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MieterEcho 400 / Februar 2019

Mieter/innen fragen – wir antworten

Fragen und Antworten zum Mietrechtsanpassungsgesetz

Von Rechtsanwalt Marek Schauer    

   
Ich habe aus den Medien erfahren, dass nun endlich Verbesserungen zum Mieterschutz beschlossen wurden. Was wurde im Mietrechtsanpassungsgesetz zum 1. Januar 2019 geregelt? 
Aus Sicht der Mieter/innen leider enttäuschend wenig. Es wurden kleinere Regelungen zur Mietpreisbremse und zu Mieterhöhungen nach Modernisierungen beschlossen. Zur Begrenzung der Höhe der Nettokaltmiete hat sich wenig getan. Die Erhöhungsmöglichkeiten nach  Modernisierungsmaßnahmen wurden nur geringfügig beschränkt. Eine Abschaffung der Modernisierungsumlage nach § 559 BGB, wie von der Berliner Mietergemeinschaft seit Jahren gefordert, wagte der Gesetzgeber nicht. Vielmehr verzichtete er erneut auf die Begrenzung der Mieterhöhungsmöglichkeiten von Investoren in Wohnraum und macht diesen Bereich weiterhin zu einem feinen Spekulationsobjekt in Zeiten von niedrigen Zinsen. Bei Neuvermietungen muss der Vermieter nun über die Höhe der Vormiete und über vergangene Modernisierungsmaßnahmen informieren, so dass die Mieter/innen bei Vertragsschluss besser einschätzen können, ob die verlangte Miete gegen die Mietpreisbremse verstößt. Das kann dort, wo die Mietpreisbremse gilt, einen gewissen Rechtfertigungsdruck auf Seiten des Vermieters auslösen, wenn er bei der Miete ordentlich zulangen will und der Mieter anhand der Daten sieht, dass die Miete rechtswidrig ist. Umgekehrt wird der Vermieter leicht bestraft, wenn er sich nicht an dieses Transparenzgebot hält.
      
Was bedeutet diese „neue Transparenz“ bei Neuvertragsschlüssen für Vermieter genau?     
In Berlin, wo die Mietpreisbremse gilt, muss der Vermieter bei Neuvertragsschluss folgende Angaben machen: 

  1. Wie hoch war die Nettokaltmiete beim Vormieter vor einem Jahr?
  2. Wurden in den letzten drei Jahren in der Wohnung/dem Gebäude umlagefähige Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt?
  3. Wird die Wohnung nach dem 1. Oktober 2014 erstmals genutzt und vermietet oder wurde sie vor der neuen Vermietung umfassend modernisiert?  

Wozu sind diese Angaben denn wichtig?    
Ganz einfach: In den Fällen 1 und 2 darf der Vermieter von der „klassischen Mietpreisbremse“ - also Mietspiegelmiete plus 10% - nach oben abweichen. Das bedeutet dann: 

  1. Wenn die Nettokaltmiete vor einem Jahr über dem zulässigen Betrag der „klassischen Mietpreisbremse“ lag, darf der Vermieter diese Miete weiterhin verlangen. Nicht geregelt ist, was passiert, wenn schon diese Vormiete rechtswidrig war! Das heißt, der Vermieter kann auch rechtswidrig verlangte überhöhte Mieten weiterhin kassieren. 
  2. Wenn in den letzten drei Jahren vor Neuvermietung die Wohnung betreffende, umlagefähige umfassende Modernisierungen stattfanden, dürfen diese auf die Mietspiegelmiete (ohne Begrenzung auf die eigentlich nach der Mietpreisbremse zulässigen 10%!) draufgeschlagen werden. Und schließlich:
  3. Wenn eine Wohnung ab Oktober 2014 neu gebaut oder umfassend modernisiert wurde (man geht dabei von einem Modernisierungsaufwand in Höhe von 30% der Neubaukosten aus), gilt die Mietpreisbremse (nach wie vor) für diese Wohnung ohnehin nicht. Man sieht: An den Schlupflöchern zur Umgehung der Mietpreisbremse hat der Gesetzgeber nicht wirklich gerüttelt.

