Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 401 / April 2019

Der Markt wird es schon richten

Der Zentrale Immobilien Ausschuss setzt unverdrossen auf neoliberale Konzepte

Von Heiko Lindmüller

Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA), der auch als „Rat der Immobilienweisen“ firmiert, steht an der Spitze der Immobilienlobbyverbände. Im Auftrag der Bundesregierung erstellt er jährlich ein Gutachten zur Immobilienwirtschaft. Darin finden sich mitunter Handlungsempfehlungen an die Politik, die nicht selten auch umgesetzt werden.

Die Branche steht unter erheblichem öffentlichen Druck, da Wohnungsmangel und Mietenexplosion in vielen Städten und Ballungsräumen dramatische Ausmaße angenommen haben. Auch Vertreter/innen traditionell „marktwirtschaftlicher“ Parteien fürchten mittlerweile um den sozialen Frieden in Deutschland, da die Wohnungsnot längst kein „Randgruppenproblem“ mehr ist, sondern große Teile der Mittelschicht betrifft. Da bleibt auch dem ZIA nichts anderes übrig, als ein wenig Kreide zu fressen und die „ethische Verantwortung“ der Unternehmen für die Wohnraumversorgung zu betonen. Doch im aktuellen Frühjahrsgutachten wird dann wieder Klartext gesprochen. Mietpreisregulierende Eingriffe in den Wohnungsmarkt werden ebenso kategorisch abgelehnt wie die „willkürliche“ Ausübung von Vorkaufsrechten zur Rekommunalisierung von Wohnungsbeständen. Instrumente wie die – ohnehin weitgehend wirkungslose – Mietpreisbremse „stören die Funktion des Preises als Signal der Knappheit und vergrößern die Unsicherheit von Mietern, Vermietern und Investoren“. Das gelte auch für die Kappung von Modernisierungsumlagen. Stattdessen wollen sich die Unternehmen ihr „Engagement“ beim Wohnungsbau gut vom Staat bezahlen lassen. Auf der Agenda stehen die Erhöhung der Abschreibungsquoten für Anlageimmobilien nach AfA, die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung und die Senkung der Grunderwerbssteuer. Die volle Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf die Mieter/innen solle beibehalten werden. Auch die derzeit diskutierte Unterbindung von Share Deals, bei denen durch Teilverkäufe von Immobilien die Grunderwerbssteuer umgangen werden kann, lehnt der Verband ab. Share Deals hätten „konzeptionell die Aufgabe, einer Doppelbesteuerung bei der Übertragung von Immobilien innerhalb eines Unternehmens vorzubeugen“ und müssten daher erhalten bleiben, heißt es in dem Gutachten.

Wohnen und Gewerbe konkurrieren

Natürlich verlangt auch der ZIA, den Wohnungsbau zu intensivieren, indem Bauland schneller ausgewiesen und Bauvorschriften und Genehmigungsverfahren entbürokratisiert würden. Denn der Nachfrageüberhang hat dafür gesorgt, dass die Kaufpreise für vermietete Immobilien in vielen Städten deutlich stärker steigen als die Mieten, was die durchschnittliche „Bruttoanfangsrendite“ für Investoren deutlich schmälert, nämlich auf „nur“ noch 4,7% im Jahr und in Hotspots wie München sogar deutlich niedriger. Einen wachsenden Bedarf sieht der ZIA auch bei Büroimmobilien und Standorten für „urbane Logistik“. Darauf müsse  angesichts der „Flächenkonkurrenz“ zwischen Wohnungsbau und Gewerbe mehr Rücksicht genommen werden, fordert der Verband. Ähnlich sieht es bei Hotels aus. Alleine für Berlin beziffert der ZIA einen „Nachholbedarf“ von 30.000 Betten, deren Bau unerlässlich sei, um „die Attraktivität Deutschlands als Urlaubs- und Geschäftsreiseziel“ und die damit verbundenen „Wertschöpfungsketten“ nicht zu gefährden. Während jener Teil der Branche, der vor allem Profite durch Neubau erzielen will, unter fehlenden Grundstücken und großen Kapazitätsengpässen leidet, geben sich Makler- und Beratungsunternehmen betont gelassen. Denn für Finanzinvestoren, die unter „Renditekompressionen“ an den Anlage- und Anleihemärkten leiden, biete der deutsche Immobilienmarkt nach wie vor „enorme Chancen“, beurteilt Lahcen Knapp, Vorstandschef der im Investment-Management tätigen Empira-Gruppe, die Lage. Und man hat wohl die berechtigte Erwartung, dass sich dank einflussreicher Lobbyorganisationen wie dem ZIA und dem stets offenen Ohr der herrschenden Politiker/innen für deren Anliegen daran auch nichts ändern wird.  


MieterEcho 401 / April 2019

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