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MieterEcho 398 / Oktober 2018

Stellung beziehen

Milieuschutz sollte nach Münchner Vorbild verbessert werden

Von Philipp Möller

In Berlin ist eine Debatte um die Verschärfung der in Milieuschutzgebieten praktizierten Abwendungsvereinbarung und um die gewinnorientierte Geschäftspolitik der städtischen Wohnungsbaugesellschaften entbrannt. Einige Reformvorschläge liegen auf dem Tisch, doch der Senat steht bisher auf der Bremse.

Ein Münchner Vorstoß zur Verschärfung der Abwendungsvereinbarung sorgte für Furore. In München dürfen bei einer Abwendung die Mieten nur noch entlang des Mietspiegels erhöht werden. Modernisierungsumlagen werden gekappt und an die Amortisationszeit gekoppelt. Die Abwendungsvereinbarungen in Berlin enthalten bisher lediglich ein Verbot von bestimmten Modernisierungsmaßnahmen und keine Mietobergrenzen. Im Münchner Modell besteht für die gekaufte Immobilie eine Belegungsbindung bei Neuvermietung, die an einen Maximalwert des Haushaltseinkommens gebunden ist. Staffelmieten und Eigenbedarfskündigungen sind ausgeschlossen. Die Informationspflicht gegenüber den Mieter/innen wird erweitert. Die Bindung an die Abwendungsvereinbarung ist an die Bestandsdauer des sozialen Erhaltungsgebiets gekoppelt. In Berlin hingegen gilt eine Maximalbindung von 20 Jahren. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen erachtet viele Verschärfungen aus dem Münchner Modell als sinnvoll, wie eine parlamentarische Anfrage zeigte. Für ein Verbot der Eigenbedarfskündigung seien jedoch weitere rechtliche Prüfungen nötig. Eine Entfristung der Bindung ist nicht vorgesehen und auch eine Belegungsbindung nach Münchner Vorbild schloss die Senatsverwaltung aus. Zu unterschiedlich seien Mieterstruktur, Einkommensverhältnisse und Lebenshaltungskosten beider Städte. Die soziale Entmischung in der Innenstadt scheint nach Meinung des Senats noch nicht ausreichend, um Neuvermietungen an eine WBS-Berechtigung zu koppeln. Lediglich die Vorgabe der Kooperationsvereinbarung, nach der 60% aller Neuvermietungen an WBS-Berechtigte erfolgen muss, könne ein Vorbild sein. Ungeachtet der Zurückhaltung des Senats passt der Bezirk Neukölln seine Abwendungsvereinbarung derzeit an das Münchner Vorbild an.

Problem Gewinnorientierung

Im Hinblick auf die städtischen Wohnungsbaugesellschaften als bevorzugte Partner bei der Ausübung des Vorkaufsrechts werden die Rufe nach einer Reform lauter. Derzeit steht deren Eigenkapitalverzinsung von 2% in der Kritik. Ihre Renditeorientierung gilt angesichts der immensen Zuschüsse aus dem Landeshaushalt bei Vollzug des Vorkaufsrechts als unverhältnismäßig. In der Gleimstraße 56 kaufte die Gesobau zu einem Preis von rund 4.400 Euro/m². Der Zuschuss betrug 25% der Gesamtsumme. Gleichzeitig zahlen die Mieter/innen mit „freiwilligen“ Mieterhöhungen für die Eigenkapitalverzinsung. Die Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte mbH (WBM) ließ nach dem Kauf der Zossener Straße 18 bestehende Staffelmietverträge unangetastet und erhöhte die Mieten um bis 15%. Angesichts des immensen Drucks auf jene Mieter/innen, für die eine Mieterhöhung kaum leistbar ist, kann von einer freiwilligen Mieterhöhung kaum die Rede sein. Auf dem alternativen Wohngipfel wurde die Einpreisung fiktiver Kosten in die Investitionsrechnungen der „Städtischen“ moniert. Statt die von privaten Investoren berechneten Modernisierungskosten zu übernehmen, sollten die landeseigenen Wohnungsunternehmen die Kosten möglichst gering halten und auf unnötige Maßnahmen verzichten. Um die Städtischen von ihrem gewinnorientierten Kurs abzubringen, wäre ein struktureller Umbau notwendig. Dies forderte auch die wohnungspolitische Sprecherin der Grünen Katrin Schmidberger jüngst im Tagespiegel.
Ob die Städtischen tatsächlich von ihrer Gewinnorientierung abrücken, hängt nicht zuletzt an den Senatsverwaltungen für Finanzen und für Wohnen und Stadtentwicklung. Eva Henkel, Sprecherin der Senatsfinanzverwaltung, erklärte gegenüber dem Neuen Deutschland bereits deutliche Skepsis. Für den Vorschlag, auf die Eigenkapitalverzinsung zu verzichten, habe sie überhaupt kein Verständnis, schließlich handele es sich bereits jetzt um einen sehr niedrigen Wert.

Das in § 24 Baugesetzbuch (BauGB) geregelte Vorkaufsrecht erlaubt es einer Gemeinde, in einen privat geschlossenen Kaufvertrag einzusteigen. Allerdings kann der Käufer gemäß § 27 BauGB den Vorkauf abwenden, wenn er eine Abwendungsvereinbarung unterschreibt. Mit dieser verpflichtet er sich, für einen bestimmten Zeitraum die Ziele und Zwecke des Milieuschutzes zu erfüllen.
Milieuschutz ist auch Thema der Fragen und Antworten in diesem Heft.


MieterEcho 398 / Oktober 2018

Schlüsselbegriffe: Milieuschutz,Milieuschutzgebiet,Abwendungsvereinbarung,Wohnungsbau,Wohnungsbaugesellschaft,Reform