Interessant! Was ist nun, wenn der Vermieter gegen das Transparenzgebot verstößt?    
Zunächst: Der Vermieter muss die Angaben unaufgefordert und in Textform mitteilen! Mündlich genügt also nicht. Die Sanktionen für den Vermieter sind für ihn dort spürbar, wo es ihn schmerzt: am finanziellen Mietertrag.  
Gibt der Vermieter gar keine Auskunft über die Daten, darf er die an sich zulässige (höhere) Miete erst zwei Jahre nach der formell korrekten Auskunft verlangen. Die Mieter/innen haben dann eine kleine Verschnaufpause. Hat der Vermieter die Fakten nicht in Textform, sondern beispielsweise nur mündlich mitgeteilt, darf er die zulässige Miete erst ab Auskunft in der vorgeschriebenen Textform verlangen. Müssen die Mieter/innen immer noch den Verstoß des Vermieters gegen die Mietpreisbremse rügen?   Korrekt. Auch hier hat der Gesetzgeber keine angemessene Regelung getroffen. Denn, wenn die Initiative von den Mieter/ innen ausgehen muss, stört diese Aktion bereits früh das Verhältnis zwischen Mieter/innen und Vermietern. Vermieter werden so weiter ausloten, wie weit sie gehen  können, und Mieter/innen unter Umständen auf ihr Recht zur Reduktion der Miete verzichten, um nicht als „olle Querulanten“ zu gelten. Immerhin: Die Rüge der Mieterin/ des Mieters muss nicht mehr „qualifiziert“ sein. Das erleichtert das Verfahren. Man muss jetzt also nicht mehr den Mietspiegel durchgehen und das Ergebnis vortragen. Es genügt der Hinweis auf einen „Verstoß gegen die Regelungen der Mietpreisbremse“. Prüfen sollte man freilich schon, ob tatsächlich ein Verstoß vorliegen könnte. Am besten in einer unserer Beratungsstellen. Rügt man einen Verstoß gegen die Angaben des Vermieters zur Vormiete, zu vorherigen Modernisierungen oder dem Erstbezug ab Oktober 2014 bzw. nach umfassenden Modernisierungsmaßnahmen – also wegen Verletzung des oben genannten Transparenzgebots –, muss man diese in der Rüge aber konkret benennen.       

Ab wann gelten diese neuen Regelungen zur Mietpreisbremse? 
Für alle Mietverträge, die ab dem 1. Januar 2019 abgeschlossen werden. Bis 31. Dezember 2018 galt noch das alte Mietpreisbremsenrecht bei Neuabschluss von Mietverträgen. Bei uns in den Beratungsstellen helfen wir Ihnen, genau zu differenzieren.         

Wie sieht es nun bei den „Beschränkungen“ der Modernisierungsumlage genauer aus?   
Bisher konnten 11% der umlagefähigen Modernisierungskosten auf die Jahresmiete umgelegt werden. Diese Umlage wurde auf 8% abgesenkt. Zudem gibt es noch eine Art weitere Kappung, wie man sie sonst eher von den Mieterhöhungen auf die ortsübliche Vergleichsmiete nach dem Mietspiegel kennt: Modernisierungsumlagen dürfen innerhalb von sechs Jahren maximal drei Euro pro Quadratmeter betragen. Bei Nettokaltmieten unter sieben Euro gilt eine Grenze von „nur“ zwei Euro. Das ist ein Witz, wenn man behaupten will, damit könnten Luxusmodernisierungen verhindert werden. Sie werden wohl eher gefördert. Die Höhe der umlagefähigen Modernisierungskosten wurde von bisher 11% auf 8% abgesenkt. Außerdem dürfen Modernisierungsumlagen innerhalb von sechs Jahren maximal drei Euro pro Quadratmeter betragen.
Weitere Mieterhöhungen wie nach dem Mietspiegel oder Betriebskostensteigerungen werden übrigens dabei nicht berücksichtigt und kommen noch hinzu!      

