Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 405 / September 2019

Das "Wohnpaket" der Bundesregierung

Maßnahmen nicht zur Lösung der Wohnungskrise geeignet

Von Chaim Reich

Unter einem Paket stellt man sich gemeinhin etwas anderes vor. Das, was die Bundesregierung jetzt als „Wohnpaket“ beschlossen hat, verdient noch nicht einmal die Bezeichnung Päckchen. Kleine Veränderungen gibt es bei der Mietpreisbremse, der Erstellung von Mietspiegeln und bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen.       

Die Mietpreisbremse soll bis 2025 verlängert werden. Wahrscheinlich deshalb, weil ihre Wirkung höchst zweifelhaft ist. Sollte tatsächlich der Nachweis über zuviel gezahlte Miete gelingen, so können die überhöhten Beträge bis zu 2,5 Jahre nach Vertragsschluss, statt wie bisher nur bis zum Zeitpunkt der Rüge, zurückgefordert werden. Ein Entwurf zur Reform des Mietspiegelrechts wird von der Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) zum Jahresende erwartet. Vorab ist eine Verlängerung des Betrachtungszeitraums für die Erhebung von vier auf sechs Jahre vorgesehen. Zu einer Einbeziehung sämtlicher Bestandsmieten konnte sich die Koalition nicht durchringen. Ebenfalls zum Jahresende soll ein Entwurf für ein Gesetz, das die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen erschwert, erarbeitet werden. Man darf gespannt sein. Mit diesen kümmerlichen Regelungen ist der mietrechtliche Teil des Wohnungspakets abgearbeitet. Die Immobilienmakler/innen können sich hingegen freuen. Ihre Lobbyarbeit hat dazu geführt, dass die Käufer/innen von Einfamilienhäusern künftig mit maximal der Hälfte der Maklerkosten belastet werden. Bisher galt das Bestellerprinzip, das heißt nur die Partei bezahlte, die den Auftrag erteilt hatte. Zugunsten des privaten Wohnungsbaus sollen Gespräche mit der Deutschen Bahn über die Bereitstellung von Flächen geführt werden. Außerdem wurde ein Sonderfonds in Höhe von 100 Millionen Euro für einen „Investitionspakt zur Reaktivierung von Brachflächen“ beschlossen. Die Übertragung von Grundstücken an die Kommunen für den kommunalen Wohnungsbau tauchte in den Erörterungen dagegen überhaupt nicht auf. Viel Raum nahmen aber Detailregelungen zum Umgang mit Baulücken durch die Kommunen sowie die Möglichkeiten für Wohnungsbau im ländlichen Raum ein. Außerdem soll die Wohnungsbauprämie, die vor allem dem Mittelstand zugute kommt, attraktiver werden. Dieses Gesetzeswerk ist das Ergebnis des groß angekündigten „Wohnungsgipfels“ vom letzten Jahr und zeigt, welche Bedeutung die große Koalition der Wohnungsfrage beimisst. Von wirksamen Programmen zum sozialen und kommunalen Wohnungsbau, mit denen der Wohnungskrise begegnet werden könnte, war an keiner Stelle die Rede.      

Unzufriedene Immobilienbranche

Dennoch hat die Immobilienwirtschaft mit großer Empörung reagiert, was  in diesen Kreisen bedeutet, die hundertfach vorgetragenen Argumente lautstark zu wiederholen. Investitionen würden ausbleiben, die Bestände verfallen und Altersarmut würde drohen. Eine sachliche Begründung bleibt aus. Mitunter aber zeigt sich ein Hauch von argumentativer Kreativität. So zitiert die Immobilien Zeitung John Bothe, Geschäftsführer von Silverlake: „Eigentümer werden angesichts der Gefahr weiterer Einschränkungen mit Eile ihre Häuser aufteilen und die Wohnungen privatisieren. Die benötigten Genehmigungen werden die zuständigen Bauämter weiter belasten, dadurch werden Kapazitäten gebunden, die dringend für weitere Bauanträge benötigt werden.“ Eigentlich sollten sich die Privatisierer (aus denen der größte Teil der Branche besteht) über die drohende Aufteilung der Immobilien freuen. Doch auch sie mäkeln. Jacopo Mingazzini, Vorstand des Privatisierers Accentro: „Die Bundesregierung ebnet den Weg für noch mehr Altersarmut.“ Andre Schmöller, Geschäftsführer des Portfoliomanagers Domicil, erläutert: „Indem man die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen erschwert, erschwert man eine der letzten funktionierenden Kapitalanlagen für die Altervorsorge.“ Einerseits würden die Eigentümer geradezu in die Aufteilung getrieben, andrerseits drohe Altersarmut, weil die Regierung die Aufteilung behindern könnte. In einer Branche, wo so klotzig Geld verdient wird wie in der Immobilienbranche, sind solch kleine Widersprüche wohlfeil.


MieterEcho 405 / September 2019

Schlüsselbegriffe: Wohnpaket,Bundesregierung,Wohnungskrise

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