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MieterEcho 401 / April 2019

Der Mut der Dilettanten

Die Berliner FDP-Fraktion versucht sich in der Wohnungspolitik

Von Benedict Ugarte Chacón

„Auf Mut gebaut“ ist der Titel eines von der FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus im Herbst 2018 herausgegebenen Textes. Darin schildern die sogenannten Liberalen, was aus ihrer Sicht für eine „zukunftsorientierte Wohnungsbaupolitik“ umgesetzt werden müsste. Dabei lesen sich die aneinandergereihten Vorhaben nicht wie Vorschläge der kleinsten Oppositionsfraktion mit gerade mal 12 Parlaments- sitzen, sondern wie ein Regierungsprogramm. So wolle man zum Bei- spiel „ein Sofortprogramm ‚10.000 Dächer für Berlin‘ auflegen“, mit dem Häuser innerhalb des S-Bahn- Rings um zusätzliche Etagen aufgestockt würden. Auch werde man ein „Baulückenkataster“ einführen, „welches Baulücken und Flächen im privaten und öffentlichen Besitz kenntlich macht, die für eine künftige Bebauung zur Verfügung stehen könnten“.

Bei dem Text handelte es sich ursprünglich um einen Beschluss des Landesausschusses der FDP Berlin vom September 2018. Die Parlamentsfraktion versah den Text lediglich mit einem Vorblatt und ihrem Logo. Kurze Zeit später legte die FDP- Fraktion dem Parlament einen Antrag vor, der ebenfalls den Titel „Auf Mut gebaut“ trug. Darin wurde der Senat aufgefordert, die „Sofortmaßnahmen“ umzusetzen, die die Fraktion aus dem Parteibeschlusstext abgekupfert hatte. Dass eine Fraktion die Konzepte ihrer Partei übernimmt, mag nachvollziehbar sein. Dass aber Parteibeschlüsse nahezu unbearbeitet in parlamentarischen Antragstexten münden, deutet darauf hin, dass bei der Berliner FDP- Fraktion keine Fachleute vorhanden sind, die fähig wären, eine eigene Art von wohnungspolitischer Haltung zu entwickeln. Zudem ist der „Trendwechsel“, den die FDP-Fraktion in der Bau- und Wohnungspolitik herbeiführen will, weder innovativ noch mieterfreundlich. Vielmehr folgt er einer vulgären Marktgläubigkeit, wonach der Staat sich zurückzunehmen habe und das private Kapital schon irgendwie für Wohlstand sorge, wenn man es nur ließe. Folgerichtig wenden sich die Liberalen gegen „immer schrillere dirigistische Eingriffe in den Wohnungsmarkt“, denn damit werde kein zusätzliches Angebot an Wohnraum geschaffen. Schlimmer noch: eine politisch herbeigeführte Besserstellung von Mieter/innen, die ohnehin nur kurzzeitig wirke, mache Mieten „zwar attraktiver, Eigentum aber unattraktiver“. Die Folge sei ein verknappter Wohnungs- bau und somit auch steigende Mieten.

Marktglauben statt Wohnungspolitik

Inspiriert von solch marktliberalem Geplapper sind nun auch die konkreten Ideen der FDP-Fraktion zur Wohnungspolitik. Die Mietpreisbremse soll aufgehoben werden, da sie nur teuer und unwirksam sei. Soziale Erhaltungsgebiete bzw. Milieuschutzgebiete, mit deren Festlegung Land und Bezirke der Verdrängung von Mieter/innen entgegenwirken wollen, sollen abgeschafft werden. Schließlich würde hier „die Gestaltungsfreiheit von Wohnungseigentümern“ stark eingeschränkt. Auch müssten Mietwohnungen „unproblematisch zu Eigentumswohnungen um- gewandelt werden können“. Einer „Verstaatlichung von Wohnraum“, wie sie manche Bezirke mit dem angewandten Vorkaufsrecht vornähmen, solle entgegengewirkt werden. Auch lehnt die Fraktion eine verbilligte Bereitstellung von Bundesgrundstücken ab. Diese müssten den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, Genossenschaften oder Privatinvestoren zu gleichen Konditionen angeboten werden. Bestimmte landeseigene Grundstücke wiederum sollen beschleunigt veräußert werden, „um Wohnraum zu schaffen“.
In populistischer Manier geißeln die Liberalen darüber hinaus die „Totalverweigerung der politisch Verantwortlichen auf allen Ebenen“, mit der die Schaffung von neuem Wohnraum verhindert und sich lieber um Grünflächen gesorgt werde. In ihrer Aufzählung nennt die Fraktion zwar Elisabeth-Aue, Pankower Tor und Buckower Felder – vergisst aber wohlweislich zu erwähnen, dass es gerade die Berliner FDP ist, die sich seit Jahren gegen die Schaffung Tausender Wohnungen auf dem Gelände des stillzulegenden Flughafens Tegel engagiert.


MieterEcho 401 / April 2019

Schlüsselbegriffe: Wohnungspolitik,FDP,Berliner FDP,FDP-Fraktion,Flughafen Tegel, Tegel