Drei Euro in sechs Jahren pro Quadratmeter mehr? Das kann ich mir nicht leisten.    
Nach wie vor können Sie im Rahmen des Modernisierungsankündigungsverfahrens eine soziale Härte geltend machen und so die Umlage der Modernisierung auf die Miete begrenzen. Daumenformel ist hier weiterhin: Wenn die neue Miete nach der Modernisierung mehr als ein Drittel Ihres Haushaltseinkommens beträgt, können Sie finanzielle Härtegründe einwenden. Achtung: Hier laufen regelmäßig kurze Fristen. Wenn Ihnen eine Modernisierungsankündigung zugeht, kommen Sie bitte schnell, am besten sofort nach Zugang derselben, mit allen Unterlagen in eine unserer Beratungsstellen!

Ab wann gilt bei der Modernisierung das mit den Beschränkungen bei der Umlage? Ich habe am 30. Dezember 2018 noch eine Ankündigung mit Wärmedämmung und Austausch von Fenstern bekommen!   
Verdammt. Die alten Regelungen gelten für alle Ankündigungen von Modernisierungsmaßnahmen, die Ihnen bis 31. Dezember 2018 zugegangen sind. Lassen Sie die Wirksamkeit der Ankündigung prüfen. Wenn formelle Fehler vorliegen, muss der Vermieter neu ankündigen und dann gelten die hier beschriebenen neuen Regelungen. Ein weiterer Grund, ohne Zögern zu uns in die Beratung zu kommen. Wenn Sie eine Modernisierungsmieterhöhung bis 31. Dezember 2018 bekommen haben und vorher keine ordentliche Ankündigung der Maßnahmen erfolgt war, gilt leider auch für diese Erhöhung noch altes Recht. Die Beschränkungen des Mietrechtanpassungsgesetzes gelten dafür noch nicht.

Das ist ja wirklich kein großer Wurf. War es das schon?   
Nicht ganz. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass einige Vermieter Baumaßnahmen durchaus schikanös nutzen, um Mieter/ innen zu nerven und diese zum Auszug zu bewegen. Eine leere Wohnung kann man neu teurer vermieten oder verkaufen. So bleiben Gerüste durchaus mal sehr lange stehen, werden zum Beispiel mit Plakaten von Elektronikkonzernen abgedeckt (was zu noch mehr Verdunkelung führt), die Bauarbeiten kommen nicht voran oder werden trotz Ankündigung nicht begonnen. Mancher Vermieter schreibt in die Modernisierungsankündigung eine voraussichtliche neue Miete nach Abschluss der Maßnahmen, die jenseits von Fantastillionen ist.       

In der Tat ein freches Vermieterverhalten und gar nicht selten. Was tut der Gesetzgeber gegen solch einen Skandal?
Wenn Mieter/innen hierdurch einen Schaden erleiden, können sie Schadensersatz für Einbußen, eventuell auch Schmerzensgeld verlangen. Die neuen Regelungen besagen, dass bei bestimmten schikanösen Verhaltensweisen des Vermieters ein Vertragsverstoß „automatisch“ vorliegt. Das ist eine Beweiserleichterung zugunsten der Mieter/innen. Der Vermieter kann sich zwar „herausreden“, muss dann aber gute Gründe für die Vertragsverstöße benennen und belegen.         

Faszinierend. Was sind denn die genauen Vertragsverstöße?   
Es gibt vier Varianten:  

 

  1. Der Vermieter kündigt Baumaßnahmen an und beginnt mit diesen nicht innerhalb von zwölf Monaten.  
  2. Der Vermieter kündigt nach den Maßnahmen eine monatliche Mieterhöhung an, wonach sich die Nettokaltmiete verdoppelt.    
  3. Die Baumaßnahmen werden in einer Art und Weise durchgeführt, welche die Mieter/innen unnötig belasten.  
  4. Die Arbeiten ruhen mehr als zwölf Monate nach Beginn der Arbeiten.       

