermieter Ihnen direkt auf die Mail antwortet, aber das ist in der Regel nicht der Fall.
Besser ist es daher, die Härtegründe schriftlich zu formulieren und vorab per Fax an den Vermieter zu schicken. Bitte heben Sie das Original des Schreibens und des Faxprotokolls mit dem Übermittlungsvermerk auf. Das Original des Schreibens schicken Sie dann per Einwurfeinschreiben hinterher oder geben es persönlich, gegebenenfalls zusammen mit Zeugen, vor Ort ab und lassen den Erhalt quittieren. Haben Sie die Frist versäumt, sind Sie mit den Härtegründen ausgeschlossen. Etwas anderes gilt nur, wenn Sie die Frist unverschuldet versäumt haben, beispielsweise weil Sie nach Ablauf der Frist plötzlich arbeitslos geworden sind.
In derartigen Fällen können Sie die Härteeinwendungen noch nachholen. Das muss dann unverzüglich und spätestens bis zum Beginn der Baumaßnahmen erfolgen.

Mein Vermieter hat in der Modernisierungsankündigung weder auf Form noch Frist des Härteeinwands hinge- wiesen. Was nun?
Hat der Vermieter es wie in Ihrem Fall versäumt, einen entsprechenden Hinweis zu erteilen oder war die „Belehrung“ sogar falsch, dann müssen Sie die gesetzliche Frist nicht einhalten. In derartigen Fällen müssen dem Vermieter etwaige Härte- gründe aber spätestens bis zum Beginn der Maßnahmen mitgeteilt werden.

Wie hoch muss die Miete sein, damit ich mich auf finanzielle Härte berufen kann?


Auch das lässt sich pauschal nicht beantworten, da im Gesetz keine zahlenmäßige Grenze genannt wird. Als Richtwert hat sich in der Rechtsprechung überwiegend eine Mietbelastung von ca. 30% des Einkommens durchgesetzt.
Das bedeutet, wenn die Miete nach Abschluss der Baumaßnahmen 30% oder mehr Ihres Haushaltsnettoeinkommens ausmacht, dann sollten Sie den Vermieter darüber in Kenntnis setzen. Bitte teilen Sie die Höhe der Belastung möglichst genau mit. Sofern vorhanden, fügen Sie am besten gleich Nachweise über Ihr Einkommen hinzu (Lohnzettel, ALG-II-Bescheid etc.):

Sehr geehrter Herr Vermieter,
ich nehme Bezug auf Ihr Schreiben vom ... Hierzu teile ich Ihnen vorsorglich innerhalb der gesetzlichen Frist mit, dass die von Ihnen beabsichtigten Maßnahmen
aufgrund der daraus resultierenden Mieterhöhung bei mir zu einer finanziellen Härte führen werden. Die Miete wird dann voraussichtlich mindestens 43% meines Einkommens betragen, was mir wirtschaftlich nicht zuzumuten ist, Belege anbei.
Viele Grüße, Ihr Mieter“


Es gibt vereinzelt auch Entscheidungen, wo Gerichte erst bei 40% eine finanzielle Härte angenommen haben. Hiervon sollten Sie sich nicht abschrecken lassen. Denn es gibt – wie gesagt – keine starren Grenzen. Wenn Sie Geringverdiener sind, kann es sein, dass bereits bei 28% eine finanzielle Härte angenommen wird. Zählen Sie hingegen zu den Gutverdienern, kann die Grenze eben höher als bei 30% liegen.
Problematisch ist, wenn die Miete bereits bei Ihrem Einzug mehr als 30% Ihres Einkommens betragen hat. In diesen Fällen werden Sie mit dem finanziellen Härteeinwand nicht durchkommen.

Ich bin alleinerziehend mit drei Kindern. Was zählt denn zum Einkommen? Wie finde ich heraus, ob eine finanzielle Härte vorliegt?
Maßgeblich ist das Haushaltsnettoeinkommen, das Ihnen zum Zeitpunkt des Zugangs der Modernisierungsankündigung zur Verfügung steht. Wenn Sie angestellt sind, schauen Sie ganz unten auf Ihrem Lohn-/Gehaltszettel nach, was Sie ausgezahlt bekommen.
Außerdem müssen das Kindergeld und auch etwaiger Unterhalt, den Sie oder die Kinder erhalten, hinzu gerechnet werden. (Betriebs-)Renten, Arbeitslosengeld I und II und andere Leistungen zählen ebenfalls zum Einkommen. Rechnen Sie alle Beträge, die Sie erhalten, zusammen und stellen den ermittelten Betrag ins Verhältnis zur neuen Gesamtmiete inklusive Betriebs- und Heizkostenvorauszahlungen, die der Vermieter nach Abschluss der Baumaß- nahmen von Ihnen haben will.

Ich beziehe aktuell Arbeitslosengeld II, wie sieht es bei mir mit dem nanziellen Härteeinwand aus?


Auch Sie können den Einwand der finanziellen Härte geltend machen. Voraussetzung dafür ist, dass die Miete nach Abschluss der Baumaßnahmen so hoch ist, dass diese nicht mehr durch das Jobcenter gezahlt wird. Es ist daher auf jeden Fall sinnvoll, beim Jobcenter nachzufragen, ob die neue Miete noch von diesem übernommen werden würde.
 
Ich habe finanzielle Härte geltend gemacht, jetzt schreibt mir der Vermieter, dass ich dann gefälligst Wohngeld beantragen soll. Darf der das?
Tatsächlich müssen Sie prüfen lassen, ob Ihnen ein Anspruch auf Wohngeld oder andere Leistungen zusteht. Der finanzielle Härteeinwand soll nämlich dann nicht greifen, wenn der Mieter die Möglichkeit hat, die höhere Mietbelastung durch Wohngeld, ergänzendes Arbeitslosengeld II oder Ähnliches aufzufangen.

Ich habe aktuell noch eine Ofenheizung. Nun soll ich eine Zentralheizung bekommen. Die Miete würde dadurch mehr als 30% meines Einkommens ausmachen, kann ich mich auch auf finanzielle Härte berufen?
Leider nein, der Gesetzgeber hat hier einige Ausnahmen zugelassen. So können Sie sich dann nicht auf das Vorliegen einer finanziellen Härte berufen, wenn lediglich ein Zustand geschaffen wird, der allgemein ortsüblich ist. In Berlin ist das zum Beispiel bei der Umstellung von Ofen- auf Zentralheizung der Fall.
Eine weitere Ausnahme liegt vor, wenn der Vermieter Baumaßnahmen durchführt, die er nicht zu vertreten hat. Das kann beispielsweise bei einer Fassadendämmung der Fall sein. Wenn nämlich mehr als 10% der Fassade beschädigt sind, schreibt die Energieeinsparverordnung vor, dass es nicht ausreicht, die Fassade nur instandzusetzen, sondern sie muss auch gedämmt werden. In diesem Fall wäre die Dämmung keine freiwillige Maßnahme mehr, sondern eine Maßnahme, die Ihr Vermieter nicht zu vertreten hat. Auch hier könnten Sie sich leider nicht erfolgreich auf das Vorliegen einer finanziellen Härte berufen.


MieterEcho 401 / April 2019

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