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MieterEcho 394 / April 2018

Wir planen Großes – mit ziemlich winzigen Zimmern

Die Medici Living Group präsentiert sich als größter Co-Living-Anbieter in Europa, die Zimmer sind klein und teuer

Von Hanna Hermes

 

Die Medici Living Group hat eine Marktnische entdeckt und bietet möblierte WG-Zimmer online buchbar an. Die sonst üblichen WG-Castings sind nicht erforderlich. Dank der Wohnungsknappheit haben ihre kleinen, möblierten und überteuerten Zimmer Einfluss auf den Wohnungsmarkt, da mit ihnen die Mietpreisbremse umgangen werden kann.    

                    

Die Medici Living Group existiert seit 2012 und der Geschäftssitz der Deutschlandzentrale befindet sich in der Zossener Straße in Kreuzberg. Die Selbstdarstellung von Medici Living betont, dass Co-Living-Konzepte entwickelt werden, um „der Wohnraumknappheit entgegenzuwirken und den Austausch von Kulturen durch internationale Mieter zu fördern“. Der Mangel an Wohnraum wird somit argumentativ und gewinnbringend vom Unternehmen vereinnahmt und der resultierende Quadratmeterpreis von bis zu 41 Euro/m² stillschweigend übergangen. Im Übrigen spart Medici Living nicht mit blumigen Beschreibungen für die angebotenen Zimmer und ihr urbanes Umfeld (Seite 4).

Einer der Gründer und Geschäftsführer der Medici Living Group, Gunther Schmidt, war bereits vor seiner Karriere bei Medici Living als Manager und in Start-ups tätig. Zusammen mit Michael Ambros gründete er 2008 das Start-up eKomi, ein Unternehmen, das die Einbindung von Kundenbewertungen auf Webseiten anbietet und auf der Website mit der Frage wirbt: „Kennen Sie ihr Firmen-Ranking bei Google?“ Die Europazentrale befindet sich in der Kreuzberger Markgrafenstraße. Für eKomi ist Schmidt noch als Beirat und Investor tätig.

Durch finanzielle Unterstützung der Investmentbank Goldman Sachs stieg die Anzahl der Mitarbeiter/innen von eKomi stark an. Heute beschäftigt eKomi eigenen Angaben zufolge rund 250 Mitarbeiter/innen an Standorten wie Madrid, San Francisco, London und Paris. Die neue Gründerzeit für Start-ups und digitale Technologien ist längst angebrochen und schwappt auf den Wohnungsmarkt über. In einem Interview des Blau Journal Global Real Estate News berichtet Schmidt, dass die Unterbringung der neuen Mitarbeiter/innen die größte Herausforderung für das aufstrebende Unternehmen eKomi gewesen sei. Und so wurde Medici Living geboren.               

 

„Flächeneffizienz“ für 41 Euro/m²

Zuerst habe man sich nur um die eigenen Bedürfnisse betreffend der Unterbringung der Mitarbeiter/innen gekümmert, dann sei 2012 daraus ein Co-Living-Business geworden. Schließlich befände man sich in einem Wettbewerb der Talente, den es nicht zu verlieren gelte, und die Talente müssen wohnen. Das Konzept, normale Zimmer einer Wohnung in Kleinsträume zu unterteilen, mit billigen Ikea-Produkten zu möblieren und anschließend online zu vermarkten, fand Gefallen in der Start-up-Community. In der jüngeren Zeit findet sich auch negative Medienberichterstattung. So betitelte die Wochenzeitung Zeit im November 2017 einen Erfahrungsbericht mit dem Zimmervermittler mit „Medici Living – In der Wucher-WG“.

In der Flughafenstraße in Neukölln werden Zum Beispiel 10 qm für 469 Euro angeboten, am Kaiserdamm 11 qm für 489 qm. Beispiele dieser Art finden sich über die ganze Stadt verstreut. Dank der Möblierung sind weder der Berliner Mietspiegel noch die ohnehin nicht so stark wirkende Mietpreisbremse von Belang und so machte Medici Living 5,8 Millionen Euro Umsatz in 2015.

Inzwischen sind Gunther Schmidt und seine Partner Robert Gmeiner und Ferdinand von Fumetti auf dem Weg zu neuen Ufern. Während Medici Living noch Behausung durch „schnelle und einfache Online-Buchung von WG-Zimmern zum Flatrate-Preis“ bietet, ist die neue Marke „Quarters“ als „globales, community-orientiertes Wohnkonzept mit Gemeinschaftsflächen und Smart-Living Technologien“ für „Digital Natives und Young Professionals“ gedacht. In Moabit haben sie zu diesem Zweck bereits ein Haus erworben, ebenso – nach ihren Angaben – in New York. Es steht zu befürchten, dass die Wohnungsmarktentwicklung und die Wohnungspolitik in Berlin auch dieses Projekt nicht scheitern lassen.                    

 

 


MieterEcho 394 / April 2018

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