Das ist ja nicht sehr konkret, oder?
Richtig, hier müssen die Richter ordentlich arbeiten und die Regelungen auslegen. „Unnötige Belastung“? Was fällt darunter? Und „ruhen Bauarbeiten“, wenn ein Bauarbeiter mal vorbeisieht und eine Schraube verschraubt? Wir werden sehen. Die Rechtsprechung wird eine wichtige Rolle spielen und wir Mieteranwält/innen müssen darauf achten, dass wir mieterfreundliche Rechtsprechung erwirken und öffentlich machen. Wichtig ist, dass man diese Regelungen kennt und zur Wirkung bringt. Fragen Sie in den Beratungsstellen ruhig nach, wenn eine Baumaßnahme Sie nervt. Es bleibt dann gegebenenfalls eben nicht nur bei einer Mietminderung.        

Nicht nur die Mietminderung? Was denn noch?     
Eben wie gesagt auch Schadensersatz und eventuell Schmerzensgeld.  Wenn Sie beispielsweise wegen der aufgezeichneten Vertragsverstöße einen Anwalt außergerichtlich einschalten, um den Vermieter vom Verstoß abzuhalten, dürften Sie in der Regel hinsichtlich der aufgewandten Anwaltskosten einen Schadensersatzanspruch gegen den Vermieter haben. Oder wenn Sie sich entscheiden, eine andere Wohnung wegen des unerträglichen Verhaltens des Vermieters zu suchen, müssen Umzugskosten und gegebenenfalls die „Mehrmiete“ bezahlt werden. Wenn die auftretende Belastung durch die Baumaßnahmen unnötig ist und Sie eine Depression infolge der (vermeidbaren) Belastung erleiden, kann Schmerzensgeld gefordert werden. Zum Schluss der Hinweis: Wenn Sie wegen der genannten Vertragsverstöße zur Kündigung oder Aufhebung des Mietvertrages veranlasst werden, kann dem Vermieter ein Bußgeld bis zu 100.000 Euro auferlegt werden. Das nützt Ihnen zwar nichts, kann aber ein gutes Druckmittel sein, um den Vermieter zur Vernunft zu bringen.          

Eine Nachfrage: Ich habe ein Gerüst vor den Fenstern. Das ist schon dunkel genug, aber zusätzlich hängt da jetzt ein Riesenplakat von einem amerikanischen Konzern mit einem Smartphone. Das mit dem Apfel, Sie wissen schon. Und dann leuchtet dieses nachts noch und es ist so hell im Zimmer, dass ich nicht schlafen kann. Das ist doch ein Skandal, was kann ich tun? 
Absolut skandalös, da haben Sie recht. Hier dürfte einerseits eine unnötige Belastung des Mieters vorliegen (siehe oben) und der Vermieter dürfte zum Beispiel bei Schlafstörungen zu Schmerzensgeld verpflichtet sein. Lassen Sie sich sowas nicht gefallen. Solche Werbung ist nicht zulässig, weil Sie besonders belastet werden und wenn Sie es hinnehmen, dann lassen Sie sich ruhig am Gewinn des Vermieters beteiligen und fürstlich bezahlen. Ich habe in so einem Fall eine einstweilige Anordnung gegen das Plakat erwirkt. Der Vermieter hat es dann kurzfristig abmachen müssen. Dadurch hatte er sehr große Probleme mit dem Apfelkonzern und stand vor einer großen Vertragsstrafe. Er hat meinem Mandanten sehr viel Geld geboten, dass er zumindest einige Monate weiter das Smartphone zeigen durfte. Wir haben uns dann auf eine hübsche Summe geeinigt inklusive Anwaltshonorar.


MieterEcho 400 / Februar 2019

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